Käßmann: Luther ging's nicht um Kreuze in bayerischen Amtsstuben
Kirche erinnert an Heidelberger Disputation vor 500 Jahren
Heidelberg (epd). Mit einem Gottesdienst haben die badische evangelische Landeskirche und die Universität Heidelberg an die Heidelberger Disputation vor 500 Jahren erinnert. Bei dem damaligen Streitgespräch des Reformators Martin Luther sei es diesem um das Gottesverständnis gegangen und eine Absage an eine „Theologie der Herrlichkeit, die der Kirche einen Heilsbesitz zuerkennt“, sagte Margot Käßmann, Reformationsbotschafterin und ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), am 29. April in Heidelberg.
Für Luther sei es wichtig gewesen, nicht über die „Gottheit Gottes“ zu spekulieren, sondern auf die Menschheit Christi zu schauen, „auf Jesus von Nazareth also, um Gott zu verstehen“, betonte Käßmann. Das Kreuz sei eine Gottesmacht, sagte die Reformationsbotschafterin. Luther habe argumentiert, dass Jesus für uns am Kreuz gestorben sei. „Genau dadurch habe er für uns alle Erlösung von den Sünden möglich gemacht“ und diesen Gedanken führe die evangelische Kirche bis heute weiter.
Ein „Irrsinn mag dieses Kreuz den Menschen sein, aber es ist eben gerade kein Zeichen von Macht, Herrschaft und Durchsetzungsvermögen“, betonte Käßmann. In Luthers Kreuzestheologie „theologia crucis“ sei es nicht darum gegangen, „ob in bayrischen Amtsstuben Kreuze hängen sollen, sondern um das Gottesverständnis“, sagte die Reformationsbotschafterin. Das Kreuz sei ein Zeichen von „Ohnmacht, Leid und dem Schrei nach Barmherzigkeit“, sagte die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende und fügte hinzu: „Das müsste auch der evangelische Christ Markus Söder wissen“, sagte Käßmann in Bezug auf die Entscheidung des bayerischen CSU-Ministerpräsidenten zur Anbringung von Kreuzen in den Behörden des Freistaates.
„Ach, Martin Luther, ich hätte gern mitdisputiert vor 500 Jahren“, sagte Käßmann und versprach, dass die evangelischen Christinnen und Christen weiter disputieren werden, was es mit der Theologie des Kreuzes auf sich habe. „Das ist spannend. Und das hält unsere Kirche lebendig“, betonte Käßmann.
Die Gnade Gottes und der Kreuzestod Jesu Christi
Der einzige Besuch Martin Luthers im Territorium des heutigen Baden-Württembergs fand vor 500 Jahren in Heidelberg statt. Am 26. April 1518 verteidigte er dort in einem Streitgespräch seine Thesen und brachte damit die Reformation im Südwesten Deutschlands ins Rollen. In der Disputation ging es unter anderem um die Gnade Gottes und die Konzeption einer Theologie, die sich am Kreuzestod Jesu Christi ausrichtet.
„Luther stieß hier in Heidelberg allerdings bei vielen älteren Kollegen auf Skepsis, ja Ablehnung, etliche Kollegen wandten sich von ihm ab“, sagte Käßmann. Gleichzeitig habe er viele vor allem jüngere Theologen beeindruckt und beeinflusst. Durch die anwesenden Studenten etwa wie Martin Bucer oder Johannes Brenz breitete sich die Reformation dann im Südwesten Deutschlands und in Europa aus.
Bereits am 26. April hatten Kirche und Universität mit einem Festakt das historisch bedeutsame Ereignis gefeiert. Der Festgottesdienst am 29. April bildete den offiziellen Abschluss der Heidelberger Feierlichkeiten zum Reformationsjubiläum.