Maßnahmenplan zur ForuM-Studie
Der ForuM-Maßnahmenplan beinhaltet zwölf Maßnahmen zu den Bereichen Prävention, Intervention, Aufarbeitung sowie Struktur-, Kultur- und Kommunikationswandel. Grundlage für den Maßnahmenplan bilden die 46 Empfehlungen der ForuM-Studie, deren Ergebnisse im Januar 2024 veröffentlicht wurden.
Entwickelt wurde der ForuM-Maßnahmenplan durch das Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt. Daran mitgewirkt haben u. a. Expert*innen aus der Konferenz für Prävention, Intervention und Hilfe in Fällen der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung (PIH-K), die sich in den Ansprech-, Fach- und Meldestellen der Landeskirchen und der Diakonie sowie in anderen evangelischen Organisationen gegen sexualisierte Gewalt einsetzen. Eingeflossen sind zudem Anregungen von öffentlichen Tagungen der Evangelischen Akademien.
Der so entstandene ForuM-Maßnahmenplan berücksichtigt alle Empfehlungen der ForuM-Studie und bündelt diese zur zielgerichteten und systematischen Umsetzung. Diese wird die Arbeit in der EKD zum Thema sexualisierte Gewalt für die kommenden Jahre prägen.
Umsetzung der Empfehlungen der Aufarbeitungsstudie „ForuM“
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Maßnahme 1: Novelle der Gewaltschutzrichtlinie der EKD
Die Gewaltschutzrichtlinie der EKD wird novelliert. Sie wird so angepasst, dass sie einen eindeutigen und einheitlichen Präventions- und Interventionsstandard für die Landeskirchen und diakonischen Landesverbände setzt. Hierbei werden die spezifischen Risikofaktoren für sexualisierte Gewalt in evangelischer Kirche und Diakonie gesondert beachtet.
Weiteres Vorgehen
Das Kirchenamt der EKD und die Diakonie Deutschland entwickeln unter Federführung des Beteiligungsforums und in Zusammenarbeit mit der PIH-K und anderen Fachpersonen sowie mit Unterstützung externer Expert*innen die Rechtsnorm, die dann im normalen Verfahren der EKD beraten und beschlossen wird. -
Maßnahme 2: Schaffung einer zentralen Ombudsstelle für betroffene Personen
Die EKD und die Diakonie Deutschland schaffen eine unabhängige, zentrale Ombudsstelle für betroffene Personen, die diese bei Konflikten mit kirchlichen und diakonischen Stellen unterstützt. Die Ombudsstelle wird bei einem unabhängigen Träger eingerichtet und die Kooperation der Landeskirchen und Landesverbände der Diakonie durch Vereinbarungen gesichert. Die Ombudsstelle soll bei Beschwerden von betroffenen Personen parteilich und in ihrem Sinne Konflikte mit kirchlichen Stellen bearbeiten und, wenn möglich, klären. Die Zuständigkeiten der Ombudsstelle überschneiden sich dabei nicht mit den Zuständigkeiten und Kompetenzen der Anerkennungskommissionen, der Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommissionen, der Zentralen Anlaufstelle .help (in Zukunft KuBuS) sowie den weiteren Stellen der Landeskirchen und Landesverbände der Diakonie.
Weiteres Vorgehen
Das Kirchenamt der EKD und die Diakonie Deutschland planen die Schaffung einer zentralen Ombudsstelle für betroffene Personen, treten in Kommunikation mit möglichen Stellen und stimmen die Schritte mit dem Beteiligungsforum ab. -
Maßnahme 3: Recht auf Aufarbeitung/Aufarbeitungsrichtlinie
Die EKD und die Diakonie Deutschland entwickeln eine Aufarbeitungsrichtlinie mit Geltung für die Landeskirchen und die diakonischen Landesverbände. Die Aufarbeitungsrichtlinie legt – in Folge des geplanten Bundesgesetzes zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen ein „Recht auf Aufarbeitung“ für betroffene Personen und die daraus folgenden Pflichten für die zuständige Stelle fest. Es werden Standards für Aufarbeitungsprozesse beschrieben. Darunter fallen auch Standards der Beteiligung betroffener Personen und das Recht auf Akteneinsicht für betroffene Personen, unter Einbezug der Ergebnisse des Dialogprozesses der UBSKM zu Standards der Betroffenenbeteiligung in institutionellen Aufarbeitungsprozessen.
