Stellungnahme zur pastoralen Handreichung der DBK „Mit Christus gehen – Der Einheit auf der Spur. Konfessionsverbindende Ehen und gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie“
EKD begrüßt die Konkretion der ökumenischen Selbstverpflichtung im Geist des Reformationsjubiläums 2017
Als Evangelische Kirche in Deutschland begrüßen wir sehr, dass nach manchen Wirren und Wegen nun der im Februar 2018 mit großer Mehrheit beschlossene Text der Deutschen Bischofskonferenz „Mit Christus gehen – Der Einheit auf der Spur. Konfessionsverbindende Ehen und gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie“ veröffentlicht wurde. Denn wir sehen darin nicht nur eine Fortsetzung des ökumenischen Geistes im Jubiläumsjahr 2017, sondern auch eine Konkretion der Selbstverpflichtungen, die beide Kirchen anlässlich des Buß- und Versöhnungsgottessdienstes im März 2017 eingegangen sind. Dass dabei die Orientierungen, die im Text gegeben werden, von jedem Ortsbischof noch einmal für seine Diözese angewandt werden müssen, und dass es dabei möglicherweise unterschiedliche Anwendungsformate geben wird, überrascht nicht wirklich, waren doch entsprechende Hinweise schon in den kirchenrechtlichen Regelungen zu lesen. Als evangelischer Christ wird man sich auch an die eigene Kirchenpluralität erinnern.
Der Text ist deutlich von einem seelsorglichen Anliegen geleitet: Die römisch-katholische Kirche wendet sich ganz dem einzelnen Menschen und seiner möglichen Bedrängnis zu, eine im besten Sinne die Sorge um die Seele ausdrückende Grundhaltung. Dabei wird weder behauptet, dass jedes konfessionsverbindende Ehepaar die Eucharistiefeier braucht, um eine christliche Ehe zu führen, noch werden bisherige Regelungen der geistlichen Gemeinsamkeit wie z. B. die gemeinsame Feier des Wortes Gottes, das gemeinsame Gebet, die `geistliche Kommunion´, der Empfang persönlichen Segens abgewertet (vgl. Nr. 26). Sondern es geht den Bischöfen um jene, die tatsächlich unter der Trennung am Tisch des Herrn leiden und darin „eine schwere geistliche Notlage“ erfahren. Für diese gilt nun der befreiende Grundsatz: „Alle, die in einer konfessionsverbindenden Ehe nach einer reiflichen Prüfung in einem geistlichen Gespräch mit dem Pfarrer oder einer mit der Seelsorge beauftragten Person zu dem Gewissensurteil gelangt sind, den Glauben der katholischen Kirche zu bejahen, eine `schwere geistliche Notlage´ beenden und die Sehnsucht nach der Eucharistie stillen zu müssen, dürfen zum Tisch des Herrn hinzutreten, um die Kommunion zu empfangen.“ (Nr. 56)
Man ist geneigt, von einem kleinen Schritt in der Ökumene, aber einem großen Schritt für die katholische Kirche zu sprechen. Denn tatsächlich müssen wir als evangelische Kirche daran erinnern, dass dies erst die eine Hälfte des Weges ist. Die Einladung zur evangelischen Abendmahlsfeier ergeht an alle Getauften, die in ihren Kirchen zum Tisch des Herrn zugelassen sind, also auch an die katholischen Geschwister. Aber diese Einladung kann von den katholischen Geschwistern (noch) nicht angenommen werden (vgl. Nr. 8), was angesichts der intensiven Debatte über jenen ersten Teilschritt die Ahnung freisetzt, dass diese gegenseitige Freigabe noch ein Stück des Weges vor sich hat.
Das schmälert aber keineswegs den jetzt formulierten Grundsatz: Evangelische Christen in konfessionsverbindenden Ehen werden nach entsprechender Vorbereitung bei der Eucharistie willkommen sein. Damit hat die Deutsche Bischofskonferenz einen Weg gefunden, wie sie die faktisch weithin etablierte Realität an der Basis aus dem Licht der Unrechtmäßigkeit holen kann.
