Fahrplan der Ökumene
Was kommt nach dem Reformationsjubiläum 2017?
Nach dem Jubiläum ist vor dem Jubiläum: Mit Gottesdiensten und einem Festakt in Wittenberg hatten die Protestanten am 31. Oktober vergangenen Jahres an die tiefgreifenden Auswirkungen von Martin Luthers Thesenanschlag am 31. Oktober 1517 erinnert. Die Festreden sind gehalten. Aber Reformationstag ist jedes Jahr – und die Reformationsgeschichte kennt viele denkwürdige Daten und Gedenktage.
Während in Deutschland das 500. Reformationsjubiläum 2017 zu Ende ging, fängt es bei den Schweizer Nachbarn im kommenden Jahr erst richtig an: Mit dem Zwingli-Jahr wird dort 2019 an den Beginn des Wirkens des Reformators erinnert. Ulrich Zwingli predigte ab 1519 von der Zürcher Grossmünsterkanzel seine christliche Freiheitsidee. „Die durch ihn mit ausgelöste Erneuerungsbewegung hat Stadt, Kanton und Land bewegt und strahlte nach Europa und in die Welt aus. Die Reformierten bilden heute die größte Tradition innerhalb des Protestantismus“, heißt es beim Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund.
Zwingli ist neben Luther in Wittenberg und Johannes Calvin in Genf einer der führenden und prägenden Köpfe der Reformation im 16. Jahrhundert. Der Reformation schloss sich eine breite gesellschaftliche Bewegung an, in der sich Vertreter aller Stände – vom Adel bis zu den Bauern – im Kampf gegen die Papstkirche zusammentaten.
Ein weiteres wichtiges Datum für Katholiken und Protestanten ist der 3. Ökumenische Kirchentag in Frankfurt am Main vom 12. Mai bis 16. Mai 2021. Reformorientierte Christen hofften auf einen ökumenischen Durchbruch dort. Doch inzwischen wurden die Erwartungen gedämpft. In den vergangenen Monaten traten die Grenzen zwischen den Konfessionen wieder deutlicher hervor. In der Ökumene kommt es zurzeit immer öfter zum Wackelkontakt. Dafür steht etwa der Streit über die Öffnung der Eucharistie für evangelische Ehepartner in der katholischen Kirche.
Die Auseinandersetzung zwischen den katholischen Bischöfen hatte aus Sicht von Kritikern eine große Verunsicherung in den Gemeinden ausgelöst. Die katholische Laienbewegung „Wir sind Kirche“ befürchtet einen „ökumenischen Flickenteppich“ durch die unterschiedliche Auslegung in den einzelnen Bistümern. Es gibt auch einen zunehmenden Dissens zwischen der katholischen und evangelischen Kirche in moral- und sozialethischen Fragen wie der Stichtagsverschiebung für den Import von Embryonen, um die Präimplantationsdiagnostik (PID), um die „Ehe für alle“ oder um die Beurteilung von Abtreibung, Sterbehilfe oder Scheidung.
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Hoffnung auf mehr Nähe zwischen Protestanten und Katholiken hatte die „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ von Katholiken und Lutheranern ausgelöst. Das Dokument galt als Meilenstein der christlichen Ökumene. Im nächsten Jahr jährt sich zum 20. Mal die Unterzeichnung des Textes. Darin konnten sich die beiden Kirchen am Reformationstag 1999 darauf einigen, dass sie das Verständnis der Rechtfertigung aus Gottes Gnade durch den Glauben an Christus teilen. Später stimmten auch Methodisten und Anglikaner der Erklärung zu.
Die Auslegung der Rechtfertigungslehre durch Luther war einer der Auslöser der Kirchenspaltung im 16. Jahrhundert. Bei dem Streit ging es um die Frage, wie das durch Sünde gestörte Verhältnis zwischen Mensch und Gott wieder in Ordnung kommt.
Grund zum Feiern haben Protestanten in rund zwölf Jahren. Inzwischen gilt 2030 sogar bei einigen als Fernziel für das gemeinsame Abendmahl. Vor 500 Jahren wurde mit dem Augsburger Bekenntnis aus dem Jahr 1530 der letzte große Versuch in der Reformationszeit unternommen, die Einheit der Kirche zu retten.
Der im Vatikan für Ökumene zuständige Kurienkardinal Kurt Koch hatte das 500. Jubiläum der Bekenntnisschrift Confessio Augustana für eine entsprechende gemeinsame Erklärung der Konfessionen ins Gespräch gebracht. Aber die Einheit am „Tisch des Herrn“ dürfte aus Sicht von Experten so schnell nicht erreichbar sein.
Stephan Cezanne (epd)