Kahle Bäume im Wald

Stille Zeit

im November

Die Stille Zeit im November bildet den Abschluss des Kirchenjahres und wird einerseits vom katholischen Totengedenken (Allerheiligen, Allerseelen), andererseits vom Ewigkeitssonntag (Totensonntag) begrenzt. Der Monat November dient der Besinnung. Es ist Zeit, über das Leben nachzudenken. Werden und Vergehen, der Wechsel der Jahreszeiten, Buße und Neuanfang prägen diese Zeit des Jahres.

Was ist eigentlich so still am November? Dieser Monat zeichnet sich vor allem durch das Fehlen lauter und fröhlicher Feste aus. Er bildet den Abschluss des Kirchenjahres und ist einerseits vom katholischen Totengedenken (Allerheiligen / Allerseelen), andererseits vom evangelischen Totensonntag begrenzt. Der November besticht in christlichen Regionen durch seine Besinnlichkeit. Man denkt nach über Leben und Tod, trauert um Verstorbene und bekundet seine Bereitschaft zur Buße.

Diese Ausrichtung ging auf die sonntäglichen Lesungen im Gottesdienst in der Mitte des 1. Jahrtausends zurück. Für den November wurden Passagen alttestamentlicher Weissagungen vom Untergang der Welt ausgewählt. Damit wurde an die Themen Himmel und Hölle, Tod und das jüngste Gericht erinnert. So gliederte sich das Ende des Kirchenjahres insbesondere in Mitteleuropa nahtlos an bestehende Gewohnheiten an: Ähnlich wie im Spätherbst die Ernte eingebracht ist, die Tage kürzer werden und das nass-kalte Klima die Menschen in ihre Behausungen treibt, so kehrt man auch sich selbst verstärkt nach Innen und sinniert über Leben und Tod.

Das „letzte Stündlein“

So blieb das „memento mori“ nicht auf die gottesdienstlichen Lesungen beschränkt, sondern fand alsbald seinen festen Platz im weltlichen Leben: Weltgerichtsspiele brachten biblische Vorstellungen in Lied- und Szenenform auf die Straße. Die Verarbeitung der Endzeitthematik im kulturellen Umfeld nahm auch dramatische Formen an. Insbesondere im Barock fand eine detaillierte Todessymbolik in Sinnbildchen seinen Ausdruck, wobei bald auch eine Uhr das „letzte Stündlein“ ankündigte. Auch im heutigen Kulturleben haben die liturgischen Leitgedanken für die „stille Zeit“ ihre Spuren hinterlassen: Die Auseinandersetzung mit dem Tod wird in klassischen Konzertsälen sowie auf den Theater- und Opernbühnen gesucht.

  • Allerheiligen (1. November)

    Im 9. Jahrhundert brachten irisch-schottische Missionare das Fest, das in der katholischen Kirche als Feiertag begangen wird, auf den Kontinent. An diesem Tag wird aller Heiligen und Märtyrer gedacht.

    Im katholischen Kirchenkalender markiert der 1. November ein Hochfest: Zu diesem Termin wird offiziell aller christlichen Heiligen gedacht, was den Feierlichkeiten die Bezeichnung "Allerheiligen" einbrachte. Das Fest wird im Zeichen der Besinnung begangen und nimmt damit direkten Bezug zur herbstlichen Jahreszeit, der zunehmenden Dunkelheit und dem Rhythmus der Natur zwischen Leben und Vergänglichkeit. Dieser ernsten Grundstimmung hat die Kirche stets Rechnung getragen. Die Zeit vor dem ersten Advent wurde schon früh als Toten- und Todesgedächtnis liturgisch festgelegt und baut damit eine Brücke zum Untergang der Welt, dem Jüngsten Gericht und regt schließlich zur Reflektion über das eigene, christliche Leben an.

    Allerheiligen geht auf Gedenkfeiern für christliche Märtyrer in der Antike zurück. Im 4. Jahrhundert sollten diese Feiern im Rahmen des Osterfestkreises auch an das Leiden und Auferstehen Christi erinnern. Um die Weihe des römischen Pantheons zur Kirche Marias und aller heiligen Märtyrer hervorzuheben, verlegte Papst Bonifatius IV. das Fest 610 auf den 13. Mai. In der byzantinischen Kirche wird noch heute nach Pfingsten der "Sonntag aller Heiligen" gefeiert. In der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts dehnte Papst Gregor III. das Gedächtnis auf alle christlichen Heiligen aus. 835 wurde es schließlich durch Gregor IV. als "Fest aller Heiligen" auf den 1. November datiert. Im 9. Jahrhundert breitete sich Allerheiligen durch den Einsatz irisch-schottischer Missionare verstärkt auf dem europäischen Kontinent aus.

