EKD-Kirchenrechtler Heinig: Ein Minarett- und Burka-Verbot sind nicht möglich
Berlin (epd). Der Kirchen- und Verfassungsrechtler Michael Heinig hält die Islam-Forderungen der AfD für verfassungswidrig und nicht durchsetzbar. "Der Staat kann nicht pauschal eine Religion für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklären", sagte der Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wo differenzierte Betrachtungen geboten sind, schürt die AfD Vorurteile", ergänzte er.
Die AfD genieße Meinungsfreiheit. Für Amts- und Mandatsträger wäre die Aussage, der Islam sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, selbst aber nicht verfassungskonform. "Das Grundgesetz verbietet dem Staat nicht, Religionen auf ihre Gefährlichkeit hin zu untersuchen", erklärte der Göttinger Professor. Aber es verbiete dem Staat, Religionen in ihren theologischen Aussagen zu bewerten.
"Evident diskriminierend und damit verfassungswidrig"
Forderungen nach einem Minarettverbot wies er zurück. Ein Verbot, das sich nur darauf beziehe, "wäre evident diskriminierend und damit verfassungswidrig". Ein allgemeines Kirchen- und Minarettverbot wäre ebenfalls nicht vereinbar mit der Verfassung, "weil es keinen hinreichenden Grund für einen solch gravierenden Eingriff in die Religionsfreiheit gibt", sagte Heinig.
Auch ein Verbot der Vollverschleierung muslimischer Frauen hält Heinig in Deutschland für nicht durchsetzbar. Zwar habe der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Burka-Verbot in Frankreich für vereinbar mit den Menschenrechten erklärt. Für eine Regelung in Deutschland müsse man aber auch die hiesige Verfassung betrachten. "Unser Grundrechtsverständnis erlaubt dem Staat weniger Eingriffe als das laizistische Frankreich", sagte er und ergänzte: "Es spricht vieles dafür, dass ein pauschales Burka-Verbot in Deutschland verfassungswidrig wäre."
19. April 2016