Schweringer „Hakenkreuz-Glocke“ soll abgehängt werden

Die Kapellengemeinde will gemeinsam mit demKirchenkreis ihr historisches Erbe aufarbeiten

Die Kirchenglocke der evangelischen Kapellengemeinde von Schweringen, bei der Unbekannte das Hakenkreuz und einen Teil der NS-Inschrift entfernt haben
Die Kirchenglocke der evangelischen Kapellengemeinde von Schweringen (bei Nienburg), bei der Unbekannte das Hakenkreuz und einen Teil der NS-Inschrift entfernt haben.

Schweringen (epd). Die umstrittene Hakenkreuz-Glocke im niedersächsischen Schweringen bei Nienburg wird abgehängt und durch eine neue Glocke ersetzt. Der evangelisch-lutherische Kirchenkreisvorstand in Nienburg habe am 15. Mai in einer fünfstündigen Sitzung über das weitere Verfahren mit der Glocke beraten und sei nach intensiver Diskussion zu diesem Beschluss gekommen, sagte Superintendent Martin Lechler in Nienburg. „Wir hoffen, unsere Entscheidung führt bei einer Mehrheit der Bevölkerung zu Verständnis“, sagte er.

Der Umgang mit der Glocke hatte in dem 800-Einwohner-Dorf für heftigen Streit gesorgt. Gemeindepastor Jann-Axel Hellwege hatte eine Entscheidung des Gemeindevorstands angefochten, der die Glocke behalten und weiter nutzen wollte. Die 1934 gegossene und aufgehängte Glocke war im Herbst stillgelegt worden. Kurz vor Ostern wurde sie von Unbekannten beschädigt, die heimlich das 35 mal 35 Zentimeter große Hakenkreuz und Teile einer nationalistischen Inschrift mit einem Winkelschleifer wegfrästen. Die Glocke ist seitdem unbrauchbar. Die Polizei nahm die Ermittlungen auf.

Gremium beruft sich auf Barmer Theologische Erklärung

In dem jetzt gefassten Beschluss heißt es: „Der Kirchenkreisvorstand des Kirchenkreises Nienburg ist der festen Überzeugung, dass eine Glocke, die mit einem Hakenkreuz und einer nationalsozialistischen Inschrift versehen ist, grundsätzlich nicht zu Gottesdienst, Andacht und Gebet geläutet werden darf.“ Das Gremium beruft sich dabei auf die Barmer Theologische Erklärung der Bekennenden Kirche in der NS-Zeit, erläuterte Lechler. Darin gebe es eine klare Absage, die kirchliche Botschaft mit weltanschaulichen oder politischen Überzeugungen zu vermischen.

Für den Guss einer neuen Glocke habe die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers eine Kostenübernahme angeboten. Der Kirchenkreisvorstand sei dafür sehr dankbar, sagte der Superintendent: „Auch vor dem Hintergrund unserer Überzeugung, dass die Aufarbeitung unseres historischen Erbes eine gesamtkirchliche Aufgabe ist.“ Schätzungsweise ein mittlerer fünfstelliger Betrag müsse für den Guss samt Einbau veranschlagt werden.

Der Pressesprecher des Sprengels Hannover, Fabian Gartmann, erläuterte, die Hakenkreuz-Glocke werde nun keinesfalls zerstört. Dies sei ohnehin nicht möglich, da sie als Denkmal eingestuft sei. Denkbar sei, die Glocke auszustellen und mit Erklärtexten auf ihre Geschichte hinzuweisen. Die langfristigen Pläne wolle der Kirchenkreisvorstand aber gesondert und gemeinsam mit dem Kapellenvorstand in Schweringen beraten. Der Glockensachverständige der hannoverschen Landeskirche, Andreas Philipp, betonte, dass die Glocke in jedem Fall von einem Metallrestaurator behandelt werden müsse, sollte sie ausgestellt werden.