    Durch die Dopplung der Gedenkfeiern Allerheiligen und Allerseelen wird die erste Novemberwoche heute auch als Trauer- oder Seelenwoche bezeichnet. Die Brauchpraxis der Festtage ist inzwischen stark verwoben und findet maßgeblich im katholischen Kontext statt. Regionale Sonderformen - das Schmücken der Gräber, verstärkte Grabbeleuchtung durch Kerzen, Öffnung von Beinhäusern, Totenämter, gemeinsames Essen etc. - ergänzen den kulturellen Handlungsrahmen. Eine weitere Bedeutung erhält der regionale Feiertag hinsichtlich des vorgelagerten Halloweens. Da der 1. November in katholischen Gebieten meist arbeitsfrei bleibt, lässt sich das zentrale Element der nächtlichen Feier überhaupt breitflächig umsetzen, eine gastronomische Kommerzialisierung sorgt für Popularitätszuwachs. Am Ewigkeitssonntag, Ende November, gedenkt die Evangelische Kirche der Toten. Deshalb wird dieser Tag auch Totensonntag genannt.

    Autor: Lars Winterberg

  • Allerseelen (2. November)

    Als zweiter Festtag des katholischen Totengedenkens dient Allerseelen dem Gedenken aller Verstorbenen. Traditionell gehören Andachten, Armenspenden und das Entzünden von Friedhofslichtern zu den Brauchhandlungen. Bereits im Jahre 998 wurde der Gedächtnistag erstmals begangen. Im Jahr 1006 ordnete Papst Johannes XVIII. Allerseelen als verbindlichen Feiertag für die gesamte Kirche an. Da der Brauch auf frühchristlichen Vorstellungen vom Fegefeuer fußt, wird er in der evangelischen Kirche abgelehnt.

    Allerseelen ist der zweite Festtag des katholischen Totengedenkens. Seine Einführung geht auf Odilo von Cluny, einen Abt des Cluniazenserordens, zurück. Dieser soll am 2. November 998 erstmals einen Gedächtnistag begangen haben, der allen verstorbenen Christen galt. Er ergänzte damit die Gedenkfeier der Märtyrer des christlichen Glaubens (Allerheiligen). Im Jahre 1006 ordnete Papst Johannes XVIII. Allerseelen als verbindlichen Feiertag für die gesamte Kirche an. In diesem Zusammenhang wurde der November auch bald zum "Seelenmonat".

    Die Brauchpraxis zu Allerseelen ist regional stark unterschiedlich und kann sowohl Armenspeisungen und Spenden als auch Lichterbräuche und Andachten beinhalten. Die verschiedenen Formen der Brauchhandlungen gehen jedoch allesamt auf das frühchristliche Verständnis vom Purgatorium - dem Fegefeuer - zurück. Es handele sich hierbei um einen Ort der Seelenreinigung, der dem Zutritt zum Himmel vorgeschaltet ist - eine Vorstellung, die letztmals im Jahre 1563 durch das Trienter Konzil offiziell als katholischer Glaubensgrundsatz ausgewiesen wurde. Ferner ging man davon aus, dass die guten Taten der Lebenden die Last der Verstorbenen schmälern und damit ihre Aufenthaltsdauer im Fegefeuer verkürzen könne. Die evangelische Kirche lehnt diese Gedanken ab: Allein aus dem Glauben und durch die Gnade Gottes werden die Menschen gerettet - unabhängig ihrer guten Werke.

