Kirchliche Fastenaktionen mit Fernsehgottesdiensten eröffnet
Die evangelische Kirche stellt in ihrer Fastenaktion „Sieben Wochen Ohne“ das zwischenmenschliche Miteinander und den gesellschaftlichen Zusammenhalt ins Zentrum.
In der Fastenzeit überdenken viele Christen ihren Lebensstil, manche verzichten auf Fleisch oder Alkohol. Die diesjährige Fastenaktion der evangelischen Kirche ruft zu sieben Wochen ohne Alleingänge auf. Misereor lenkt den Blick nach Kolumbien.
Osnabrück (epd). Die diesjährigen kirchlichen Fastenaktionen sind jeweils mit einem Fernsehgottesdienst am Sonntag eröffnet worden. Die evangelische Kirche stellt in ihrer Fastenaktion „Sieben Wochen Ohne“ das zwischenmenschliche Miteinander und den gesellschaftlichen Zusammenhalt ins Zentrum. Das katholische Hilfswerk Misereor sammelt bei seiner Aktion unter dem Motto „Interessiert mich die Bohne“ bis zum 17. März Spenden für kolumbianische Kleinbäuerinnen und - bauern.
In der Fasten- oder Passionszeit erinnern Christen an das Leiden und Sterben Jesu Christi und bereiten sich auf Ostern vor, auf die Botschaft von der Auferstehung. Die evangelische Fastenaktion steht in diesem Jahr unter dem Titel „Komm rüber! Sieben Wochen ohne Alleingänge“. „Der Karneval ist vorbei und die Fastenzeit hat begonnen“, sagte der hannoversche Landesbischof Ralf Meister am Sonntag in der Kirche St. Marien in Osnabrück. „Sieben Wochen bis Ostern. Sieben Wochen, in denen Menschen ihre Zeit anders gestalten wollen. Sie fasten. Sie verzichten oder sie wollen bewusst sich selbst und anderen etwas gönnen und geben.“ Der Gottesdienst wurde im ZDF übertragen. Die Aktion „Sieben Wochen Ohne“ wurde 1983 gegründet. Sie soll helfen, die Fastenzeit bewusst zu erleben und zu gestalten.
„Komm rüber!“ Das sei mehr als ein Satz, nach dem Einsame sich sehnten und von dem Überlastete genervt seien, sagte Meister in seiner Predigt. Es sei ein Satz, der Menschen zusammenbringe. Meister, der zugleich Botschafter der Fastenaktion ist, betonte, in diesen Wochen und Monaten hörten viele Menschen ein „Kommt!“. Hunderttausende fühlten sich derzeit auf die Straße gerufen. Ein Ruf, dem viele Gehör schenkten. „'Komm!' Es ist dringend! Unsere Demokratie, unsere Freiheit, unsere Mitmenschen brauchen dich.“
Doch „Komm rüber!“ sei nicht immer ein Ruf, der ins Gute führe, mahnte Meister. „'Komm rüber!' kann auch eine dunkle Seite haben. Vertrauen wird gebrochen. Das gelte besonders für sexualisierte Gewalt in der Kirche. “Es ist zutiefst beschämend, wie sehr Beschuldigte und Verdächtige ihr Amt und das in sie gesetzte Vertrauen missbrauchten„, sagte Meister und nahm damit Bezug auf die Ende Januar veröffentlichte Missbrauchsstudie für die evangelische Kirche und die Diakonie. Bewusst seien Grenzen von Kindern und Erwachsenen überschritten und ihnen Gewalt angetan worden. “Und wir haben viel zu lange Augen und Ohren verschlossen. Wir haben die Rufe der Betroffenen nicht gehört."
Der Gottesdienst zur Eröffnung der Fastenaktion des katholischen Hilfswerks Misereor in Ludwigshafen wurde in der ARD übertragen. Der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann rief in der Kirche St. Ludwig zur Solidarität mit Menschen im globalen Süden auf, die benachteiligt und ausgebeutet würden.
Wiesemann kritisierte im Gottesdienst die „erschreckende Gleichgültigkeit vieler Menschen, die sich keinen Deut darum scheren, wie es den Bauern in Kolumbien und allen Ländern des globalen Südens geht“. Kaffee, Bananen und Orangen würden unter teilweise unmenschlichen Bedingungen angebaut, die Bauern seien Opfer von globalen wirtschaftlichen und politischen Mechanismen. Der Bischof appellierte, wachsam zu sein in Bezug auf Bestrebungen, die Demokratie, Vielfalt und Solidarität verächtlich machen wollten.