Weiteres Vorgehen
Das Kirchenamt der EKD entwickelt unter Federführung des Beteiligungsforums und in Zusammenarbeit mit der Diakonie Deutschland und der PIH-K die Rechtsnorm, die dann im normalen Verfahren der EKD beraten und beschlossen wird. -
Maßnahme 4: Aus-, Fort und Weiterbildung von Pfarrpersonen und anderen Mitarbeitenden
Die Aus-, Fort und Weiterbildung von Pfarrer*innen und anderen Mitarbeitenden (insbesondere aber nicht nur in der Seelsorge und im Verkündigungsdienst) in evangelischer Kirche und Diakonie wird sexualisierte Gewalt und damit einhergehende Aspekte noch stärker als bisher adressieren. Dafür bedarf es einer Überarbeitung der Curricula der Ausbildung an Hochschulen, Fachschulen, Predigerseminaren und anderen Aus-, Fort und Weiterbildungsstätten, wofür sich die EKD und Diakonie bei den zuständigen Stellen einsetzen werden. Die Themen sexualisierte Gewalt, Nähe & Distanz, Sexualität, Macht und die Reflexion der eigenen Machtposition sollen deutlich gestärkt werden.
Weiteres Vorgehen
Das Kirchenamt der EKD und die Diakonie Deutschland unternehmen die notwendigen Schritte, treten mit den verschiedenen zuständigen Stellen in Kontakt und berichten regelmäßig dem Beteiligungsforum über den aktuellen Stand. -
Maßnahme 5: Reflexion des evangelischen Sexualverständnisses
Die EKD bittet ihr Kammernetzwerk und ggf. andere Stellen, z. B. evangelische Akademien, vor dem Hintergrund von sexualisierter Gewalt in evangelischer Kirche und Diakonie und im Dialog mit von sexualisierter Gewalt und sexueller Diskriminierung betroffener Personen, eine intensive Reflexion und Diskussion des evangelischen Sexualverständnisses vorzunehmen. Die Ergebnisse dieses Prozesses sollen in einer entsprechenden Publikation des Rates der EKD münden und eine gesamtkirchliche und öffentliche Diskussion anregen.
Weiteres Vorgehen
Das Kirchenamt der EKD bringt die Fragestellung in das Kammernetzwerk und ggf. andere Stellen ein, um eine gesamtkirchliche und öffentliche Diskussion anzuregen, und berichtet regelmäßig dem Beteiligungsforum über den aktuellen Stand. -
Maßnahme 6: Theologische Diskussion
Die EKD bittet ihr Kammernetzwerk und ggf. andere Stellen, z. B. evangelische Akademien, eine intensive Reflexion und Diskussion der durch die Aufarbeitungsstudie „ForuM“ identifizierten theologischen Fragestellungen vorzunehmen und Texte, Materialien oder Empfehlungen zu erarbeiten. Dazu gehören insbesondere Fragen der Rechtfertigungslehre, eines evangelischen „Vergebungszwanges“, des Amtsverständnisses und des Kirchenbildes als Verantwortungsgemeinschaft. Zusätzlich gilt es, durch geeignete Maßnahmen die kirchliche theologische Beschäftigung mit sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und der Diakonie zu stärken und die Aktivitäten hierzu in universitärer Forschung und Lehre anzuregen.
Weiteres Vorgehen
Das Kirchenamt der EKD bringt die Fragestellung in das Kammernetzwerk und ggf. andere Stellen ein, um eine gesamtkirchliche und öffentliche Diskussion anzuregen, und berichtet regelmäßig dem Beteiligungsforum über den aktuellen Stand. -
Maßnahme 7: Sensibilisierung in der Breite von Kirche und Diakonie
Die in den grundsätzlichen Empfehlungen der Aufarbeitungsstudie „ForuM“ zur Kommunikation und zum Kulturwandel benannten Punkte erfordern eine langfristige und breite Sensibilisierung der Mitglieder und Beschäftigen in Kirche und Diakonie. Dies ist ein wichtiger Schritt der Prävention und Verbesserung der Situation für betroffene Personen, die unter einer Kultur des Schweigens vor Ort leiden. Hierfür werden begleitend und unterstützend zu den anderen Punkten des Maßnahmenplans, die mit zur Sensibilisierung beitragen, zielgruppenspezifische Produkte und Projekte entwickelt.
Weiteres Vorgehen
Das Kirchenamt der EKD und die Diakonie Deutschland entwickeln in enger Abstimmung mit dem Beteiligungsforum und ggf. unter Heranziehung externer Expertise passende Produkte und Projekte begleitend zur Umsetzung des Maßnahmenplans. -
Maßnahme 8: Erinnern
Vor der Erinnerung und dem Gedenken braucht es Aufklärung und Aufarbeitung. Aber die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in evangelischer Kirche und Diakonie wird nicht aufhören oder zu einem bestimmten Zeitpunkt „beendet“ sein. Daher ist es wichtig, Grundlagen und Strukturen zu schaffen, die das Wissen über geschehenes Unrecht in der Kirche und Diakonie wachhalten und vermitteln. Dies kann über feste Erinnerungsorte geschehen, über Ausstellungen, Dokumentationen, digitale Landkarten oder künstlerische Aktionen. Das Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt in der EKD wird hierzu eine Grundlage entwickeln, an der andere Akteure und lokale Projekte orientieren können.
