Abendmahl feiern unter den Bedingungen der Corona-Pandemie
Sind für das Abendmahl auch digitale Formen möglich?
Fragen zum Abendmahl unter den Bedingungen der Corona-Pandemie werden in der VELKD wie in der gesamten EKD seit Beginn der ersten Kontaktbeschränkungen intensiv diskutiert. Alle zuständigen Gremien, insbesondere die Bischofskonferenz und der Theologische Ausschuss, aber auch der Liturgische Ausschuss und das Liturgiewissenschaftliche Institut sind damit befasst.
Trotz der intensiven Diskussionen ist noch kein eindeutiger Konsens erzielt. Komplexe Fragen zu digitaler Gemeinschaft, Leiblichkeit, Sakramentstheologie, ökumenischer Verantwortung u. v. m. sind zu bedenken. Die Landeskirchen haben Verschiedenes erprobt, mit je eigener guter Begründung.
Auf das Abendmahl verzichten?
1) Ein Verzicht auf das Abendmahl ist für die Zeit(en), in denen ein Abendmahl in physischer Präsenz eine vermeidbare gesundheitliche Bedrohung darstellt, eine theologisch vertretbare Position. Hintergrund ist die Annahme, dass die Zeit des Verzichts begrenzt sein wird. Für diese Positionen sind die Anfragen an Leiblichkeit und den Gabe-Charakter des Abendmahls in digitalen Formaten zu groß, als dass eine digitale Feierform möglich erscheint.
Abendmahl in physischer Präsenz
2) Dort, wo es möglich ist, in physischer Präsenz das Abendmahl coronagerecht zu feiern, hat für die meisten die „analoge“ Form der Feier den Vorrang vor „digitalen“ Abendmahlsformaten. Für diese Auffassung ist Konsens, dass die physisch-präsente Form näher an der Ursprungssituation ist und anthropologischen Grundeinsichten besser entsprochen wird. Geschichtlich haben sich verschiedene Abendmahlsformen entwickelt. Offen ist, ob digitale Formate als eine eigenständige geschichtliche Entwicklung oder ob sie als abgeleitete, defizitäre Nebenformen gesehen werden. Angesichts zahlreicher digitaler Andachts- und Gottesdienstformen mit breiter Akzeptanz und missionarischen Möglichkeiten, wird auch für die Interpretation digitaler Abendmahlsformate als eigenständiger Möglichkeit argumentiert. Unterschiedliche Schwerpunktsetzungen verbinden sich mit den verschiedenen Formen: Christusgedenken, Gemeinschaft, Wort und Glaube, Vergebungsvergewisserung stehen neben Fragen zum Gabe-Empfangsgeschehen, Kopräsenz, der Definition von Leiblichkeit u. v. m.
Abendmahl digital feiern?
3) „Digitale Abendmahlsfeiern“ haben zurzeit Experimentcharakter. Es ist verständlich, dass sehr viele Formate ausprobiert werden. Es ist die Verantwortung der das Abendmahl Ausrichtenden, dafür zu sorgen, dass für das jeweilige Format eine theologische Reflexion stattfindet und sichergestellt wird, dass das Abendmahl durch eine ordnungsgemäß berufene Person eingesetzt wird sowie dass die Einsetzungsworte der Agende gesprochen werden und durch die einsetzende Person keine Selbst-Nahme der Gaben erfolgt.
4) Sollten die strengen Kontaktbeschränkungen noch sehr viel länger andauern, ist auch ein Teil der Kritiker*innen digitaler Formen überzeugt, dass von den dafür zuständigen Einrichtungen und Gremien ein digitales Not-Format für die Glaubensgeschwister und Situationen, für die das Abendmahl unverzichtbar ist, entwickelt werden sollte. Nur sehr schwer vorstellbar ist, dass aufgezeichnete Abendmahlsfeiern, die später abgespielt werden, als vertretbare Form angesehen werden, auch wenn es eventuell Ausnahmen geben könnte.
5) Häusliche Abendmahlsfeiern haben in einigen Gegend eine lange, etablierte Tradition. Solange das Abendmahl gemäß der Agende von dazu ordentlich beauftragten Personen eingesetzt und coronagerecht gestaltet wird, ist das Hausabendmahl eine anerkannte Möglichkeit in Zeiten der Pandemie. Allerdings kann die häusliche Feier in Spannung zum Öffentlichkeitscharakter des Gottesdienstes stehen.
Noch viel theologische Arbeit
Viel ist an theologischer Arbeit und praktischer Durchdringung der Abendmahlsfragen noch zu leisten. Im Vertrauen auf den Heiligen Geist besteht weiterhin das Ziel einer Erarbeitung gemeinsamer Linien. Bis dahin sind alle gehalten, die Würde des Sakraments zu wahren und mit Respekt vor den noch voneinander abweichenden Überlegungen anderer Positionen umzugehen.