„Wir brauchen jede Gemeinde“
Wie die Evangelische Kirche der Pfalz den Klimaschutz in die Gemeinden bringt
Während die Staatengemeinschaft um mehr Klimaschutz ringt, arbeiten auch die evangelischen Kirchen an der Umsetzung ihrer Klimaschutz-Ziele. Ein Beispiel ist das Projekt „Minus 40 % CO2 – wir machen mit!“ der Evangelischen Kirche der Pfalz. Es setzt auf Maßnahmen in den Gemeinden vor Ort.
Von Sven Kriszio
Speyer. Sie haben Glühbirnen ausgetauscht und Photovoltaik-Anlagen montiert, sie haben Fenster erneuert und Gebäude gedämmt, mancherorts sind sogar naturnahe Gartenbereiche entstanden. „Und die Mühe an den vielen Orten hat sich gelohnt“, sagt Sibylle Wiesemann. „Alle beteiligten Gemeinden haben es geschafft, ihren Energieverbrauch stark zu senken. Im Durchschnitt haben sie ihren Stromverbrauch gegenüber 2014/15 um ein Drittel und den Gasverbrauch um ein Viertel reduziert.
„Diese Gemeinden zeigen, wie es mit Kümmern, guten Ideen und Sachverstand gelingt, den Grundsatz der Bewahrung der Schöpfung im kirchlichen Alltag zu leben“, so die Umweltbeauftragte der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche).
Einen um insgesamt 40 Prozent niedrigeren Ausstoß von Treibhausgasen bis 2020 im Vergleich zu 2005 hatte sich die Landeskirche der Pfalz im Rahmen ihres Klimaschutzprogramms ab dem Jahr 2015 vorgenommen. Eine Auswertung dazu steht noch aus. Doch wie bringt man die Gemeinden überhaupt dazu, sich an einem so abstrakten Ziel zu beteiligen?
Klimaschutz auf viele Schultern verteilen
„Wir brauchten ein Projekt, damit Kirchengemeinden das Klimaschutzziel der Landeskirche als ihr eigenes wahrnehmen. Nur so können wir die große Verantwortung in viele Handlungen vor Ort umwandeln“, war Pfarrerin Martina Kompa überzeugt, die sich in der Klimaschutz-Begleitgruppe des Landeskirchenrates engagiert. Diese Erkenntnis sei vor sechs Jahren der Startschuss für das Projekt gewesen, an dem sich 69 der rund 300 Gemeinden der Evangelischen Kirche der Pfalz beteiligt haben.
Basis für das Projekt sei das Energiemanagement, das die Landeskirche 2008 eingeführt habe und das bereits bis 2015 zu einer Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes um 25 Prozent geführt habe, sagt Wiesemann. Als Unterstützung der ehrenamtlichen Energiebeauftragten, die es in nahezu allen Gemeinden gebe, seien für das neue 40-Prozent-Ziel allerdings externe Energieberater hinzugezogen worden. Zudem seien für gebäudebezogene Maßnahmen, für Projekte zur nachhaltigen Beschaffung und Mobilität, für Bildung und Verkündigung finanzielle Zuschüsse der Landeskirche geflossen.
Den Co2-Ausstoß der Gemeinde um 49 Prozent gesenkt
Ein Beispiel für den Erfolg des Projekts „Minus 40 % CO2 – wir machen mit!“ ist die Elisabeth-Kirchengemeinde in Ludwigshafen-Gartenstadt. Dort habe man sich intensiv mit den elektrischen Verbrauchern und den Heizungsanlagen befasst, erzählt der dortige Energiebeauftragte Christian Bizer. „Nur ein konsequentes Aufzeichnen der Verbrauchswerte, die Lokalisierung der größten Verbraucher und eine stete Optimierung der Anlagen führen zum Erfolg.“ Auch müssten die Nutzung der Räume und die Heizbedarfe genau ermittelt werden. „Früher wurde stetig geheizt, damit alle Räume jederzeit nutzbar waren. Heute erfolgt die Heizungssteuerung bedarfsgerecht und nach den Empfehlungen der Landeskirche“, so Bizer.
Das Engagement hat sich gelohnt. Der CO2-Ausstoß in den fünf Gebäuden der Gemeinde ist um 49 Prozent gesenkt worden. Dank der Energieeinsparung muss die Elisabeth-Kirchengemeinde nun jährlich rund 10.000 Euro weniger für Strom und Heizung ausgeben.
Klimaschutz ist Teil der Gemeindeentwicklung
Ute Stoll-Rummel ist Pfarrerin der Kirchengemeinde Miesau, die mit einem Nahwärmenetz auf Basis einer Pelletheizung und Solarthermie, Photovoltaik und einem sparsamen Bewirtschaftungskonzept mittlerweile sogar zu den klimaneutralen Gemeinden gehört. „Für uns ist Klimaschutz keine zusätzliche Aufgabe, sondern integraler Bestandteil der Gemeindeentwicklung“, sagt die Pastorin. Die Umstellung auf das Nahwärmenetz habe der Gemeinde den finanziellen Spielraum gegeben, ihre barocke Dorfkirche mit einer neuen Doppelverglasung auszustatten. „Hier geht es nicht nur um Wirtschaftlichkeit, sondern auch um die Zukunftsfähigkeit unserer Kulturdenkmäler. Und nicht zuletzt um die Behaglichkeit für die Gäste der Gottesdienste und Konzerte“, betont Pfarrerin Stoll-Rummel.
Doch nicht alle Gemeinden hätte das Projekt durchgehalten, sagt Sibylle Wiesemann. „Einzelne Haupt- und Ehrenamtliche ohne Netzwerk sind überfordert, denn die technischen und administrativen Herausforderungen sind komplex.“ Ein weiteres Hindernis seien Fragen der zukünftigen Nutzung von Gebäuden. „Wenn nicht sicher ist, ob eine Gemeinde ein Gebäude weiterhin unterhalten kann, werden keine Entscheidungen für Investitionen getroffen.“
Synode verhandelt neue Klimaschutzziele
Auf der Synode der Evangelischen Kirche der Pfalz, die in diesen Tagen zusammenkommt, sollen neue Klimaschutzziele verhandelt werden. Im Gespräch sei die Klimaneutralität bis 2040, sagt Wiesemann. Dass dazu der Klimaschutz auf noch breitere Füße gestellt werden müsse, stehe außer Frage. „Wir brauchen jede Gemeinde.“ Denn schließlich solle die Kirche als Ganze als gutes Beispiel vorangehen.