    Autor: Lars Winterberg

  • Buß- und Bettag

    Der Buß- und Bettag ist in der evangelischen Kirche ein Termin der Besinnung und Neuorientierung. Obwohl der Festtag im kirchlichen Leben der Protestanten tief verankert ist, verlor er im Jahre 1995 zur Finanzierung der Pflegeversicherung seinen gesetzlichen Schutz. Seit 1532 sind Festgottesdienste nachgewiesen, die anfangs allerdings an unterschiedlichen Tagen abgehalten wurden. In vielen Ordnungen der evangelischen Kirche wurde der Buß- und Bettag auch zu aktuellen Anlässen vorgeschrieben und erfuhr zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) eine besondere Ausbreitung. Im Jahre 1852 wurde für alle Protestanten der Mittwoch zwischen Volkstrauertag und Ewigkeitssonntag als einheitlicher Termin festgelegt.

    Buße und Sühne gehören in allen Konfessionen zum gelebten Alltag, allerdings in unterschiedlichen Ausprägungen. In besonderen Notfällen oder bei drohenden Katastrophen hielt man schon im Mittelalter so genannte Sühnetage ab. Dies konnte auch mehrmals im Jahr der Fall sein. Die protestantischen Kirchen übernahmen diese Tradition als Tage der Besinnung und Neuorientierung im Leben. Sie dienten als Ersatz für die abgelehnte Bußzeit von Aschermittwoch bis Ostern. Bereits 1532 wurden in Straßburg spezielle Bußgottesdienste abgehalten.

    Vereinheitlichung des Termins

    In den Folgejahrhunderten entwickelte sich eine Vielzahl von Buß- und Bettagen: In 28 Ländern waren bis zu 47 verschiedene Termine bekannt. Evangelische Kirchenordnungen schrieben diese für aktuelle Anlässe vor. Eine besondere Ausbreitung erfuhren die Buß- und Bettage während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648), der mit seinen Schrecken häufige Anlässe dafür bot. Die Eisenacher Konferenz evangelischer Kirchenregierungen legte 1852 den Festtag auf einen singulären Termin: der Mittwoch nach dem (später so genannten) Volkstrauertag und vor dem letzten Sonntag im Kirchenjahr (Ewigkeitssonntag).

    Kein Feiertag mehr

    Im Jahre 1994 wurde der gesetzliche Schutz für den Buß- und Bettag in allen deutschen Bundesländern bis auf Sachsen aufgehoben. Damit sollten die Kosten des Arbeitgeberanteils an der Pflegeversicherung gegenfinanziert werden. Auch weiterhin finden natürlich am Vormittag oder Abend des Buß- und Bettages in allen evangelischen Kirchen gut besuchte Gottesdienste statt, die gegen Ende des Kirchenjahres Selbstbesinnung und Neuorientierung bieten.

    Autoren: Simone Assmann, Lars Winterberg

  • Ewigkeitssonntag / Totensonntag

    In allen Kulturen, Religionen und Konfessionen nimmt das Totengedenken einen wichtigen Platz ein und gehört zum menschlichen Zusammenleben. Allerdings lehnten die Reformatoren den katholischen Seelenkult ab und schafften das Allerseelenfest (2. November) in den evangelischen Kirchen ab. Natürlich sollte es weiterhin einen Tag geben, an dem aller Toten gedacht wird.

    König Friedrich Wilhelm III. von Preußen ordnete 1816 an, jeweils am letzten Sonntag des Kirchenjahres, dem letzten Sonntag vor dem 1. Advent, der Verstorbenen zu gedenken.

    In allen Kulturen, Religionen und Konfessionen nimmt das Totengedenken einen wichtigen Platz ein und gehört zum menschlichen Zusammenleben. Allerdings lehnten die Reformatoren den katholischen Seelenkult ab und schafften das Allerseelenfest (2. November) in den evangelischen Kirchen ab. Natürlich sollte es weiterhin einen Tag geben, an dem aller Toten gedacht wird. König Friedrich Wilhelm III. von Preußen ordnete 1816 an, jeweils am letzten Sonntag des Kirchenjahres, dem letzten Sonntag vor dem 1. Advent, der Verstorbenen zu gedenken. Anlass waren möglicherweise die vielen Gefallenen der Befreiungskriege 1813, förderlich sicher auch die Welle der Empfindsamkeit im Zeitalter der Romantik, die das Gedenken an die Verstorbenen verstärkt in Mode brachte. Das geistliche Totengedenken wurde außerhalb Preußens von anderen protestantischen Kirchen später übernommen und sehr populär.

