Lernen als Lebensform
Kirche ist im Sektor Bildung und Erziehung vielfältig engagiert
Der Lebensform des Lehrens und Lernens gelte das größte Wohlgefallen Gottes, meinte der Reformator Philipp Melanchthon und versammelte um seinen Tisch in Wittenberg oft Studenten. Dabei wurde in mehr als 11 Sprachen kommuniziert. So erschloss er den christlichen Glauben in Offenheit für Gottes internationale Welt und in Verbindung mit Freude am Lernen und eigener Urteilsfähigkeit. Dieser reformatorischen Bildungstradition weiß sich die Evangelische Kirche verpflichtet. Sie übernimmt bis heute in der Gesellschaft und in ihren Kirchengemeinden Mitverantwortung für Bildung – als Trägerin von Schulen, Hochschulen, Akademien und Kindertagesstätten sowie von Angeboten der Erwachsenen-, Konfirmanden-, Kinder- und Jugendbildungsarbeit. Sie begleitet den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen und setzt sich für die Religionslehrerfortbildung ein.
Evangelisch bilden bedeutet, dass der einzelne Mensch um Gottes willen im Mittelpunkt steht. Es geht darum, ihn oder sie im Horizont der christlichen Tradition und neuester Erkenntnisse zu fördern. Daher ist Evangelische Bildungsarbeit weltoffen positioniert und dialogisch.
Vom Kindergarten bis zur Berufsbildung
Entgegen dem demographischen Trend wächst die Zahl der evangelischen Kindertagesstätten. Hier wird die Vielfalt der Kinder Gottes bejaht und gefördert. Der Anteil der Kinder mit mindestens einem ausländischen Elternteil und der inklusiv in die Regelgruppen integrierten Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist in evangelischen Kindertagesstätten besonders hoch. Eng arbeiten sie mit den rund 100 evangelischen Familienbildungsstätten oder Familienbildungswerken im Raum der EKD zusammen oder haben sich selbst zum Familienzentrum weiterentwickelt, in dem Familien in allen Konstellationen Kontaktflächen, Beratung und Unterstützung finden.
In den 1.134 Schulen in evangelischer Trägerschaft finden junge Menschen schulische Angebote vor, die in allen Schularten von der Grundschule bis zur Berufsbildung individuelle Förderung, Teilhabe und profilierte Abschlüsse ermöglichen. Beachtlich ist die hohe sonderpädagogische Expertise, die das evangelische Schulwesen im jahrzehntelangen Engagement für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen gewann.
Ethische Orientierung, soziales Klima
Rund 50 Prozent der Schulen in evangelischer Trägerschaft arbeiten im berufsbildenden Bereich und leisten in der Ausbildung benachteiligter Jugendlicher oder in sozialen und erzieherischen Berufen einen besonderen Beitrag für eine menschenfreundliche und gerechte Gesellschaft.
Zu einer positiven Schulkultur an staatlichen Schulen tragen die evangelischen Projekte in der schulnahen Jugendarbeit oder in der Schulseelsorge bei. Auch mit Tagen ethischer Orientierung in evangelischer Trägerschaft oder diakonischen Jugendhilfeangeboten werden allen im Raum Schule Angebote eröffnet, die zur Bewältigung existentieller Lebens- und Orientierungsfragen beitragen und das soziale Klassenklima nachhaltig positiv verändern können.
Erkenntnis und Glauben
Ähnlich weit in die Gesellschaft hinein reicht die Arbeit der 17 Evangelischen Akademien in Deutschland. Sie organisieren Diskurse zu aktuellen Themen, die Verantwortungsträger und Interessierte in Lernprozesse involvieren und christliche Perspektiven zu brennenden gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Fragen erschließen.
Mit Fachhochschulen und Hochschulen in evangelischer Trägerschaft fördert die Evangelische Kirche neue wissenschaftliche Erkenntnisse und bildet junge Menschen weit über den Raum der evangelischen Kirche hinaus aus.
Besondere Zugänge zum Glauben und zur christlichen Tradition eröffnen die Konfirmandenarbeit oder die gemeindenahe Kinder-, Jugend- und Erwachsenenbildung. Die evangelische Arbeit mit Jugendlichen und die evangelische Erwachsenenbildung gehören zu den großen nicht-staatlichen Bildungsangeboten, die Zielgruppen und zahlreichen ehrenamtlich Mitarbeitenden informelle Lernräume bieten, in denen Verantwortungsbereitschaft geweckt wird, Glaube wächst und Leben sich entfaltet.