EKD-Bevollmächtigter Dutzmann: „Experiment“ Anker-Zentren beenden
Dutzmann zieht drei Jahre nach Einführung der sogenannten AnkER-Zentren eine ernüchternde Bilanz
Hannover (epd). Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) fordert ein möglichst rasches Ende der sogenannten Anker-Zentren für Asylsuchende. Schutzsuchende Menschen sollten „so kurz wie möglich in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden und so schnell wie möglich menschenwürdig und dezentral leben können“, erklärte der Bevollmächtigte des EKD-Rates bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, Prälat Martin Dutzmann, am Mittwoch in einer Bilanz zum dritten Jahrestag der Einführung der Zentren und vergleichbarer Einrichtungen.
Die Bundesregierung sollte das „Experiment“ Anker-Zentren so bald als möglich beenden „und eine Erstaufnahme fördern, die Geflüchteten ein gutes Ankommen ermöglicht“, erklärte Dutzmann. Auch die Diakonie Deutschland fordert laut EKD gemeinsam mit zahlreichen anderen Wohlfahrtsverbänden und Organisationen ein Ende der Anker-Zentren und eine zukunftsorientierte Erstaufnahme von Asylsuchenden in Deutschland.
Der EKD-Bevollmächtigte Dutzmann kritisierte: „Diese Massenquartiere zermürben die Menschen. Ich bin davon überzeugt, dass niemand, ohne Schaden zu nehmen, über Monate oder sogar Jahre in solchen Unterkünften leben kann.“ Oft seien die Unterkünfte sehr abgelegen und der Zugang für ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, Beratungsstellen und Rechtsanwälte extrem schwierig. Zudem würden viele Kinder und Jugendliche in den Zentren nur ungenügend beschult.
Die ab 2018 eingerichteten „Anker“-Zentren sollten dafür sorgen, dass Asylverfahren schneller abgewickelt werden. „Anker“ steht für Ankunft, kommunale Verteilung, Entscheidung und Rückführung. Asylsuchende sollen dort bleiben, bis sie einen Aufenthaltsstatus haben oder nach Ablehnung des Asylantrags das Land verlassen. Laut einer Evaluation des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wurde die Verfahrensdauer durch die Zentren jedoch kaum beschleunigt.
„Erstaufnahme fördern, die gutes Ankommen ermöglicht"
Dutzende Hilfsorganisationen fordern Abschaffung der Anker-Zentren
Berlin (epd). Hilfs- und Flüchtlingsorganisationen fordern die Abschaffung der sogenannten Anker-Zentren und ähnlicher Einrichtungen. In einem gemeinsamen Aufruf bezeichnen Diakonie, Caritas, Paritätischer Gesamtverband, Arbeiterwohlfahrt, Pro Asyl und rund 60 weitere Organisationen das Konzept als gescheitert, wie die Caritas am Donnerstag mitteilte. Die Erstaufnahme von Schutzsuchenden müsse das Ankommen in den Mittelpunkt stellen und die Menschen bestmöglich auf das Asylverfahren und den Aufenthalt in Deutschland vorbereiten, „und nicht sie irgendwo parken“.
Die Anker-Zentren sind 2018 eingerichtet worden, um Asylverfahren an einem Ort schneller abwickeln zu können. Ein vor wenigen Monaten veröffentlichter Evaluationsbericht des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zeigte aber, dass die Anträge dort nur unwesentlich schneller bearbeitet wurden. Anker steht für Ankunft, Entscheidung und Rückführung.
In dem Aufruf heißt es weiter, dass die Bedingungen in diesen Zentren „regelmäßig die Würde und Rechte der dort untergebrachten Menschen“ verletzten. Denn sie hätten kaum Möglichkeiten für ein selbst bestimmtes Leben - etwa dadurch, dass es dort Sachleistungen und kein Bargeld gebe.
Die Unterzeichner fordern, die Unterbringung in einer Erstaufnahmeeinrichtung auf wenige Wochen, maximal drei Monate zu begrenzen. Aktuell müssten Familien bis zu sechs Monate und Erwachsene ohne Kinder teilweise Jahre in diesen Zentren ausharren. Der neue Bundestag müsse die gesetzlichen Voraussetzungen für eine neue Struktur schaffen.
Aufruf für eine zukunftsorientierte Erstaufnahme von Asylsuchenden in Deutschland