EKD-Synode in Bremen eröffnet

Bischof Huber: Von "Vergötzung des Geldes" verabschieden

Bremen (epd). Die aktuelle Debatte um Auswege aus der weltweiten Finanzmarktkrise hat den Beginn der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beherrscht. Der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber sprach am Sonntag in Bremen von einer "Jahrhundertkatastrophe" und verlangte Konsequenzen. Der leitende Geistliche der Bremischen Evangelischen Kirche, Renke Brahms, forderte, die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen und die Managergehälter sollten "auf der bisher nach oben offenen Euro-Skala" begrenzt werden. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) stellte die staatlichen Eingriffe als alternativlos dar.

Der Berliner Bischof Huber verlangte in seinem Bericht an das bis Mittwoch tagende Kirchenparlament, die Finanzmärkte müssten anhand der Maßstäbe Gerechtigkeit, Solidarität und Nachhaltigkeit neu geordnet werden. Unter Bezug auf das Bibelwort "Hütet euch vor der Habgier" rief Huber dazu auf, sich von der "Vergötzung des Geldes" zu verabschieden und eine "quasi-religiöse Leistungsideologie" zu überwinden.

Der Bremer Pastor Brahms sagte in seiner Predigt beim Eröffnungsgottesdienst, verzockt würde Milliarden, "die wir doch viel dringender brauchen für die enormen Herausforderungen durch Armut und Klimawandel, um Menschen einen gerechten Zugang zu sauberem Wasser und damit zum Überleben zu gewährleisten". Er rief dazu auf, jeder sollte sich mit seiner eigenen "Schnäppchenjägermentalität" und "Gier nach Mehr und vergänglichem Gewinn" selbst prüfen.

Innenminister Schäuble sagte in einem Grußwort an die 120 Synodalen, ungezügelter Ehrgeiz ebenso wie ungezügelter Erwerbstrieb und die Gier nach immer größerem Reichtum trügen "letztlich nicht mehr zum Gemeinwohl bei, sondern höhlen die Grundlagen des menschlichen Zusammenlebens aus". Deshalb müsse der Staat regelnd und ausgleichend eingreifen.

Dem Kirchenparlament gehören Vertreter der 23 evangelischen Landeskirchen an. Als diesjähriges Schwerpunktthema hat sie "Klimawandel - Wasserwandel - Lebenswandel" gewählt. Weitere Themen sind die Strukturreform der Kirche und die Beratung des EKD-Haushaltsplans.

Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) knüpfte in seinem Grußwort an das Schwerpunktthema an und mahnte zum engagierten Kampf gegen den Klimawandel. Es gehe um das Überleben der Menschheit, sagte er. Bei existenziellen Herausforderungen seien die Kirchen wie die Religionen überhaupt "notwendige Mahner und Begleiter".

02. November 2008

Bericht des Rates der EKD

Predigt von Renke Brahms


EKD-Ratsvorsitzender drängt zur Aufnahme irakischer Flüchtlinge

Bremen (epd). Der Berliner Bischof Wolfgang Huber drängt die Bundesregierung zur Aufnahme irakischer Flüchtlinge noch in diesem Jahr. Das Abstimmungsbedürfnis der Bundesländer und in der EU in dieser Frage führe dazu, dass die notwendige Hilfe zu Lasten der Flüchtlinge immer weiter verschleppt werde, kritisierte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Sonntag vor der EKD-Synode in Bremen. Für diese monatelange Verzögerung habe er kein Verständnis: "Bestimmte Formen des politischen Schacherns vertragen sich nicht mit dem Eintreten für Humanität."

Der Bischof sagte: "Deshalb appelliere ich an die Bundesregierung, noch in diesem Jahr die Aufnahme irakischer Flüchtlinge in Deutschland im Rahmen eines Resettlement-Programms zuwege zu bringen." Der Irak, über Jahrhunderte Heimat von Christen, werde durch Mord und Bedrohung systematisch von Christen entvölkert. Ihnen müsse eine Zukunft geboten werden. Ausdrücklich dankte der EKD-Repräsentant Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) für dessen Eintreten für die Aufnahme irakischer Flüchtlinge. Darstellungen der irakischen Führung, wonach sich die Sicherheitslage verbessert habe, hielt Huber entgegen, dass allein aus der nordirakischen Stadt Mossul in den vergangenen Wochen Tausende Christen aus Angst um ihr Leben geflohen sind.

