Kirche ist bestürzt über angebliche Gen-Experimente

Angesichts von mutmaßlichen Genmanipulationen an Babys in China spricht der EKD-Ratsvorsitzende vom „Einstieg in die Menschenzüchtung“

Pipettieren von DNA-Proben in Reaktionsgefaesse im Zentrum fuer medizinische Biotechnologie der Universitaet Duisburg-Essen

Osnabrück/Düsseldorf (epd). Berichte über die Geburt erster genmanipulierter Babys in China alarmieren Kirchenvertreter in Deutschland. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat die Geburt zweier genmanipulierter Babys in China als Alarmsignal bezeichnet. „Das ist der Einstieg in die Menschenzüchtung, so drastisch muss man es sagen“, so Bedford-Strohm am Rande der Herbsttagung der bayerischen Landessynode in Garmisch-Partenkirchen. „Genetische Eingriffe in die menschliche Keimbahn wirken sich auf alle Nachkommen aus. Damit öffnet sich die Tür für das gezielte Formen des Designs eines zukünftigen Menschen“, sagte er zuvor der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Es brauche eine „intensive ethische Besinnung in der Gemeinschaft der Forschenden“ und eine breite Diskussion in Kirche und Gesellschaft, sagte der bayerische Landesbischof.

Der rheinische Präses Manfred Rekowski sprach sich gegen Genexperimente am Menschen aus. „Der Mensch kann sich nicht selbst erschaffen, ohne damit seine eigene Würde zu gefährden“, schrieb der leitende Theologe der Evangelischen Kirche im Rheinland in seinem Blog. Immer dann, wenn sich Staaten, Sekten und auch Wissenschaftler auf den Weg gemacht hätten, den neuen Menschen auszurufen, sei das schief gegangen und habe Leid ausgelöst.

Weltgemeinschaft muss Stellung beziehen

„Ein Mensch darf nicht zum Gegenstand eines Experiments werden“, betonte Rekowski, der auch Vorsitzender der EKD-Kammer für Migration und Integration ist. Mögliche Folgen eines solchen Eingriffs seien noch gar nicht zu überschauen. „Folgewirkungen zeigen sich vielleicht erst in einigen Jahrzehnten oder auch erst in folgenden Generationen“, warnte der Repräsentant von mehr als 2,5 Millionen rheinischen Protestanten.

Die weltweite Gemeinschaft der Religionen, der Wissenschaftsinstitutionen und der politischen Bündnisse sei gefragt, eindeutig Stellung zu beziehen, dass hier eine rote Linie überschritten worden und Forschung in dieser Richtung abzulehnen sei. „Vor einem Missbrauch der Biotechnologien gibt es kaum Schutz“, schrieb Rekowski. Bei der Frage des Klonens von Menschen sei es allerdings gelungen, eine Ablehnung auf breiter internationaler Basis zu organisieren.

Universität war nicht informiert

Ein chinesischer Forscher hatte in einem auf der Internetplattform youtube veröffentlichten Video erklärt, mit Hilfe der sogenannten Gen-Schere das Erbgut von Embryonen so verändert zu haben, dass sie nicht an Aids erkranken könnten. Die Zwillinge sollen vor einigen Wochen auf die Welt gekommen sein. Bislang galten solche Experimente auf dem Weg zum „Designerbaby“ als Tabu. Die betroffene Southern University in Shenzhen (China) reagierte mit Unverständnis auf die Versuche und kündigte eine genaue Untersuchung an.

Der betroffene Wissenschaftler Forscher Jiankui He befinde sich seit Februar in unbezahltem Urlaub, teilte die Universität mit. Die Versuche hätten außerhalb des Universitätsgeländes stattgefunden und seien weder der Universitätsleitung noch dem Biologie-Institut gemeldet worden. Diese Experimente am menschlichen Erbgut hätten die Standards akademischer Ethik ernsthaft verletzt, erklärte die Hochschule.

(epd/ekd.de)