„Wir brauchen den friedensethischen Diskurs“
Schwaetzer vor EKD-Synode über Friedensethik, die Auseinandersetzung mit rechtspopulistischen Tendenzen und die Zukunft der Kirche
Auf die neue Dimension friedensethischer Debatten hat die Präses der EKD-Synode Irmgard Schwaetzer hingewiesen. Die aktuellen Fragestellungen seien nur noch in Teilen vergleichbar mit denjenigen zur Zeit des Kalten Krieges, sagte Schwaetzer im Bericht des Präsidiums am heutigen Eröffnungstag der Synodentagung. „Wir brauchen den friedensethischen Diskurs. Hier ist es unsere Verantwortung als evangelische Kirche, mit prophetischer Stimme für den Frieden einzutreten und dabei zugleich politisch anschlussfähig zu sein in dem, was wir sagen.“
Mit dem Schwerpunktthema „Auf dem Weg zu einer Kirche der Gerechtigkeit und des Friedens“ richte die Synode den Blick aber auch ganz bewusst auf die evangelische Kirche selbst, führt Schwaetzer aus. Auf der Tagung gehe es auch darum, wie es innerhalb der Kirche um Frieden und Gerechtigkeit stehe. Dazu ging sie auf drei Themenbereiche näher ein: die Beteiligung junger Menschen, eine klare Haltung gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus und die Zukunft der Kirche.
„Jugenddelegierte gibt es in der EKD-Synode seit langem“, sagte Schwaetzer zur Beteiligung junger Menschen an den Gestaltungsprozessen in der Kirche. „Wir freuen uns darüber, wie lebhaft, konstruktiv und kritisch sie sich in die Synode einbringen und uns neue Impulse geben. Seit drei Jahren haben sie ein eigenes Antragsrecht. Und jetzt wollen wir einen entscheidenden Schritt tun, um endlich die volle Beteiligung junger Menschen in repräsentativer Stärke an unseren Beratungen sicherzustellen.“
Ausführlich ging Schwaetzer auf die Haltung der Kirche zu Antisemitismus und Rechtspopulismus ein. Am Anschlag in Halle werde sehr deutlich, „dass wir in unserem Einsatz für die Demokratie und ihre Grundwerte, im Eintreten gegen Menschenverachtung, Hetze und Ausgrenzung entschieden, klar und laut sein müssen wie lange nicht. Das ist unsere Pflicht als Christinnen und Christen. Jede und jeder Einzelne von uns ist dazu aufgerufen.“ Das Anliegen der Synode, einen genaueren Blick auf rechtspopulistische Tendenzen in den eigenen Reihen zu werfen, sei in den vergangenen Monaten einen guten Schritt weitergekommen, berichtete Schwaetzer. Die Vorurteilsstrukturen und deren Ausdruck im Alltag auch in Kirchengemeinden und bei Kirchenmitgliedern müssten genauer untersucht werden. Dazu sei ein Forschungsverbund in drei Teilen auf den Weg gebracht worden, der den Auftrag der Synode umsetze. Schwaetzer betonte, kirchliche Mitarbeitende sollten aber schon jetzt in der Auseinandersetzung mit rechtspopulistischen Tendenzen und Parolen unterstützt werden. Dafür stehe eine Materialsammlung mit Erfahrungen und praktischen Vorschlägen zur Verfügung.
Abschließend ging Schwaetzer auf die laufenden Zukunftsprozesse in der evangelischen Kirche ein: „Unsere Kirche soll eine Kirche im Aufbruch sein. So ist sie angelegt von einem Gott, der sich zuerst auf den Weg gemacht hat hin zu uns. Das hat ihn selbst verändert: Gott wurde Mensch. Gerade so kreuzt er unsere Lebenswege als einer, der uns begleitet und der uns auf den Weg schickt mit einem klaren Auftrag: ‚Geht hinein in die Welt und erzählt von mir.‘ Seitdem sind wir unterwegs – und haben doch dabei manchmal die Tendenz, es uns bequem zu machen in schönen Kirchengebäuden, mit den gewohnten Gottesdienstformen und den gewachsenen Verwaltungsstrukturen. Es wird Zeit, dass wir uns auf den Weg machen zu den Menschen, die wir erreichen wollen und die offen sind für unsere Botschaft.“
Ansätze und Szenarien dafür werden in den Berichten am Dienstagnachmittag verhandelt. Mit Blick auf die Debatte darüber betonte Schwaetzer: „Unsere Kirche wird in 20 oder 40 Jahren sehr anders aussehen. Sie wird auf keinen Fall eine kleinere Version der Kirche von heute sein. Und wir haben die Möglichkeit, diese Veränderung zu gestalten. Es gilt, die richtigen Weichenstellungen zu treffen – da darf man auch kritisch hinterfragen und lebhaft debattieren, um zu guten Entscheidungen zu kommen.“
Der vollständige Wortlaut des Berichts der Präses der EKD-Synode, Irmgard Schwaetzer, steht unter www.ekd.de/praesidiumsbericht2019 zum Download zur Verfügung.
Dresden, 10. November 2019
Pressestelle der EKD
Katharina Ratschko
Über die Synode der EKD: Die Synode der EKD ist neben Rat und Kirchenkonferenz eines der drei Leitungsorgane der EKD. Sie tagt vom 10. bis 13. November in Dresden. Nach der Grundordnung der EKD besteht die 12. Synode aus 120 Mitgliedern. Zu den Aufgaben der Synode zählen die Erarbeitung von Kundgebungen und Beschlüssen zu Fragen der Zeit sowie die Begleitung der Arbeit des Rates der EKD durch Richtlinien. Die Synode berät und beschließt aber auch den Haushalt und die Kirchengesetze. Geleitet wird die Synode vom Präsidium unter dem Vorsitz von Präses Irmgard Schwaetzer. Sie ist zugleich Mitglied des 15-köpfigen Rates der EKD. Vorsitzender des Rates der EKD ist Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. Die EKD ist die Gemeinschaft von 20 lutherischen, reformierten und unierten Landeskirchen. 21,1 Millionen evangelische Christinnen und Christen in Deutschland gehören zu einer der rund 14.000 Kirchengemeinden.