Aufbruch in die Zukunft.

Wie das Internet die Formen christlichen Glaubens im 3. Jahrtausend verändern wird.

Mitarbeiterhilfe, 52 (1997), Heft 3, S. 7-11.

E-Mails an der Klagemauer in Jerusalem

Das amerikanische Magazin "Time" widmete die Weihnachtsausgabe vom 16. Dezember 1996 dem Thema Religion und Internet: "Jesus Online. How the Internet is shaping our views of faith and religion". Und in der Tat stellt sich die Frage, wie sich die Sicht auf Religion im allgemeinen und den christlichen Glauben im besonderen angesichts der Entwicklungen in den globalen Datennetzen verändert. Tibetanische Mönche werben mit Glockengeläut in Form von Sound-Dateien ebenso wie Kommunität von Taizé, die Mormonen bauen umfangreiche genealogische Datenbanken auf, von Theheran aus werden die maßgeblichen schiitischen Korankommentare in das Internet eingespeist, und orthodoxe Juden schicken aus aller Welt E-Mails nach Jerusalem, die dort ausgedruckt und an die Klagemauer geheftet werden.

Wer sich nach Religionen im Internet umschaut, stößt da auf höchst merkwürdige Phänomene, von denen er oder sie vielleicht noch nie etwas gehört hat. Zum Beispiel auf die kleine vietnamesische Sekte "Cao Daiismus", die den französischen Schriftsteller Viktor Hugo als Heiligen verehrt oder auf den Jainismus, eine indische Religion, in der der wahre Heilige über den Boden kriecht, um nicht auf kleine, harmlose Insekten zu treten. In den Newsgroups im Internet oder den interaktiven Foren der globalen Online-Dienste finden sich plötzlich Christen Keyboard an Keyboard mit islamischen Aktivisten und jüdischen Fundamentalisten wieder. Das rückt die Dringlichkeit der Beschäftigung mit dem interreligiösen Dialog, den manche hierzulande immer noch zu vernachlässigen können glaubten, in ein ganz neues Licht. Es wohnt nicht mehr nur der Moslem im gleichen Ort oder im gleichen Haus, im Internet sind alle Religionen vertreten, die nur einen Mausklick weit entfernt ihre Informations- und Kommunikationsangebote aufgebaut haben. Aufklärung über die verschiedenen Religionen und Weltanschauungen und die Fähigkeit zur Auseinandersetzung mit ihnen scheint darum eine besonders wichtige Aufgabe von Theologie und Pädagogik zu sein.

Aber auch ganz neue Sekten und Weltanschauungsgemeinschaften werden im Internet gegründet. Noch nie war es so billig wie heute, mit einem Minimum an finanziellem Aufwand eine so große Masse von Menschen - zumindest potentiell - zu erreichen: Eine Nachricht, einen Brief, einen Newsletter an 25.000 (oder auch 100.000) Menschen überall auf der Welt gleichzeitig zu verschicken, kostet im Internet genau eine Telefoneinheit. Das Internet bietet religiösen Erfindern die Möglichkeit, aus dem Baukasten der religiösen Geschichte der Menschheit durch Kombination verschiedener Elemente eine eigene Religion zu basteln und um Anhänger zu werben. Das geht dann meistens nach dem Motto "je abwegiger, desto mehr Aufmerksamkeit" (nicht zuletzt durch die anderen Medien). Pantheistische Gruppen wetteifern mit solchen, die in der Nachfolge von Teilhard de Chardin und anderen Mystikern das Internet selbst als "göttlich" und "ewig" verstehen wollen, sozusagen eine Art "Technik"- oder "Cyber"-Religion. Das "Netz" wird zu einer neuen Metapher für Gott, weil es "größer" als wir selbst und angeblich "mehr" als nur die Summe seiner Bestandteile oder Teilnehmer ist.