    Bräuche am Totensonntag

    Am Ewigkeitssonntag besuchen die Menschen die Friedhöfe und schmücken die Gräber ihrer Angehörigen. Die Verstorbenen des ausgehenden Kirchenjahres werden namentlich im Gottesdienst genannt und zusammen mit ihren Angehörigen in das Fürbittengebet mit aufgenommen. Der Dank für das Leben und der Trost für die Trauernden verbinden sich in der christlichen Hoffnung auf die Auferstehung von den Toten.

    Autorin: Simone Assmann

  • Friedensdekade

    Seit 1980 findet in der Zeit vom drittletzten Sonntag des Kirchenjahres bis Buß- und Bettag die Ökumenische Friedensdekade statt. Viele Kirchengemeinden gestalten sie mit besonderen Veranstaltungen und Gottesdiensten.

    Die ökumenische Friedensdekade findet alljährlich in den zehn Tagen (= Dekade) vor dem Buß- und Bettag statt. Die Idee dazu stammt aus den Niederlanden. Dort hatte der "Interkirchliche Friedensrat" die Friedenswoche eingeführt. 1980 wurde diese Idee von den Kirchen in der Bundesrepublik Deutschland und in der DDR übernommen. Von Anfang an war das Symbol "Schwerter zu Pflugscharen" zum Erkennungszeichen der Friedensdekaden in der DDR geworden. Der Text ist ein Zitat aus dem Buch des Propheten Micha (4,3) bzw. Jesaja (2,4): "Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen." Das Bild ist die Abbildung eines Denkmals von Jewgeni Wutschetitsch. Es steht sowohl in der Tretjakow-Galerie in Moskau wie auch als Geschenk der Sowjetunion auf dem Gelände des UNO-Hauptgebäudes in New York und zeigt einen muskulösen Heros, der ein Schwert zu einer Pflugschar umschmiedet. Bei der Vorbereitung der ersten Friedensdekade 1980 hatte der damalige sächsische Landesjugendpfarrer Harald Bretschneider dieses Symbol für einen Aufruf zu Buß- und Bittgottesdiensten ausgewählt und mit dem Motto "Frieden schaffen ohne Waffen" verbunden.

    Viele Jugendliche trugen dieses Symbol als Aufnäher, was zu schweren Auseinandersetzungen mit dem SED-Regime führte. In der Bundesrepublik wurde 1980 ebenfalls zum ersten Mal die Friedenswoche veranstaltet. Seit 1992 wird die Friedensdekade von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) zusammen mit einem Gesprächsforum durchgeführt.

     EKD

  • Halloween

    Halloween stammt von den britischen Inseln und wurde im 19. Jahrhundert durch irische Emigranten an die amerikanische Ostküste transportiert. In den USA entwickelte sich der Brauch allmählich zur heute bekannten Form des Kürbis-Kults. Das deutsche Fest kann demnach als kommerzieller Kultur-Import aus Amerika bezeichnet werden. Bei seiner plötzlichen Ausbreitung Ende der 1990er Jahre kam es zu einer höchst ergiebigen Wechselwirkung zwischen Wirtschaft und Medienlandschaft, die dem herbstlichen Spuk eine enorme öffentliche Präsenz und breitflächige Aufnahme sicherte. Aufgrund diffuser Ursprungstheorien und der verworrenen Symbolik (z. B. der Kürbis "Jack'O Lantern") vermag sich Halloween zudem relativ mühelos in bestehende Kulturmuster einzufügen.

    Es ist der 31. Oktober und das Reformationsfest wird gefeiert. Was aber hat es an diesem Tag mit den kostümierten Schauer-Gestalten auf sich, die hier und da um die Häuser ziehen und mit drohenden Stimmen "Süßes - sonst gibt's Saures" fordern? Warum sind schon seit Wochen alle Litfasssäulen mit Werbung für Gruselparties übersät und wieso grinst aus jedem zweiten Schaufenster eine Kürbisfratze? Der Grund liegt auf der Hand: Seit Ende der 1990er Jahre hält in unserem Land ein Kulturmuster Einzug, das bis dahin allenfalls hier stationierten US-Soldaten und Einwanderern bekannt war oder zumindest nur hinter verschlossenen Türen einschlägiger Irish-Pubs zelebriert wurde.

