EKD kritisiert BGH-Urteil zur Präimplantationsdiagnostik
Der Präsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Hermann Barth, hat die Entscheidung des Bundesgerichtshofes kritisiert, nach der Gentest an Embryonen bei künstlicher Befruchtung nicht strafbar sind. Die Präimplantationsdiagnostik beruhe auf Verbrauch und Vernichtung menschlicher Embryonen, sagte Barth dem epd am Dienstag in Hannover. Die Würde auch des frühen menschlichen Lebens verbiete es jedoch, dass es "bloß als Material und Mittel zu anderen Zwecken genutzt und erst recht gar nur erzeugt wird".
Die Eindeutigkeit, mit der das Gericht seine Position vertrete, sei nicht gerechtfertigt, so Barth. Der Streit um die Zulässigkeit der Präimplantationsdiagnostik werde weitergehen.
Es sei zwar richtig, dass die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik in Deutschland pro Jahr nur eine geringe Zahl von Fällen betreffe, erklärte der Kirchenamtspräsident weiter. Doch sei das Risiko, das die ursprüngliche Begrenzung bei der Auslese von Embryonen nicht durchgehalten werden könne, "sehr groß". Die Beteuerung des BGH, einer unbegrenzten Selektion sei mit dem Urteil nicht der Weg geöffnet, sollte bei den bevorstehenden Debatten immer wieder eingeklagt werden.
07. Juli 2010
BGH: Präimplantationsdiagnostik verstößt nicht gegen Embryonenschutzgesetz - Kirchen kritisieren Urteil
Leipzig (epd). Die seit Jahren umstrittene Präimplantationsdiagnostik ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) in Deutschland erlaubt. Der Leipziger Strafsenat des Gerichts verwarf am Dienstag die Revision gegen einen Berliner Gynäkologen. Nach der bisherigen Rechtslage stelle das Vorgehen des Arztes, der künstlich befruchtete Eizellen vor dem Einsetzen in die Gebärmutter genetisch untersucht hatte, keinen Verstoß gegen das Embryonenschutzgesetz dar, hieß es in der Begründung. Die beiden großen Kirchen kritisierten das Urteil. Die Präimplantationsdiagnostik verstoße gegen die Würde auch des frühen menschlichen Lebens.
Der Vorsitzende Richter Clemens Basdorf betonte, mit dem Urteil seien schwere ethische Fragen verbunden. Es bleibe dem Gesetzgeber überlassen, ob er die Präimplantationsdiagnostik verbieten und damit strafbar machen wolle. Der Arzt hatte in Abstimmung mit den Paaren nur die Eizellen ohne genetische Defekte übertragen. Die anderen Embryonen ließ er absterben.
Die Staatsanwaltschaft Berlin als Kläger ging davon aus, dass diese als Präimplantationsdiagnostik bezeichnete Voruntersuchung nach dem Embryonenschutzgesetz verboten sei. Nach dem Gesetz wird mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe bestraft, wer Eizellen aus einem anderen Grund als zur Herbeiführung einer Schwangerschaft befruchtet oder einen menschlichen Embryo "zu einem nicht seiner Erhaltung dienenden Zweck abgibt, erwirbt oder verwendet".
Dagegen war der Reproduktionsmediziner vor dem Landgericht Berlin im vergangenen Jahr in erster Instanz freigesprochen worden. Die Richter des Bundesgerichtshofs folgten nun im Wesentlichen der Argumentation der Vorinstanz. Die Berliner Richter hatten argumentiert, dass der Arzt nicht entgegen, sondern gerade zur Herbeiführung einer Schwangerschaft gehandelt hatte. Der Vorbehalt der Paare, nur genetisch unbelastete Embryonen zu übertragen, stelle diese Primärabsicht nicht in Frage, so der BGH.
Gleichzeitig stimmten die Richter der Argumentation der Verteidigung zu. Demnach sei die rechtlich gestattete Untersuchung des Embryos nach der Einpflanzung in den Mutterleib mit erheblichen Risiken verbunden, während die Präimplantationsdiagnostik nach wissenschaftlichen Erkenntnissen risikofrei sei. Basdorf betonte allerdings, dass es bei dem Urteil nicht um die "medizinisch-ethisch gar nicht gangbare Selektion von Embryonen und damit verbunden, die Erlaubnis einer Produktion von Wunschkindern" gegangen sei.
Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe (CDU), warnte vor einer Freigabe der Auslese von Embryonen. Wenn die Präimplantationsdiagnostik grundsätzlich zugelassen werde, gebe es kein Halten mehr, warnte Hüppe im Deutschlandfunk. Dann gehe es nur noch um "Selektionen, was ist lebenswert und was ist nicht mehr lebenswert".
Der Präsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Hermann Barth, bedauerte die Entscheidung des Bundesgerichtshofes, nach der Gentests an Embryonen bei künstlicher Befruchtung nicht strafbar sind. Die Präimplantationsdiagnostik beruhe auf Verbrauch und Vernichtung menschlicher Embryonen, sagte Barth dem epd. Die Würde auch des frühen menschlichen Lebens verbiete es jedoch, dass es "bloß als Material und Mittel zu anderen Zwecken genutzt und erst recht gar nur erzeugt wird".
Ähnlich äußerte sich die katholische Deutsche Bischofskonferenz. Die Tötung von Embryonen, die nach Gentests nicht mehr in die Gebärmutter eingesetzt würden, "kann nicht erlaubt sein und widerspricht unserem Verständnis vom Menschen", so die Bischöfe. Auch sei zu befürchten, dass mit dem Urteil der Rechtfertigungsdruck auf behinderte Menschen und deren Eltern weiter wachse.
Der evangelische Thüringer Altbischof Christoph Kähler sagte im MDR, er wolle sich "gar nicht vorstellen, was dann passiert, wenn die Barrieren einfach beiseite geräumt werden". Kähler, der auch Mitglied des Nationalen Ethikrates ist, warnte davor auszuwählen, um zum Beispiel Erbmaterial zur Heilung für kranke Geschwister zu produzieren. Zudem gebe es Menschen, die dächten, "sie könnten auch Designerbabys haben", sagte der Theologe. "Das ist hoch problematisch."
07. Juli 2010