Cyber-Churches - virtuelle Gemeinden im Internet

Als Gegenbewegung zu dieser hybriden "Cyber-Religion" haben sich die ersten "Cyber-Churches" gebildet, dezidiert christliche Kirchen oder Kirchengemeinden, die es allerdings nur im Internet gibt. Es scheint aber der Tag nicht fern, an dem Menschen nur noch einer virtuellen Kirche oder Gemeinschaft angehören und nicht mehr physisch am Leben einer Ortsgemeinde teilnehmen. Der Gottesdienst wird dann einfach in einen virtuellen Raum verlegt, bei dem die Teilnehmer dieses Gottesdienstes per Datenleitungen und Videokonferenz miteinander verbunden sind. Ansätze dazu gab es ja schon im Bereich der Teleevangelisationen von Billy Graham und anderen, nur daß der virtuelle Gottesdienst im Internet noch einmal eine ganz neue Qualität bekommt: man kann durch das Internet interaktiv in das Geschehen eingreifen, z. B. per E-Mail (und später auch einfach per Mikrofon) Fürbitten für diesen Gottesdienst formulieren.

Was für den Gottesdienst möglich erscheint, läßt sich auch für andere christliche Veranstaltungen durchdeklinieren: Ein "Online Bibelkreis" wird von der Online-Pfarrerin der Evangelischen Kirche in Bayern bereits veranstaltet, die Initiativen "Christsein-Online", "Evangeliumsnetz" und "Jesus-Online" gehen mit ihren Gesprächskreisen und Diskussionsrunden "über Gott und Welt" ebenfalls in diese Richtung, und Bischof Gaillot hat gleich seine ganze Diözese "Partenia" ins Internet verlegt, nachdem er vom Papst buchstäblich in die Wüste geschickt wurde. Noch basieren diese Angebote durchweg auf Zeichen, die durch die Computertastatur erzeugt werden, doch die Zeit, in der sich Abbilder von realen Menschen in einem imaginären Raum (z. B. in einer durch Computerbilder erzeugten Kirche) zum Gespräch oder Gottesdienst versammeln können, wird kommen, wenn die Datenleitungen über entsprechende Kapazitäten verfügen. Darüber, was das "wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen" (Mt 18, 20) in diesem Zusammenhang bedeutet, wird spätestens dann neu nachgedacht werden müssen. Doch es stünde der Theologie nicht schlecht an, wenn sie sich nicht erst dann dieser Thematik annimmt, denn die technische Entwicklung geht mit einer Geschwindigkeit voran, die allen, die sich mit dieser Technik und ihren Folgen beschäftigen, kaum Zeit zum Luftholen läßt.

Die Veränderungen, die mit der fortschreitenden Entwicklung des Internet einhergehen, bedürfen der theologischen Reflexion und Stellungnahme. Dabei geht es unter anderem um das Verständnis von christlicher Gemeinde. In ihrer gesamten Geschichte wurde die christliche Gemeinde, in der der Glaube an den gekreuzigten und auferstandenen Christus durch den Gottesdienst und das Abendmahl lebendig gehalten und tradiert wurde, durch die physische Versammlung von Christen konstituiert. Diese Definition wird durch die virtuellen Kirchen und Gemeinden in Frage gestellt, die für sich reklamieren, daß sie ebenfalls eine Gemeinschaft von Christen sind, auch wenn diese Gemeinde aus Menschen besteht, die sich vielleicht nie gesehen haben und auf alle fünf Kontinente verteilt sind. Die evangelische Tradition dürfte für eine solche virtuelle Glaubensgemeinschaft empfänglicher sein, weil sie - anders als die katholische Tradition - nur zwei Sakramente kennt, die der physischen Präsenz bedürfen, Taufe und Abendmahl. An der Sakramententheologie wird es sich dann letztlich auch entscheiden, ob man "Internet-Gemeinden" als christliche Gemeinden anerkennen will oder nicht.

Defizite bestehender christlicher Internet-Angebote

Vielen Christen werden die Visionen des technisch Machbaren in den Computernetzen ein Alptraum sein, einige werden sie begeistert aufnehmen. Aber egal wie man sich zu den Entwicklungen im Internet stellt, es stehen der Christenheit qualitative Veränderungen bevor, wie es sie in ihrer zweitausendjährigen Geschichte so noch nicht gegeben hat. Auch wenn das Machbare nicht unbedingt wünschenswert erscheint, so wird es - wie bei allen technischen Entwicklungen - Menschen geben, die das Machbare ausprobieren werden. Es könnte zu einer Situation kommen, in der bestimmte Gruppen im Internet Nutzer an ihre durchaus attraktiven Angebote binden, die sich dann nicht mehr unbedingt zu einer lokalen Gemeinde oder Kirche gebunden fühlen, sprich: es könnte zu einer Abwanderungsbewegung aus den verfaßten Kirchen und traditionellen christlichen Gruppen in die virtuellen Kirchen und Gruppen kommen.