Der Ratsvorsitzende protestierte auch gegen Übergriffe auf Christen und Kirchen im indischen Bundesstaat Orissa. Besorgt zeigte sich Huber auch über die Einschränkungen der Religionsfreiheit im Iran. Mit dem neuen iranischen Gesetz, das die Abkehr vom Islam unter Androhung der Todesstrafe verbietet, würde die Freiheit des Glaubens mit Füßen getreten. Unter Hinweis auf weitere Länder sagte Huber, Christen seien weltweit mehr als alle andere Religionen von Verfolgung betroffen.

02. November 2008


Bischof Huber gegen längere Laufzeit von Kernkraftwerken

Bremen (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, hält ein Festhalten an der Atomenergie aus Gründen des Klimaschutzes für unverantwortlich. "Für mich ist nicht nachvollziehbar, wie man diese Position vertreten will, ohne eine überzeugende Antwort auf die Endlagerfrage zu geben", sagte Huber am Sonntag in seinem Bericht an die Mitglieder der EKD-Synode in Bremen. Eine Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken würde das Problem verschärfen, weil dadurch die Menge radioaktiven Abfalls weiter anwächst.

Die evangelische Kirche setze sich für die Bewahrung der Lebensgrundlagen künftiger Generationen ein. "Nicht Verbrauchsmaximierung, sondern Bewahrungsmaximierung muss als Handlungsgrundsatz gelten", sagte der Berliner Bischof zum Auftakt der Synode. Deshalb trete die evangelische Kirche für die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien sowie Energiesparen ein.

Konkret schilderte Huber die Sorgen der Anwohner des niedersächsischen Atomlagers Asse II bei Wolfenbüttel. Das Lager gilt als einsturzgefährdet, zudem war Salzlauge aus dem Schacht ausgetreten. "Niemand kann verlässlich sagen, woher die Lauge stammt. Niemand kann ausschließen, dass sie mit den eingelagerten Abfällen in Berührung kam", sagte der Ratsvorsitzende. An diesen ungeklärten Fragen zeigten sich ungelöste Probleme, die in der Öffentlichkeit lange Zeit verdrängt wurden.

Das EKD-Kirchenparlament tagt bis Mittwoch in Bremen. Im Mittelpunkt der Beratungen der 120 Synodalen steht das Schwerpunktthema "Klimawandel - Wasserwandel - Lebenswandel".

02. November 2008


Bischof Huber warnt vor den Folgen eines "Lebens auf Pump"

Bremen (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hat zu Konsequenzen aus der "Jahrhundertkatastrophe" am Finanzmarkt gemahnt. Die Finanzmärkte müssten anhand der Maßstäbe Gerechtigkeit, Solidarität und Nachhaltigkeit neu geordnet werden, sagte der Berliner Bischof am Sonntag in seinem Bericht vor der EKD-Synode in Bremen. Unter Bezug auf das Bibelwort "Hütet euch vor der Habgier" rief Huber dazu auf, sich von der "Vergötzung des Geldes" zu verabschieden und eine "quasi-religiöse Leistungsideologie" zu überwinden.

Der Ratsvorsitzende warnte vor den dramatischen Folgen eines "Lebens auf Pump". Diese Lebensform häufe Schulden für kommende Generationen auf und verbrauche Rohstoffe und Energie auf Kosten der Kinder und Enkel. Damit werde "bereits jetzt das Erbe künftiger Generationen" verspielt. Stattdessen müssten Verantwortlichkeit und Nachhaltigkeit das Handeln bestimmen, empfahl der Theologe.

Huber sprach sich für rechtliche und politische Rahmenbedingungen aus, die zerstörerisches Handeln aus Gewinnsucht verhindern. Die soziale Marktwirtschaft sei auf eine unternehmerische Kultur angewiesen, die neben dem Unternehmensgewinn auch das Wohl der Mitarbeiter, das Vertrauen der Kunden sowie die gesellschaftliche Stabilität beachte. Demgegenüber hätten sich im rücksichtslosen Streben nach maximalen Renditen "die Sicherungsseile gegenseitiger Kredite so zu einem Strick verknotet, der Volkswirtschaften und Einzelexistenzen mit sich in die Tiefe reißt".

Die Kirche sei der Option für die Armen verpflichtet, sagte Bischof Huber. Die Stärke eines Gemeinwesens messe sich daran, wie es sich zu seinen schwächsten Mitgliedern verhalte. Deshalb sei die Frage, "wie sich ein milliardenschwerer Schutzschild für die Banken" zur Einsatzbereitschaft der Gesellschaft für Hartz-IV-Empfänger verhalte durchaus berechtigt, ergänzte Huber. "Dass sich der Graben zwischen Arm und Reich in unserer Gesellschaft wie weltweit vertieft, widerspricht der ethischen Orientierung des christlichen Glaubens."

02. November 2008