Der Ausnahme-Erfinder
Johannes Gutenberg, der Pionier des Buchdrucks, starb vor 550 Jahren
Mainz (epd). Die ersten kommerziellen Erfolge erzielte er ausgerechnet mit Ablassbriefen. Im Auftrag der katholischen Kirche produzierte der Mainzer Johannes Gutenberg (um 1400-1468) die berüchtigten Bescheinigungen, die den Käufern pauschal Vergebung aller ihrer Sünden versprachen. Zum Einsatz kam eine revolutionäre Technologie, die der Tüftler zuvor in jahrelanger Arbeit ausgefeilt hatte: Gutenberg gilt als Erfinder des Buchdrucks mit beweglichen Lettern. Im Februar jährt sich zum 550. Mal sein Todestag.
Seine Erfindung steht für den Beginn der Neuzeit. Denn mit ihr wurde das Wissen der damaligen Epoche einem viel größeren Personenkreis zugänglich gemacht. Ohne den Buchdruck, darin sind sich Historiker einig, wäre die Entwicklung der Wissenschaften und der modernen europäischen Kultur so nicht vorstellbar gewesen.
Selbst die Kirche erkannte sofort die Chancen der neuen Erfindung: „Vor der Verbreitung des Buchdrucks waren nicht einmal die Grundgebete wie das Vaterunser überall bekannt“, sagt der Mainzer Buchwissenschaftler Stephan Füssel. Heute haben längst moderne Technologien Gutenbergs Druckerpresse abgelöst, rund 73.000 Neuerscheinungen brachten die Verlage 2016 auf den deutschen Markt.
Handschriften waren aufwendig und teuer
Über die Person Gutenbergs ist der Forschung erstaunlich wenig bekannt. Als Johannes Gensfleisch wurde der Kaufmannssohn in Mainz irgendwann um 1400 geboren. Nach dem Hof seiner Eltern nannte er sich später Gutenberg, möglicherweise studierte er an der Universität in Erfurt. Ob er – wie auf fast allen Darstellungen – als erwachsener Mann tatsächlich einen langen Bart trug, ist fragwürdig.
Im 15. Jahrhundert entstanden überall in Europa Universitäten und damit auch Bibliotheken. Bücher existierten aber nur als Handschriften, so aufwendig in der Herstellung, dass ein einzelner kunstvoll gestalteter Band den Wert eines Hauses übertraf. Ab 1434 lebte Gutenberg für die Dauer von zehn Jahren in Straßburg, wo er offenbar bereits über die serienmäßige Herstellung von Drucken nachdachte und eine erste Presse bauen ließ. „Die Vorstufen zu der Erfindung sind in Straßburg gut belegt“, sagt Gutenberg-Experte Füssel. Allerdings sind keine gedruckten Texte aus den Straßburger Jahren bekannt.
Zwei Jahre für die erste Bibel
Der Durchbruch gelang Gutenberg nachweislich nach der Rückkehr nach Mainz. Dort brachte er gleich drei Erfindungen zur Vollendung: Die Bleilettern, mit denen sich jeder beliebige Text darstellen ließ, eine besonders gut geeignete Druckerschwärze aus Lampenruß, Eiweiß und Firnis sowie eine Druckerpresse, die für einen gleichmäßigen Farbton auf dem bedruckten Papier oder Pergament sorgten. Den Geldverleiher Johannes Fust konnte Gutenberg als Partner für den Druck der lateinischen Bibel gewinnen.
180 Exemplare ließ Gutenberg in seiner Mainzer Werkstatt herstellen. Über zwei Jahre lang – von 1552 bis 1554 – arbeitete er mit seinen Setzern und Druckergehilfen daran. Mönche in ihren Schreibstuben hätten mit dem Abschreiben ein Vielfaches dieser Zeit benötigt. Nach der Fertigstellung teilten sich Gutenberg und Fust Gewinne und Verluste, die Werkstatt mit den Bibeln ging an den Geldgeber. Ein Zerwürfnis der Geschäftspartner gab es, anders als Historiker lange annahmen, laut Füssel aber nicht.
Vom Ablassbrief zu Luther
Obwohl Gutenberg noch weitere Bücher druckte, stand er dennoch zunächst im Schatten seines einstigen Mitarbeiters Peter Schöffer, der die erste Werkstatt für Fust weiterführte. Mehrere Generationen hielten den Geldgeber und Schöffer für die Erfinder der neuen Technologie, die binnen kürzester Zeit einen Siegszug durch die Königreiche und Fürstentümer Europas antrat. Selbst der Ablasshandel, an dem Gutenberg einst als Drucker verdient hatte, wurde indirekt dank seiner Erfindung abgeschafft: Ohne das Druckerhandwerk hätten sich Martin Luthers vehemente Kritik daran und die Ideen der Reformation niemals so schnell verbreiten können.
„Die Welt erkennt ohne Zögern und Zweifeln an, dass Gutenbergs Erfindung das größte Ereignis ist, das jemals in der Geschichte stattgefunden hat“, urteilte der US-amerikanische Schriftsteller Mark Twain im Jahr 1900, als Gutenbergs 500. Geburtstag gefeiert wurde. Gutenberg starb Anfang 1468 - das angenommene Todesdatum am 3. Februar ist nicht belegbar - und wurde in der Mainzer Franziskanerkirche bestattet. Die Kirche und das Grab existieren nicht mehr.
Von den ersten Gutenberg-Bibeln gibt es weltweit noch knapp 50 Stück, zwei davon im Mainzer Gutenbergmuseum. Passend zum Gedenkjahr wird in der Stadt kontrovers über die Zukunft des „Weltmuseums der Druckkunst“ diskutiert – und die Mainzer dürfen beim ersten Bürgerentscheid der Stadtgeschichte über ein umstrittenes Neubau-Projekt abstimmen.
Karsten Packeiser (epd)