Die derzeitigen christlichen Internet-Angebote beschränken sich zumeist noch auf elektronische Ausgaben christlicher Printpublizistik: Selbstdarstellungen, Presseerklärungen, Nachrichten, Zeitschriftenartikel, Veranstaltungskalender, Andachten und Predigten. Texte, die ohnehin produziert werden, landen meist unverändert auf dem Webservern von Landeskirchen, Kirchengemeinden, Werken und Einrichtungen. Das kann immer nur ein Anfang nicht aber Ziel eines Internet-Engagements sein. Zu wenig Gedankenarbeit wird in die Gestaltung eines attraktiven Angebotes gelegt, das im Internet nämlich nicht so sehr in der Anhäufung von Bleiwüsten besteht, sondern vielmehr in der interaktiven Kommunikation über das Medium Computer, das Menschen zusammenbringt, die sich sonst vielleicht nie getroffen hätten. Wo ist denn der christliche Chat-Kanal, in dem jeden Abend "über Gott und die Welt" gesprochen wird? Warum gibt es noch keine Internet-Seelsorge, die ständig besetzt den Menschen in Not rund um die Uhr weiterhilft? Wo sind denn die Online-PfarrerInnen, die mit Menschen im Netz über den Glauben reden? Wer hat sich denn schon über kreative, dem Medium entsprechende Formen christlicher Verkündigung Gedanken gemacht? Auf welchem Schreibtisch entstehen die theologischen Entwürfe einer neuen Internet-Homiletik? Wo sind die religionspädagogischen Konzepte für die Vermittlung des Glaubens im 21. Jahrhundert?

Mit zwei Stunden Arbeitsaufwand in der Woche läßt sich kein attraktives Angebot einer Landeskirche im Internet inszenieren. Den Institutionen dient die eigene Präsenz nur allzu oft der bloßen Imagepflege und reinen Informationsverbreitung. Und weil die Präsenz im Medium Internet von der technischen Seite her recht günstig zu haben ist, vergißt man nur allzu leicht, daß der Aufwand vor allem in der konzeptionellen Entwicklung von interessanten Internet-Angeboten liegt. Dafür werden aber kaum personelle Kapazitäten geschaffen. Mittlerweile hat es sich zwar auch in christlichen Kreisen herumgesprochen, daß es notwendig ist, auch in diesem Medium präsent zu sein und Flagge zu zeigen, doch die Pflege der Datenbestände muß dann meistens noch von einer Dienststelle nebenher erledigt werden. Dies führt unter anderem dazu, daß man im Februar immer noch mit der Adventsseite einer Kirchengemeinde im Internet begrüßt wird. Was ebenfalls noch weitgehend fehlt, ist die theologisch-ethische und inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Medium selbst, mit seinen Gepflogenheiten, der "Netiquette", und den Auswirkungen, die die Entwicklungen im Bereich der Telekommunikation auf die Gesellschaft und jeden einzelnen Menschen haben.

Das Dilemma christlicher Internet-Arbeit

Viele Christen sind einfach froh, wenn der Zugang zum Netz über Computer, Modem und Telefonleitung gelungen ist und sie ihre Seite ins World Wide Web gebracht haben. Das ist ja auch zunächst einmal gut so, doch das Medium erlaubt keine langen Pausen und kein Ausruhen: Wird die Nische für christliche Angebote im Internet nicht von seriösen christlichen Anbietern besetzt, tun es die anderen, die Sekten und Schwarmgeister.

Hier tut sich allerdings ein Dilemma für die christliche Internet-Arbeit auf: Je interessanter und attraktiver die christlichen Angebote für die Internet-Nutzer sind, je intensiver über dieses Medium kommuniziert wird, desto eher werden auch Menschen erreicht, die dem christlichen Glauben fernstehen und keiner christlichen Gruppe oder Gemeinschaft angehören. Ob diese allerdings wieder in einer realen, lokalen christlichen Gruppe verortet werden können, darf bezweifelt werden. Denn je mehr "religiöse Bedürfnisse" über dieses Medium befriedigt werden, desto kleiner ist die Chance, diese Menschen auch in eine lebendige, reale christliche Gemeinschaft integrieren zu können. Bleiben die christlichen Angebote für die Nutzer unattraktiv, nehmen diese an anderen Veranstaltungen im Netz teil, macht man dagegen interessante Angebote, leistet man selbst den Tendenzen einer virtuellen christlichen Gemeinschaft Vorschub.

