Evangelische Martinschule gewinnt Deutschen Schulpreis

Jury würdigt das besondere Inklusionskonzept der Evangelischen Martinschule Greifswald

Jugendlicher und Kind aus der Martinschule Greifswald
Kinder und Jugendliche unterschiedlicher Altersgruppen und Voraussetzungen lernen in der Martinschule gemeinsam.

Berlin/Greifswald (epd). Das Evangelische Schulzentrum Martinschule in Greifswald ist für sein Inklusionskonzept mit dem mit 100.000 Euro dotierten Deutschen Schulpreis 2018 ausgezeichnet worden. Die Ehrung der Robert Bosch Stiftung und der Heidehof Stiftung wurde in Berlin vergeben, wie die Bosch-Stiftung mitteilte. Fünf weitere Preise in Höhe von je 25.000 Euro gingen an Schulen in Bremen, Mengerskirchen (Hessen), Hannover, Münster und Bochum. Bischof Hans-Jürgen Abromeit (Greifswald) und der Greifswalder Oberbürgermeister Stefan Fassbinder (Grüne) gratulierten zum Sieg.

Die Jury würdigte den unbedingten Willen des Kollegiums der Greifswalder Martinschule, das „Anderssein“ der Kinder und Jugendlichen zu akzeptieren und wertzuschätzen. Fast die Hälfte der 550 Schüler hat sonderpädagogischen Förderbedarf. Dieser Wert liege weit über dem mecklenburg-vorpommerischen Landesdurchschnitt von knapp elf Prozent für das Schuljahr 2015/16, hieß es. Jeder Schüler verlasse die Martinschule mit einem Abschluss. Für Jugendliche mit Handicap, die anderswo häufig kein Zeugnis erhielten, gebe es einen schulinternen „Abschluss“. Die Martinschule in der Plattenbausiedlung Schönwalde beweise mit ihrem außergewöhnlichen Inklusionsmodell, dass alle Kinder und Jugendlichen erfolgreich unter einem Dach lernen könnten, sagte Jurysprecher Michael Schratz.

Lernen in Gruppen

Bischof Abromeit sagte, er freue sich „riesig mit der Martinschule, dass sie für ihr außerordentliches Engagement mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet worden ist“. Das reformpädagogische Konzept gelte schon lange als beispielhaft. In den vergangenen Jahren hätten die Pädagogen unter großem Einsatz sowie unter Mitwirkung der Eltern und Schüler eine großartige Schule aufgebaut, in der Inklusion wirklich gelebt werde. Auch die Leiterin der EKD-Bildungsabteilung, Birgit Sendler-Koschel, gratulierte der Martinschule. Sie helfe schon seit vielen Jahren Kindern mit den unterschiedlichsten Voraussetzungen dabei, ihre Persönlichkeit zu entfalten.

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An der Martinschule lernen Kinder bis zur siebten Klasse mit den selben Lehrkräften in einer kleinen Stammgruppe. Bis zur neunten Klasse wird auf Ziffernnoten verzichtet. Daneben profitieren die Jugendlichen vom jahrgangsübergreifenden Lernkonzept, das sie auf einen möglichst autonomen Lebensalltag und eine berufliche Integration vorbereitet. In der Schülerfirma „Häppchen & Co“ lernen sie den Umgang mit Geld und Lebensmitteln, im Projekt „Wohnungstraining“ wird in einer angemieteten Wohnung für die eigene Selbstständigkeit geübt.

Anzahl evangelischer Schulen weiter wachsend

In den letzten zehn Jahren wuchs die Anzahl der Schulen in evangelischer Trägerschaft weiter – so zeigen es aktuelle Daten, die die Evangelische Kirche in Deutschland seit 2014 erhebt. Evangelische Schulen gehören zu den freien Schulen in Deutschland, die kein hohes Schulgeld verlangen und zugleich hohe Qualität und Zugänge für jeden bieten. Nach einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung aus 2018 sind Schülerinnen und Schüler an freien Schulen im Zuhören im Bereich Deutsch bis zu einem Schuljahr besser: Diese markanten Unterschiede sind gut erklärbar durch die partizipativen, oft reformpädagogischen und innovativen Konzepte von Schulen in freier Trägerschaft, insbesondere der evangelischen Schulen.

Viele von ihnen entstanden aus lokalen Gründungsinitiativen. Mit hohem Engagement für gute Bildung und evangelische Freiheit begannen vielerorts seit der Reformationszeit Eltern und Kirchengemeinden mit der Gründung einer evangelischen Schule. Dieses Engagement der Eltern und der Schülerschaft selber sowie einer für Bildungsgerechtigkeit eintretenden Kirche schafft besondere Lern- und Erlebnisräume. Häufig gehören auch geflüchtete Schülerinnen und Schüler zur Schülerschaft der 1.139 Schulen in evangelischer Trägerschaft. Denn evangelische Schulen sind oft diakonisch engagierte Schulen.

Chancen für Schüler mit unterschiedlichem Bildungsbedarf

178 Förderschulen in evangelischer Trägerschaft, 67 Schulen mit mehreren Bildungsgängen, 17 Hauptschulen und 46 Realschulen sind Chancengeber für Schülerinnen und Schüler mit ganz unterschiedlichem Bildungsbedarf. 514 berufliche und berufsbildende Schulen schaffen Zugänge zur beruflichen Qualifizierung und Vorbereitung nicht nur in sozialen Berufen. Damit bieten 72,1 Prozent der Schulen in evangelischer Trägerschaft Jugendlichen aus nicht bildungsnahen Familien sehr gute Schulabschlusschancen. 

Die 92 Gymnasien in evangelischer Trägerschaft (8,0 Prozent aller Schulen in evangelischer Trägerschaft) gehören vielerorts zu den renommiertesten und erfolgreichsten in ihrer Region. Denn auch begabte Schülerinnen und Schüler sollen gute evangelische Bildung erleben können. In Deutschland gehen 185.145 Schülerinnen und Schüler auf Schulen in evangelischer Trägerschaft, die mit den evangelischen Landeskirchen und ihrer Diakonie verbunden sind.

epd/ekd.de

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