Verdient Luther einen roten Farbklecks?
Internationale Medien beschäftigen sich auch mit den dunklen Seiten Luthers
Wittenberg. Mit dem Thesenanschlag nahm die Reformation ihren Anfang. Doch wie historisch der auf Bildern gern dramatisch inszenierte Moment tatsächlich ist, beschäftigt den Schweizer Rundfunk (SRF). Selbst eine wissenschaftliche Tagung habe zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt, berichtet der SRF auf seiner Homepage. „Freilich wollen alle, dass es stimmt.“ Gleichzeitig seien Martin Luthers Hammerschläge nicht belegbar. „Wer glauben will, der glaube“, empfiehlt der SRF. Auf die Bedeutung des Reformationstages als „big day“ geht „Boston Globe“ ein. Schmunzelnd heißt es gleich im Vorspann, der Tag sei aber nicht deswegen groß, weil es Süßes wie zu Halloween gebe.
Der „Herald“ aus Neuseeland stellt fest, dass keine andere Revolution einen vergleichbaren Einfluss auf die Identität der Menschen hatte wie die Reformation. „Luther konnte nicht ahnen, wie verbreitet und nachhaltig seine Rolle sein würde.“ Aber auch die dunklen Seiten Luthers sind Thema, sein „Judenhass“ beschäftigt die Washington Post. Hat er einen roten Farbklecks verdient, fragt die Hauptstadt-Zeitung provokant. Eine Statue von Theodore Roosevelt sei als Verkörperung des Kolonialismus mit roter Farbe bespritzt worden, und eine Statue von Christoph Columbus habe sich für den Genozid an Indianern ebenfalls einen roten Klecks eingehandelt. Der Autor nimmt den symbolischen Farbeimer in die Hand, um dann doch gnädig mit Luther zu verfahren: „Er tat mehr Gutes als Böses. Herzlichen Jahrestag, Martin!“
Eine Auswahl aus den internationalen Pressestimmen zum Reformationsjubiläum:
https://www.bostonglobe.com/metro/2017/10/30/happy-reformation-day/ckshGVZFa8xh6YOz7RdpoI/story.html
http://www.nzherald.co.nz/opinion/news/article.cfm?c_id=466&objectid=11938707