    Kultur-Import

    Bei Halloween handelt es sich um einen Kultur-Import aus Amerika - doch die Wurzeln dieses Brauches liegen tiefer. Bevor sich Halloween nach und nach zu dem heute bekannten US-Brauch entwickeln konnte, musste es im 19. Jahrhundert erst einmal als kulturelles Gepäck irischer Einwanderer die amerikanische Ostküste erreichen. Vielen Spekulationen zum Trotz handelt es sich bei diesem Fest jedoch nicht um ein Relikt grausamer Opferzeremonien der heidnischen Druiden. Zwar lassen sich theoretisch Bezüge zum keltischen Neujahrsfest Samhain herstellen, doch handelte es sich keinesfalls um die Verehrung eines mysteriösen Totengottes, sondern vielmehr um ein Erntefest zum Abschluss des Sommerhalbjahres.

    All Hallows Eve(-ning)

    Sicher ist, dass Halloween sprachlich von "All Hallows Eve(-ning)" abstammt, sich seine Bezeichnung auf Allerheiligen, also auf den christlichen Kalender bezieht. So lassen sich verschiedene Brauchelemente eher im Kontext des christlichen Totengedenkens interpretieren, und den irischen Kelten muss - sicherlich wider die journalistische Sensationslust - zunehmend das Urheberrecht für Halloween entzogen werden.

    Halloween in Deutschland

    Die Erfolgsgeschichte Halloweens beginnt in den 1980er Jahren. Mit der Veränderung der Medienlandschaft machen Hollywood-Filme und US-Fernsehserien im täglichen Fernsehangebot das Publikum zunehmend mit neuen Kulturmustern vertraut. Zum Ende der 90er Jahre wird mit Halloween eine Lücke im deutschen Konsumgütermarkt erkannt und genutzt. Nicht nur in Kaufhäusern gehen fortan Grusel-Accessoires über die Ladentheke, auch andere Wirtschaftsbereiche, unter anderem die Gastronomie, nutzen die neue Symbolik für ihre Werbung.

    Kürbis-Kult

    Damit war der wichtigste Grundstein für die Ausbreitung des Kürbis-Kults gelegt. Von nun an gingen die Medien und der Handel bei der Vermarktung des jungen Brauchs Hand in Hand. Das Phänomen Halloween, inzwischen als Produkt und Symbol in den sozialen Nahbereich der Bevölkerungsmehrheit transportiert, regte erneut die Presse zur verstärkten Thematisierung an, TV-Sender nehmen Halloween in ihr Programm auf und auch Bücher à la Harry Potter sorgen für eine Popularisierung des amerikanischen Brauchmusters. Damit schließt sich ein Kreislauf, der in bislang beispielloser Geschwindigkeit die Übernahme eines Kulturmusters ermöglicht. Der "Eroberungsfeldzug" von Halloween hat aber nicht zuletzt damit zu tun, dass dieses Fest zahlreiche, Anknüpfungspunkte an regionale Traditionen wie die Kostüm- und Feierkultur des Karnevals, bietet.

    Autor: Lars Winterberg

  • Martin-Luther-Singen

    In Bielefeld und Umgebung war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts das so genannte Martin-Luther-Singen weit verbreitet. Es fand jedes Jahr am Abend des 10. November statt. In dem überwiegend evangelischen Gebiet gingen die Kinder im Alter von sechs bis ca. zwölf Jahren von Tür zu Tür, um im Namen von Martin Luther Gaben zu erheischen. Diese Gaben waren u. a. Äpfel, Birnen, Nüsse, Pfefferkuchen, in städtischen Haushalten auch Bonbons und Kekse.

    Nach und nach kam es immer öfter zu Beschwerden, vor allem von Geschäftsinhabern. Diese wurden zunehmend mit wahren Rudeln von Kindern konfrontiert, die lautstark ihre Gaben einforderten und häufig mehr als einmal vor der gleichen Tür erschienen. Vor allem Lehrer und Pfarrer wollten dieser Verrohung des traditionellen Martinssingens entgegensteuern.

