Angebot an Bio-Christbäumen steigt
„Robin Wood“-Waldreferent: „Seit fünf, sechs Jahren tut sich was in Deutschland“
Frankfurt a.M. (epd). Weihnachten unterm Christbaum: „Rund 28 Millionen Bäume werden insgesamt in diesem Jahr verkauft“, schätzt Rudolf Fenner, Waldreferent des Umweltverbandes „Robin Wood“. Das heißt: In fast zwei Drittel der 40 Millionen deutschen Haushalte steht über die Feiertage eine Tanne, Fichte oder Kiefer. Gut 90 Prozent kommen laut Fenner aus dem Inland aus eigens angelegten Plantagen. In ihnen wird kräftig gespritzt und gedüngt: Insektizide gegen Käfer und Läuse, Herbizide gegen Löwenzahn und Disteln sowie Mineraldünger für eine intensive Grün- oder Blaufärbung der Nadeln. Dagegen liegt der Anteil der Öko-Bäume unter 0,5 Prozent.
„Allerdings tut sich seit fünf, sechs Jahren was in Deutschland“, sagt Fenner. Die Produzenten bauten mehr Bio-Bäume an und böten sie nach sieben oder acht Jahren Wachstum zum Selberschlagen oder direkt ab Hof an. Auch Baumärkte hätten immer häufiger Christbäume mit einem Siegel anerkannt ökologisch wirtschaftender Betriebe wie Naturland, Bioland oder Demeter im Sortiment. Die gleichen Qualitätsstandards erfüllten auch Bäume aus zertifizierten Forstbetrieben oder mit dem Bio-Siegel der Europäischen Union.
Nach einer Erhebung von Robin Wood ist die Zahl der Verkaufsstellen von Öko-Christbäumen in Deutschland seit 2010 von 55 auf 733 gestiegen. Auch die Zahl der Produzenten wächst: Zurzeit listet Robin Wood bundesweit 85 auf, im vergangenen Jahr waren es erst 75. Demnach sind Bayern und Nordrhein-Westfalen die Bundesländer mit dem größten Angebot.
Reinhard Rausch aus Grebenhain im Vogelsberg ist einer von zwei Hessen, die Öko-Christbäume kultivieren. Seine Nordmann-Tannen verkauft der Nebenerwerbs-Forstwirt auf seinem Hof im großen Freundes- und Bekanntenkreis, außerdem werden sie in einem örtlichen Bioladen angeboten.
Shropshire-Schafe als Rasenmäher
Die Bedingungen auf seiner Plantage auf rund 500 Meter Höhe sind gut. „Jährlich fällt in der Region zwischen 1.100 und 1.200 Millimeter Niederschlag“, sagt Rausch. „Außerdem trägt der Basaltverwitterungsboden dazu bei, dass meine Setzlinge, die in einer Darmstädter Baumschule biologisch gezogen wurden, gut gedeihen.“
Auf Chemiecocktails verzichtet Rausch aus tiefster Überzeugung. Als Rasenmäher und Unkrautvernichter setzt er neben einer Sense vor allem seine zehn Shropshire-Schafe ein. Die mittelgroßen, kräftigen Tiere mit ihren Wollköpfen stammen aus der gleichnamigen englischen Grafschaft an der Grenze zu Wales. Sie eignen sich hervorragend für Christbaumkulturen, da sie die kleinen Bäumchen nicht verbeißen oder schälen und auch die jungen Knospen ungeschoren lassen.
Bio-Landwirt Lothar Kails aus Lützkampen in der Eifel arbeitet in diesem Jahr bei der Vermarktung seiner rund 1.000 Öko-Bäume mit einem Bio-Markt in Trier zusammen. Sie seien auf etwa 540 Meter Höhe gewachsen und wiesen so gut wie keine Schäden auf. Nur die Endtriebe seien wegen des Wassermangels kürzer geraten als in den Vorjahren. „Das Entscheidende beim Anbau sind die Lage und die Bodenbeschaffenheit“, betont er.
Wie Rausch im Vogelsberg überlässt auch Kails das Gedeihen der Bäume der Natur. Mit der Sense ist er höchstens zweimal im Jahr zwischen den Bäumen unterwegs. Außerdem schneidet er sie regelmäßig zurück, damit sie eine gleichmäßig dichte Pyramidenform entwickeln.
Klimawandel macht Produzenten zu schaffen
Alles eitel Sonnenschein, könnte man meinen. Wenn da nicht der Klimawandel wäre. „In diesem Jahr habe ich an meinen Bäumen einen Nadelpilz festgestellt“, berichtet Rausch. Und die Hälfte der etwa 1.200 Setzlinge seien vertrocknet, der Schaden betrage mehr als 700 Euro, klagt er. Experte Fenner von Robin Wood sagt: „Wenn das mit der Klimaerwärmung so weiter geht, kann man sich ausrechnen, dass wir in sieben bis acht Jahren zu wenige Öko-Bäume haben werden.“
Trockenheit und Hitze machen allen Weihnachtsbäumen zu schaffen. Fenner geht davon aus, dass wegen der beiden vergangenen Hitzesommer bundesweit mehr als 80 Prozent der Neupflanzen eingegangen sind.
Angst vor der Zukunft haben die beiden Bio-Weihnachtsbaumproduzenten aus Hessen und Rheinland-Pfalz aber nicht. Im Gegenteil: Im kommenden Jahr will Rausch eine weitere Fläche neu mit Bio-Setzlingen bepflanzen. Und auch Kails plant eine neue Plantage: „Ich bin seit 2008 im Geschäft, es macht einfach Spaß.“
Dieter Schneberger (epd)