Wir leben längst in einer Mediengesellschaft, in der von einer breiten Öffentlichkeit nur noch das wahrgenommen wird, was in den Medien präsent ist. Während christliche Sendungen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen durchaus noch anzutreffen sind, haben es die Kirchen weitgehend verpaßt, die christliche Stimme auch in den privaten Fernsehsendern zu verankern. Dieser Fehler sollte sich für das Internet nicht wiederholen. Es scheint darum notwendig, die Bemühungen für gute Internet-Angebote zu intensivieren. Dann aber stellt sich unausweichlich auch die Frage nach den Zielen und den Inhalten der christlichen Internet-Präsenz.

Ziele und Inhalte christlicher Internet-Arbeit

Das Ziel der christlicher Aktivitäten im Internet sollte es sein, sowohl die christlich interessierten Menschen anzusprechen als auch Menschen, die dem christlichen Glauben fernstehen. Für diese Zielgruppen müssen unterschiedliche Angebote gemacht werden, was keine ganz leichte Aufgabe ist. Verfolgt man dabei allzu platte Missionsstrategien, werden vielleicht noch andere Christen Beifall zollen, aber Fernstehende werden sicher nicht wieder auf dieser Website vorbeischauen. Ein qualitativ hochwertiges und für die Benutzer interessantes Angebot könnte darin bestehen, eine möglichst breite Palette von Themenschwerpunkten und Kommunikationsangeboten aufzubauen: wichtige Informationen und Nachrichten können abgerufen werden, interaktive Wettbewerbe, Events, Spiele, Preisrätsel sorgen für "fun & action", dem Medium entsprechende Aufbereitungen der christlichen Botschaft bieten geistliche Nahrung, Diskussionsforen und Chat-Kanäle dienen der Kommunikation und Begegnung, Lebensberatung, Seelsorge, persönliche Glaubensgespräche bieten dem einzelnen Hilfe und Trost. Je ausgefeilter und breiter ein solches Angebot aufgebaut wird, desto mehr Menschen werden sich sicher auch dafür interessieren, da es in unserer ausdifferenzierten Gesellschaft und mit zunehmender Verbreitung des Internet wohl kaum mehr den typischen Internet-Nutzer geben wird. Es liegt auf der Hand, daß für alle diese verschiedenen Aktivitäten mehr personelle Kapazitäten geschaffen werden müssen als das bislang der Fall ist.

Die Strategie christlicher Internet-Arbeit muß darauf ausgerichtet sein, eine Identifikation der Nutzer mit der Organisation, die den Server betreibt, herzustellen, um damit wiederum das Leben innerhalb der Organisation - sowohl im Internet selbst als auch in der "realen" Welt - zu beleben. Das hört sich sehr nach den Strategien an, mit denen Werbekaufleute ihren Kunden zu überzeugen versuchen. Nur: Wir können dem Pluralismus der Weltanschauungen und Sinnverheißungsangebote nicht entfliehen. Der christliche Glaube konkurriert de facto auf dem "Markt der Möglichkeiten" - nicht nur, aber gerade auch im Internet - mit allen nur denkbaren Glaubensrichtungen, Religionen und Sekten. Wir stehen in einem direkten Konkurrenzverhältnis mit Psychokulten, Esoterik und New Age. Der Nutzer kann sich aussuchen, welche Dinge er zur Kenntnis nimmt, welche Adressen er anwählt. Wir Christen haben keinen herausgehobenen Platz mehr in einem Medium, daß keine Hierarchien und keine Schwerpunkte mehr kennt. Entscheidend ist allein die Qualität und Attraktivität des Angebotes. Sind die anderen besser als wir, wird sich der Nutzer enttäuscht abwenden. Sicher müssen wir dabei nicht Spiegel, Dr. Oetker, Daimler-Benz, Allianz, Focus und Computerspielherstellern konkurrieren, aber sehr wohl mit den falschen Propheten, den Scharlatanen, Falschmünzern, und vermeintlich christlichen Abzockern, die auf den ersten Blick in einem (noch) so reduzierten Medium oft nicht so leicht zu erkennen sind.