Weiteres Vorgehen
Das Beteiligungsforum entwickelt eine Orientierungsgrundlage und regt bei anderen Akteur*innen und Stellen lokale Pilotprojekte an. -
Maßnahme 9: Systematische Personalaktenanalyse
Die EKD ruft die Landeskirchen dazu auf, die vorliegenden Bestände der Personalakten von Mitarbeitenden mit direktem Kontakt zu Kindern und Jugendlichen zur Erfassung weiterer möglicher Fälle nach einem gemeinsamen Standard und unter Aufsicht der Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommissionen zu prüfen.
Weiteres Vorgehen
Das Kirchenamt der EKD entwickelt in Abstimmung mit dem Beteiligungsforum, den Landeskirchen und den Vorsitzenden der Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommissionen einen gemeinsamen Standard. Die Landeskirchen führen die Prüfung durch und berichten den zuständigen Unabhängigen Regionalen Aufarbeitungskommissionen. -
Maßnahme 10: Vereinheitlichung der Personal- und Disziplinaraktenführung in den Landeskirchen
Die Aufarbeitungsstudie „ForuM“ hat verdeutlicht, wie unterschiedlich die Personal- und Disziplinaraktenführung in den Gliedkirchen der EKD geschieht. Zur Unterstützung zukünftiger Aufarbeitungsschritte und zur Sicherstellung eines hohen Standards der Dokumentation werden die betreffenden Rechtsnormen sowie die Rechtspraxis überprüft und vereinheitlicht.
Weiteres Vorgehen
Das Kirchenamt der EKD entwickelt in Abstimmung mit dem Beteiligungsforum und in Zusammenarbeit mit den Fachpersonen der Landeskirchen eine Reform des geltenden Rechts, die dann im normalen Verfahren der EKD beraten und beschlossen wird. -
Maßnahme 11: Bereitstellung der Ressourcen zur Umsetzung des Maßnahmenplans
Die Umsetzung des Maßnahmenplans erfordert auf allen Ebenen kirchlichen und diakonischen Handelns die Bereitstellung von Personal und finanziellen Ressourcen. EKD und Diakonie Deutschland rufen ihre Landeskirchen und Landesverbände zu einer entsprechenden Bereitstellung dieser Mittel auf. Auf Ebene der EKD wird eine Stelle zur Koordination und Überprüfung der Umsetzung des Maßnahmenplans eingerichtet.
Weiteres Vorgehen
Die Leitungsorgane der EKD und der Diakonie Deutschland rufen mit dem Beschluss des Maßnahmenplans zur Bereitstellung der benötigen Ressourcen auf. -
Maßnahme 12: Gesellschaftlicher Dialog über Verfahren zur Ahndung von sexualisierter Gewalt
Die Aufarbeitungsstudie „ForuM“ weist auf verschiedene Änderungsperspektiven in kirchlichen Disziplinarverfahren hin, die über eine Reform des Disziplinarrechts der EKD, die bereits vor der Studienveröffentlichung begonnen wurde, mit aufgegriffen werden. Aber auch das kirchliche Disziplinarrecht kann nicht vollständig angemessen Taten sexualisierter Gewalt im Sinne betroffener Personen bearbeiten und auch ahnden. Die Defizite in der Strafverfolgung sexualisierter Gewalt (u. a. auch aufgrund von bestehenden Verjährungsfristen) erfordern einen offen gesellschaftlichen Dialog über Reformen und ggf. weiterführenden Wege. EKD und Diakonie Deutschland werden sich für einen solchen Dialog mit betroffenen Personen, gesellschaftlichen Institutionen, der UBSKM, dem staatlichen Gesetzgeber und den Fachwissenschaften einsetzen.
Weiteres Vorgehen
Die Bevollmächtige des Rates der EKD setzt sich in Abstimmung mit der Diakonie Deutschland und dem Beteiligungsforum für einen entsprechenden gesellschaftlichen Dialog ein und tritt in Kontakt mit relevanten Institutionen und Personen.
Hier können Sie den Maßnahmenplan samt Beschluss, Erläuterung und Umsetzungsplan herunterladen.
Einbringung des Maßnahmenplans
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