Singen für die Menschenrechte
Die Proben zum ökumenischen Chormusical Martin Luther King in Essen haben begonnen
Essen (epd). „Eine Welle von Energie“ und „megageil“ – so beschreiben einige der 2.400 Sängerinnen und Sänger bei der Probe zum Musicalprojekt über das Leben von Martin Luther King ihre Erfahrungen im Riesenchor. Sie suchen das Besondere im Gemeinschaftserlebnis, egal ob religiös oder nicht. Dafür sind viele einzelne Sänger und Mitglieder aus 65 Chören aus ganz Deutschland in die Essener Grugahalle gekommen. Platziert wurden sie von freundlichen Anweisern in der Veranstaltungshalle ausnahmsweise nicht nach Ticketpreis, sondern nach Stimme: Bass unten, Alt die Tribüne rauf, Sopran hier, Tenor dort.
Anlass ist die erste gemeinsame Probe für das ökumenische Mitmach-Musical „Martin Luther King – ein Traum verändert die Welt“. Das Stück soll dem 1968 ermordeten US-amerikanischen Bürgerrechtler ein Denkmal setzen und am 9. und 10. Februar 2019 in der Grugahalle uraufgeführt werden. „Das große Ganze ist ein einzigartiges Erlebnis“, findet Kirchenchorleiterin Katrin Wengler aus Wermelskirchen. Sie ist mit ihrer 19-jährigen Tochter angereist und war schon bei den beiden Vorgängermusicals „Luther“ und „Die zehn Gebote“ dabei.
Heute so aktuell wie vor 50 Jahren
Eine Besonderheit für sie: das Zusammenspiel von Amateuren und Profis. Denn später stehen Big Band, Orchester und Musical-Darsteller wie Gino Emnes, Andreas Wolfram und Bonita Niessen mit auf der Bühne. Aber auch die Botschaft der 21 Lieder des Musicals ist wichtig für Katrin Wengler: „Man muss seinen Mund aufmachen, für Menschenrechte eintreten“, betont die 47-Jährige. „Ich würde bestimmt nicht jeden Text mitsingen.“ So wie ihr geht es vielen, die bei der sechsstündigen Probe dabei sind.
Inhaltlich stehe die Lebensgeschichte des Friedensnobelpreisträgers für die gesellschaftlichen Anliegen von Freiheit und Gerechtigkeit, die heute so aktuell seien wie vor 50 Jahren, sagt der rheinische Präses Manfred Rekowski zum Auftakt der Proben. Kings berühmter Satz „I have a Dream“ stehe für die Gleichwertigkeit aller Menschen: „Das wird heute massiv infrage gestellt, darum müssen wir diesen Gedanken wieder stärker in die Gesellschaft einbringen.“
Projekt der Ökumene
Die Evangelische Kirche im Rheinland ist gemeinsam mit dem Bistum Essen und dem Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden Kooperationspartner der federführenden Stiftung Creative Kirche in Witten. Deren Vorstand Martin Bartelworth bringt das ambitionierte Anliegen des King-Musicals auf den Punkt: „Wir wollen Weltgeschichte erzählen und wir wollen unterhalten.“
Für die drei kirchlichen Kooperationspartner geht es neben der theologischen Botschaft des Musicals vor allem um die Ökumene. In aktuellen gesellschaftlichen Fragen sei es wichtig, mit einer Stimme zu sprechen. „Vieles können wir nur gemeinsam tun, wir sitzen in einem Boot“, sagt der Essener Weihbischof Wilhelm Zimmermann. Und Leo Schouten vom Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Nordrhein-Westfalen spricht von der „universellen Botschaft“ des King-Musicals, die bis heute ökumenische Impulse setze.
„Ein Gänsehauterlebnis“
Alle 65 Chöre und etwa 900 einzelne Sängerinnen und Sänger von Hamburg bis Höxter, von Leipzig bis Lüdenscheid haben zu Hause geübt, bevor sie zur Probe angereist sind. Die meisten kommt aus Nordrhein-Westfalen. Mit dabei ist auch der 67-jährige Ernst Kern aus Essen. Seitdem er 2015 das Luther-Musical in Dortmund erlebt hat, wollte er unbedingt selbst einmal in einem Mega-Chor mitsingen und war vor kurzem beim Gospelkirchentag in Karlsruhe: „Dieser Klang ist gewaltig, ein richtiges Gänsehauterlebnis.“
Beim neuen King-Musical geht es für Ernst Kern aber auch um die Songtexte: „'I have a dream', das ist wichtig bis heute“, sagt der Essener. Und noch etwas gefällt ihm: „Durch die Musik findet man überall neue Freunde.“