Richtlinie des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland nach Art. 9 Buchst. b Grundordnung

Richtlinie des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland nach Art. 9 Buchst. b Grundordnung

über die Anforderungen der privatrechtlichen beruflichen Mitarbeit in der Evangelischen Kirche in Deutschland und des Diakonischen Werkes

Der Rat empfiehlt mit Zustimmung der Kirchenkonferenz folgende Richtlinie nach Art. 9 Buchst. b der Grundordnung der Evangelischen Kirche in Deutschland:

§ 1 Geltungsbereich

  1. Diese Richtlinie regelt die Anforderungen an die in privatrechtlichen Dienst- und Arbeitsverhältnissen beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Dienststellen und Einrichtungen der Evangelischen Kirche in Deutschland und ihres Diakonischen Werkes. Den Gliedkirchen und ihren Diakonischen Werken wird empfohlen, ihre entsprechenden Regelungen auf der Grundlage dieser Richtlinie zu treffen.

  2. Andere kirchliche und diakonische Einrichtungen, Werke und Dienste im Bereich der evangelischen Kirche können diese Richtlinie aufgrund von Beschlüssen ihrer zuständigen Gremien anwenden. Für eine kirchliche oder diakonische Einrichtung einer Freikirche, die Mitglied im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland ist, tritt anstelle der Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland in § 3 Absatz 1 die Freikirche.

  3. Diese Richtlinie gilt nicht für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen.

§ 2 Grundlagen des kirchlichen Dienstes

  1. Der Dienst der Kirche ist durch den Auftrag bestimmt, das Evangelium in Wort und Tat zu bezeugen. Alle Frauen und Männer, die in Anstellungsverhältnissen in Kirche und Diakonie tätig sind, tragen in unterschiedlicher Weise dazu bei, dass dieser Auftrag erfüllt werden kann. Dieser Auftrag ist die Grundlage der Rechte und Pflichten von Anstellungsträgern sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

  2. Es ist Aufgabe der kirchlichen und diakonischen Anstellungsträger, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit den christlichen Grundsätzen ihrer Arbeit vertraut zu machen. Sie fördern die Fort- und Weiterbildung zu Themen des Glaubens und des christlichen Menschenbildes.

§ 3 Berufliche Anforderung bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses

  1. Die berufliche Mitarbeit in der evangelischen Kirche und ihrer Diakonie setzt grundsätzlich die Zugehörigkeit zu einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland oder einer Kirche voraus, mit der die Evangelische Kirche in Deutschland in Kirchengemeinschaft verbunden ist.

  2. Für Aufgaben, die nicht der Verkündigung, Seelsorge, Unterweisung oder Leitung zuzuordnen sind, kann von Absatz 1 abgewichen werden, wenn andere geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zu gewinnen sind. In diesem Fall können auch Personen eingestellt werden, die einer anderen Mitgliedskirche der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland oder der Vereinigung Evangelischer Freikirchen angehören sollen. Die Einstellung von Personen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllen, muss im Einzelfall unter Beachtung der Größe der Dienststelle oder Einrichtung und ihrer sonstigen Mitarbeiterschaft sowie der wahrzunehmenden Aufgaben und des jeweiligen Umfeldes geprüft werden. § 2 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

  3. Für den Dienst in der evangelischen Kirche und ihrer Diakonie ist ungeeignet, wer aus der evangelischen Kirche ausgetreten ist, ohne in eine andere Mitgliedskirche der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen oder der Vereinigung Evangelischer Freikirchen übergetreten zu sein. Ungeeignet kann auch sein, wer aus einer anderen Mitgliedskirche der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland oder der Vereinigung Evangelischer Freikirchen ausgetreten ist.

§ 4 Berufliche Anforderung während des Arbeitsverhältnisses

  1. Je nach Aufgabenbereich übernehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Verantwortung für die glaubwürdige Erfüllung kirchlicher und diakonischer Aufgaben. Sie haben sich daher loyal gegenüber der evangelischen Kirche zu verhalten.

  2. Von evangelischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird erwartet, dass sie Schrift und Bekenntnis anerkennen. Sofern sie in der Verkündigung, Seelsorge, Unterweisung oder Leitung tätig sind, wird eine inner- und außerdienstliche Lebensführung erwartet, die der übernommenen Verantwortung entspricht.

  3. Von christlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird erwartet, dass sie Schrift und Bekenntnis achten und für die christliche Prägung ihrer Einrichtung eintreten.

  4. Nichtchristliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben den kirchlichen Auftrag zu beachten und die ihnen übertragenen Aufgaben im Sinne der Kirche zu erfüllen.

§ 5 Verstöße gegen berufliche Anforderungen an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

  1. Erfüllt eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter eine in dieser Richtlinie genannte berufliche Anforderung an die Mitarbeit im kirchlichen oder diakonischen Dienst nicht mehr, soll der Anstellungsträger durch Beratung und Gespräch auf die Beseitigung des Mangels hinwirken. Als letzte Maßnahme ist nach Abwägung der Umstände des Einzelfalles eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund möglich, wenn der Mangel nicht auf andere Weise (z. B. Versetzung, Abmahnung, ordentliche Kündigung) behoben werden kann.

  2. Ein Grund für eine außerordentliche Kündigung ist insbesondere der Austritt aus der evangelischen Kirche oder ein Verhalten, das eine grobe Missachtung der evangelischen Kirche und ihrer Ordnungen und somit eine Beeinträchtigung der Glaubwürdigkeit des kirchlichen Dienstes darstellt.

  3. Ein Kündigungsgrund kann auch gegeben sein, wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter aus einer anderen als der evangelischen Kirche austritt.

§ 6 Gliedkirchliche Bestimmungen

Soweit Anforderungen in gliedkirchlichen Regelungen für besondere Berufsgruppen über die Anforderungen dieser Richtlinie hinausgehen, bleiben sie unberührt.

Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland

Vorsitzender des Rates der EKD
Bischof Dr. Wolfgang Huber