EKD-Synode tagt in Trier: Römer, Reliquien und Rebensaft
Die EKD-Synode tagt in Deutschlands ältester Stadt
Von Marlene Grund
Trier (epd). In den Mauern von Deutschlands ältester Stadt sieht die 1945 gegründete Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) auch mehr als 500 Jahre nach der Reformation ganz jung aus. In dem 2.000 Jahre alten Trier mit seiner großen katholischen Tradition wird der nächsten Woche der oder die neue EKD-Ratsvorsitzende gewählt.
Wenn die 120 Mitglieder der Synode (Kirchenparlament) vom 2. bis 7. November in der Trierer Europahalle tagen, haben sie mit Porta Nigra, Dom und Kaiserthermen gleich in der Innenstadt die Relikte einer glorreichen Vergangenheit vor Augen. Das frühere Augusta Trevorum gehörte einmal zu den wichtigsten Metropolen des römischen Imperiums.
Trier ist auch die älteste deutsche Bischofsstadt. Hier können die Katholiken eine lange Reihe von Erzbischöfen aufzählen, die ihre geistliche und weltliche Macht mehr als 1.000 Jahre bis zur französischen Revolution bewahrten. Die Stadt beherbergt das Grab des Apostels Matthias und zu den Schätzen des Doms gehört die angebliche Tunika Christi, der «Heilige Rock». Bis ins achte Jahrhundert kann Bischof Reinhard Marx, mit 50 Jahren Deutschlands jüngster Bischof, die Linie seiner 64 Amtsvorgänger zurückverfolgen.
Im katholischen Trier, wo evangelische Christen in der Diaspora leben, wählt die EKD-Synode den zehnten Repräsentanten der mehr als 26 Millionen Protestanten in Deutschland. Bundespräsident Johannes Rau hat sich für den 6. November angesagt, den Tag, an dem die Mitglieder des neugewählten Rates der EKD in ihr Amt eingeführt werden. Während die Spekulationen um den neuen Ratsvorsitzenden innerkirchlich voll im Gange sind, halten sich mögliche Anwärter zurück.
Die Nachteile von zu viel Machtbewusstsein könnten auch beim Eröffnungsgottesdienst der Synode am 2. November in der evangelischen Basilika erfahrbar werden. Die Kirche war früher Thronsaal Kaiser Konstantins (306-336) und sollte mit ihren Ausmaßen dessen Bedeutung widerspiegeln. Der Saal ist so gigantisch, dass heute ein sieben Sekunden langer Nachhall den Klang der Orgel stört. Die Lautsprecheranlage der Kirche wurde vor der Synode vorsorglich erneuert.
Aus der Trierer Geschichte hallt auch anderes nach. In der Moselstadt wurde am 5. Mai 1818 Karl Marx geboren. Sein Geburtshaus am Rande der Fußgängerzone ist heute Museum und Forschungsstätte. Als am Ostermontag 2002 mit Reinhard Marx ein christlicher Sozialethiker Bischof von Trier wurde, sprachen einige schon vom neuen Trierer «Marxismus». Denn beide stellten Fragen nach Kapital und Arbeit, Gerechtigkeit und Verteilung.
Bischof Marx machte jedoch bundesweit nicht als katholischer Soziallehrer Schlagzeilen, sondern durch die Suspendierung des Priesters Gotthold Hasenhüttl, nachdem der das Abendmahl an Protestanten austeilte. Vom Trierer Revolutionär Marx ist bekannt, dass er Religion als «Opium fürs Volk» ablehnte.
Fast vier Millionen Besucher kommen jedes Jahr nach Trier, auf der Suche nach Römern, Religion oder Rebensaft. Die Trierer Weine, die schon vor zweitausend Jahren gefragt waren, sind heute noch beliebt, aber auch «en Poorz Viz», einen Krug Apfelmost, verschmäht man in der Domstadt nicht. Gerne mögen die Trierer «Schnöbbelchesbunenzopp möt Grombereschniedcher», die moselfränkische Version von grüner Bohnensuppe mit Kartoffelpuffern.
Ob die am «Rheinischen Abend» serviert wird, wenn die gastgebende Evangelische Kirche im Rheinland zum Auftakt der Synode einlädt, ließ sich nicht herausfinden. Dafür aber das kulturelle Programm des Abends: an der Mosel gibt es eine «literarische Rheinreise».