Wichtig ist darum auch das Profil, der Stil und die Form unserer christlichen Internet-Angebote. Eine Kirchengemeinde, ein CVJM oder eine Landeskirche können sich im Internet auch nicht anders präsentieren als sie es in der "realen" Welt sind. Anbiederung an den Nutzer wird dieser sicher schnell durchschauen. Das wirkt dann kontraproduktiv. Das Profil einer Institution, einer Gemeinde, einer Kirche muß klar erkennbar sein und das sowohl von der Präsentation her - bis hin zu Logos, Schriftzügen, Farbgebung, Adressen, Telefonnummern etc. - als auch von den Inhalten, dem Stil der Kommunikation und vom Umgang miteinander in Foren und persönlichen Gesprächen.

Es ist schon viel gewonnen, wenn unsere Internet-Angebote Menschen positiv überraschen. Wenn E-Mails schnell beantwortet werden und Menschen registrieren, daß in der Kirche nicht immer alles "ewig und drei Tage" braucht, wenn Menschen sehen, daß Christen nicht nur "fromme Lieder" singen, sondern auch gute Programmierer oder kreative Designer sind, wenn auch mal herzlich über einen witzig gemachte Seite gelacht werden kann und nicht immer alles "bierernst" zugeht, wenn Menschen Rat, Hilfe und Unterstützung erfahren durften, die sie in anderen gesellschaftlichen Zusammenhängen nicht erfahren haben.

Nicht zuletzt können Christen auch einen Beitrag zur Ausformung einer "Netzkultur" leisten, indem sie sich aktiv an der Entwicklung von ethischen Standards beteiligen oder einen vorbildlichen Umgang mit den Nutzern im Netz pflegen. Auf diese Weise können wir Christen in diesem Medium etwas von der Liebe Gottes, die uns motiviert, weitergeben und von ihr Zeugnis ablegen. Je mehr Christen sich darum aktiv an diesem Geschehen beteiligen, desto mehr werden wir gemeinsam an den verschiedenen Ecken dieses globalen Netzes ausrichten können.

Ausblick

Wohin das letztlich alles führen wird, können wir heute noch nicht absehen. Dafür geht die Entwicklung einfach zu schnell voran. Keiner, der sich im Internet engagiert, kann für mehr als zwei Jahre im voraus planen. Das Medium ist da und wächst mit schwindelerregender Geschwindigkeit. Es gibt keinen Weg zurück: "Präsent sein oder nicht?", lautet lediglich die Frage. Nehmen wir unseren Auftrag, das Evangelium von Jesus Christus weiter zu sagen, ernst, kann diese Frage eigentlich nur mit einem "Ja" beantwortet werden. Die Kommunikation des Evangeliums ist unsere Aufgabe als Christen. Sie steht in der Spannung zwischen dem Bewahren der Tradition und dem Aufbruch zu neuen Formen der Kommunikation. So wie Martin Luther sich einst die neu erfundene Drucktechnik zunutze machte, so sollten wir heute auch das Internet für die Kommunikation mit anderen einsetzen.

Die zweitausendjährige Geschichte des Christentums zeigt, daß sich die Formen christlichen Lebens immer wieder verändert haben. Die protestantische Tradition hat sogar das "ecclesia semper reformanda" zum Prinzip erhoben. Darum gibt es auch hinsichtlich der zukünftigen Entwicklungen im Bereich Internet keinen ernsthaften Grund, sich Bange machen zu lassen. Im Vertrauen auf den, der da ist und der kommt, kann die Christenheit auch den Weg in die Welt der globalen Datennetze antreten. Dabei werden sich die konkreten Formen, die Ausgestaltungen christlichen Glaubens verändern - wie sie es in den letzten 2000 Jahren immer wieder getan haben. Die nachwachsenden Generationen werden selbstverständlich mit diesem neuen Medium aufwachsen. Sie werden - wie alle Generationen - neue Ausdrucksweisen und Formen christlichen Glaubens und christlichen Lebens finden. Dem können wir aufgrund unserer geschichtlichen Erfahrung und im Vertrauen auf Gott, ruhig und gelassen, aber mit einem wachem Auge und einem wachen Geist, entgegensehen.


Autor: Dr. Matthias Schnell