Und sie hat deutlich gemacht, welche Erwartungen sie mit einen solchen gemeinsamen Kommunionsempfang verbindet:
Nach einem Durchgang durch die entsprechenden Lehrtexte und der Erinnerung an die Ermutigungen zur Ökumene, die von Papst Franziskus ausgeht, wird herausgestellt, dass es vor allem drei Aspekte sind, die in einem geistlichen Gespräch vor einer Teilnahme an der Eucharistie geklärt werden sollten – wobei es wohl auch für den katholischen Ehepartner hilfreich sein dürfte, diese Art seelsorgerlicher Katechese mit zu bedenken. Sonst kann schnell der Eindruck entstehen, dass vom evangelischen Ehepartner mehr Kenntnis und Einsicht hinsichtlich der katholischen Eucharistiefrömmigkeit erwartet wird als vom katholischen.
Der katholischen Kirche sind anlässlich der Feier der Eucharistie besonders wichtig „die Verbundenheit mit Jesus Christus, die Verbundenheit untereinander in der ganzen Kirche und die Verbundenheit mit der Welt“ (vgl. Nr. 36). Versucht man als evangelischer Christ, die folgenden Ausführungen einmal nicht auf bestimmte umstrittene Themen hin zu lesen (wie z. B. Opfer-Begriff; Nennung Marias und/oder der Heiligen u. a.), sondern Glaube und Frömmigkeit der Ausführungen zu verstehen, dann werden die Aussagen des Textes weithin auch aus einem evangelischen Abendmahls-Glauben heraus nachvollziehbar:
Dass wir im Abendmahl die Verbundenheit mit Jesus Christus dankbar feiern, indem wir seine Lebenshingabe in Brot und Wein als seinen Leib und sein Blut vergegenwärtigen, muss heute nicht mehr als konfessioneller Gegensatz gelten, zumal die katholische Kirche die Selbstvergegenwärtigung Jesus Christi in diesem Geschehen besonders betont (vgl. Nr. 39). Freilich: Die reformatorischen Kirchen haben sich 1973 in der Leuenberger Konkordie auf Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft geeinigt, weil es ihnen angemessen und ausreichend erschien, Jesus Christus als Geber und Gabe in den Elementen zu erkennen, während die Art und Weise, wie er in den Elementen gegenwärtig ist, nicht definiert werden muss. Diese Zurückhaltung lässt evangelische Christen einerseits recht zurückhaltend sein im Blick auf die Tradition der eucharistischen Anbetung (obwohl der würdige Umgang mit den Elementen auch jenseits der Feier immer bewusster gehandhabt wird), eröffnet andererseits aber die Möglichkeit, dogmatische Definitionen von Christi Gegenwart in den Elementen nicht zu schnell abzuweisen. Im Grundsatz lehrt die evangelische Kirche, dass sich in der Eucharistiefeier Jesus Christus selbst vergegenwärtigt und eine Teilnahme an dieser Feier versöhnende, heilende und rettende Kraft hat. Und auch die beiden anderen im Text ausgeführten Verbundenheiten - untereinander mit der weltweiten (auch unsichtbaren, ewigen) Kirche und mit der ganzen Welt - benennen keineswegs Dimensionen, die dem evangelischen Abendmahlsglauben fremd sind. Daher bleibt es wohl doch dem einzelnen Seelsorgegespräch vorbehalten, das spezifische Verständnis der Eucharistie so zu erläutern, dass es dem konfessionsverbindenden Ehepaar erlaubt, „ihrer eigenen Gewissensentscheidung zu folgen“ (Nr. 54). Denn darin besteht die Weisheit dieser seelsorglichen Handreichung: Ganz auf der Linie von Papst Franziskus steht der Einzelfall und nicht eine dogmatisch abstrakte Regel im Zentrum. Darüber können wir uns als evangelische Kirche nur freuen, denn es geht uns allen jenseits jeder Konfession um den Menschen und um sein Heil, nicht aber um unseren Bestand oder unser Rechthaben.
Hannover, 27. Juni 2018
Pressestelle der EKD