Proteste gegen rechts in Berlin und Göttingen

Reaktion auf zwei geplante Neonazi-Aufmärsche anlässlich des 31. Todestages des NS-Kriegsverbrechers Rudolf Heß

Landesbischof Markus Dröge spricht bei einer Demo ein Grußwort

Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, sprach auf einer der Protestveranstaltungen in Berlin-Spandau ein Grußwort.

Berlin (epd). Mit Kundgebungen, Friedensgebeten und Mahnwachen haben Demonstranten in Berlin und Göttingen ein Zeichen gegen rechts gesetzt. In Berlin hatten am 18. August Politiker, Kirchen, Initiativen und Gewerkschaften in verschiedenen Stadtteilen dazu aufgerufen – als Reaktion auf zwei geplante Neonazi-Aufmärsche anlässlich des 31. Todestages des NS-Kriegsverbrechers Rudolf Heß. In Göttingen protestierten Hunderte Menschen gegen eine Demonstration der Rechtspartei der Republikaner.
 
Allein in Berlin-Spandau wurden laut Polizei insgesamt mehr als 1.000 Demonstranten gegen rechts gezählt, Beobachter sprachen von etwa 1.500 Teilnehmern. Nachdem bei dem ursprünglich in Spandau geplanten rechten Aufzug zunächst nur rund 50 Teilnehmer erschienen waren, wurde die Kundgebung von den Organisatoren abgesagt und nach Berlin-Lichtenberg verlagert, wie ein Polizeisprecher auf epd-Anfrage sagte. Dort versammelten sich den Sicherheitskräften zufolge Gegendemonstranten und Neonazis jeweils „im mittleren dreistelligen Bereich“. Die Polizei war mit rund 2.300 Kräften im gesamten Stadtgebiet im Einsatz.

Zwölf Veranstaltungen gegen Rechtsextremismus

Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, betonte in einem Grußwort, dass in einem freien und demokratischen Land jeder seine Ängste äußern und Kritik üben könne, „wenn er sich fremd fühlt in der eigenen Heimat“. Wenn Ängste, Sorgen und Kritik aber umschlagen „in hasserfüllte Rede, Verleugnung der Geschichte, Verunglimpfung von Menschen und wenn völkische Ideologien neu erwachen, dann muss jeder verantwortliche Mensch laut und deutlich bekennen: So nicht! Bei uns nicht! Nie wieder!“
 
Die Vorsitzende des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus, Lala Süsskind, sagte: „Mir reicht es, dass braunes Gedankengut und purer Hass nicht nur von den rechtsextremen und verfassungsfeindliche Gruppierungen offen geäußert wird.“ Solche Kommentare oder Sprüche würden immer stärker die Gesellschaft erfassen und viel zu oft unwidersprochen bleiben.
 
Nach Polizeiangaben waren insgesamt zwölf Veranstaltungen gegen Rechtsextremismus angemeldet, allein acht davon im Bezirk Berlin-Spandau. Dort nahm sich Rudolf Heß am 17. August 1987 im alliierten Kriegsverbrechergefängnis mit 93 Jahren das Leben. Das im damaligen britischen Sektor West-Berlins gelegene Gefängnis wurde danach abgerissen. Damit sollte verhindert werden, dass die Haftanstalt zu einem Anziehungsort für Neonazis wird.

„Grone ist bunt, vielfältig, tolerant und friedlich“

In Göttingen kamen im Stadtteil Grone laut Polizei rund 500 Demonstranten zu einer Kundgebung gegen rechts und einem Nachbarschafts- und Straßenfest zusammen. Die Veranstalter zählten mehr als 800 Teilnehmer.
Zur Demonstration der Republikaner kamen laut Polizei hingegen nur etwa 20 Personen.
 
Mehrmals versuchten Demonstranten, die Marschstrecke der Republikaner durch Sitzblockaden zu versperren. Beamte trugen die Aktivisten zur Seite oder drängten sie zurück. Aus der Menge seien Flaschen und Eier in Richtung der Republikaner und der Einsatzkräfte geworfen worden, sagte eine Polizeisprecherin. Es seien aber keine Beamten verletzt worden. Zwei Gegendemonstranten wurden vorläufig festgenommen.
 
In der Nacht zum 18. August hatten Anwohner und Aktivisten zahlreiche Plakate an der Marschstrecke aufgespannt, Transparente aufgehängt und Gartenzwerge aufgestellt. „Grone ist bunt, vielfältig, tolerant und friedlich“, war darauf etwa zu lesen – in dem Stadtteil leben auch viele Ausländer.