Luther hat die Welt für immer verändert
Beim Festakt in Wittenberg würdigen Politiker die Reformation
Wittenberg (epd). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat zum 500. Reformationsjubiläum den Wert der Religionsfreiheit für eine moderne und offene Gesellschaft unterstrichen. Überall dort, wo die Religionsfreiheit bedroht sei, nehme auch die Gesellschaft Schaden, sagte die Regierungschefin bei einem staatlichen Festakt in Wittenberg. Die Kirchen und andere Religionsgemeinschaften forderte sie zum interreligiösen Dialog auf.
Unter den Gästen des Festaktes waren neben Mitgliedern der Bundesregierung und mehreren Ministerpräsidenten auch zahlreiche Abgeordnete. Als Repräsentant der Länder, die durch die Reformation beeinflusst wurden, sprach der ungarische Präsident Janos Ader ein Grußwort.
Treibende Kraft
Merkel würdigte im Wittenberger Stadthaus die Bedeutung der Reformation, die Martin Luther mit der Veröffentlichung seiner Thesen anstieß. Luther habe einen Stein ins Rollen gebracht, „der sich nicht mehr aufhalten ließ und die Welt für immer veränderte“, sagte die Bundeskanzlerin. Demokratie und das Recht auf Religionsfreiheit seien zwar nicht direkte Auswirkungen der Reformation, die noch sehr im Mittelalter verhaftet gewesen sei, sagte Merkel. Die Reformation sei aber treibende Kraft zur Entwicklung des Kontinents gewesen. Die Lehre heute laute: „Wer Vielfalt bejaht, muss Toleranz üben“, so die Kanzlerin.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) nannte in einem Grußwort die Reformation ein „europäisches Ereignis“ mit globaler Wirkung. Er wünsche sich, dass Wittenberg mit dieser Lehre auch heute ein „Motor für europäische Integration“ sein könne, so Haseloff. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) würdigte die weltweite Resonanz des Jubiläumsjahres. „Wohl selten zuvor haben sich so viele Menschen mit einem prägenden Ereignis der frühen Neuzeit und vor allem mit der Suche nach unseren Wurzeln und Werten befasst“, sagte die CDU-Politikerin. Könnte Luther den Feierlichkeiten zum Reformationsjubiläum als „Ehrengast aus dem 16. Jahrhundert" heute beiwohnen, wäre ihm wohl „das ungläubige Staunen ins Gesicht geschrieben angesichts der Folgen seines Ringens um Gott und um die Erneuerung der Kirche“, sagte Grütters. Heute wäre die Botschaft dieses „störrischen Kirchenrebells“ vielleicht „gerade die Aufforderung, das Suchen und Zweifeln zu üben“, betonte die Kulturstaatsministerin.