  • Martinsabend und Martinsumzug

    Der Martinsabend erinnert an die Legende der Mantelteilung. In seiner heutigen Form ist er eine Mischung aus unterschiedlichen Bräuchen, die um die Jahrhundertwende (19./20. Jahrhundert) bekannt waren. Der Verlauf des Martinsabends gestaltet sich zumeist wie folgt. Die Organisation eines Martinszuges wird durch Sammeln von Geldern seitens der Schulen und Vereine oder auch der Kirchengemeinde organisiert und finanziert. Eine Musikkapelle und ein als Sankt Martin verkleideter Reiter sind in vielen Gemeinden feste Bestandteile des Umzuges. Die Kinder tragen Laternen und singen Martinslieder. Üblich ist ein Familiengottesdienst vor Beginn des Umzuges. Eine besondere Aufgabe ist für die Kinder oft das Sammeln von Holz für das Martinsfeuer, das am Ende des Umzugs entflammt wird.

    Im Anschluss werden Martinsbackwaren verteilt und/oder es erfolgen Heischegänge der Kinder. Diese ziehen dann von Haus zu Haus und singen Martinslieder, um an Leckereien zu gelangen. Den Ausklang des Abends bildet das Martinsmahl, zu dem man sich zu Hause, in Gaststätten oder in Gemeindesälen trifft.

  • Martinsgans

    Die Verbindung des Martinstages zu den Gänsen hat verschiedene Gründe. Zum Martinstag lief das Pachtjahr aus. Die Gans galt als Währung der armen Leute. Der Federkiel diente zum Schreiben und schreiben konnte nur der Adel, nicht aber die Bauern. Auch die Gänsedaunen waren bei reichen Leuten sehr beliebt, garantierten sie doch ein warmes und weiches Bett.

    Der Gänsebraten zum Martinstag war die letzte Gelegenheit für ein ausgiebiges Festmahl vor der damaligen Adventsfastenzeit. Die Gänse konnten zu dieser Jahreszeit nicht mehr auf die Weide. Durch die Stallfütterung waren sie nun am fettesten und ergaben einen köstlichen Festbraten. Im Winter war der Platz in den Ställen knapp bemessen, somit nutzten viele Bauern noch die Gelegenheit, auf den Martinimärkten einige ihrer Gänse zu verkaufen, um gut über den Winter zu kommen.

  • Martinstag (11. November)

    Als römischer Offizier teilte Martin seinen Mantel mit einem Bettler. Später wurde er Bischof von Tours (gest. 397) und wegen seiner vielen guten Taten heilig gesprochen. Luther, geboren am 10. November 1483, wurde am Martinstag auf diesen Namen getauft. So feiert man heute entweder den katholischen Heiligen mit Laternenumzügen und Martinsfeuern oder den Reformator. Vor allem Kinder haben dabei ihren Spaß: In Gruppen ziehen sie durch den Ort, singen Martinslieder und heischen Süßigkeiten.

    Es war tiefer Winter. Martin war in Armiens als Soldat stationiert, als er etwa im Jahr 334 vor dem Stadttor einem unbekleideten und bedürftigen Mann begegnete. Mit seinem Schwert teilte er seinen Mantel und schenkte die eine Hälfte dem armen Bettler und erwies ihm so seine Barmherzigkeit. Martin von Tours ist in der katholischen Kirche einer der populärsten Heiligen und hat auch in der evangelischen Tradition eine große Bedeutung. Sein Gedenktag ist der 11. November. An diesem Tag wurde der Bischof von Tours um das Jahr 397 zu Grabe getragen. Sankt Martin ist als Patron der Bauern, Winzer, Hirten und des Viehs bekannt.

    Ein Rechtstermin

    Der Martinstag war der Termin für den Almabtrieb, Auszahlung des Hirtenlohns und für die Überreichung der Martinigerte. Der Martinstag hatte zudem eine große Bedeutung als Rechtstermin (Gesindewechsel, Zinstermin, Markttag), da im Anschluss eine 40 Tage dauernde Fastenzeit begann. In dieser "geschlossenen Zeit" waren solche Geschäfte nicht mehr möglich. Der Martinsabend wird meist am 11. November, dem Todestag des Heiligen Martin von Tours gefeiert. Heutzutage ist es auch üblich, am Vortag oder am darauf folgenden Wochenende zu feiern, wenn der 11. November auf einen Werktag fällt.

    Fest der Kinder

    Im Gegensatz zu vielen anderen Brauchterminen erfreut sich der Martinstag großer Beliebtheit. Während andere religiöse Festtage eher in den Hintergrund traten, hat sich der Martinsbrauch im 20. Jahrhundert stark ausgebreitet. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass der Martinstag als Fest der Kinder gilt und er sich gut in den Alltag von Kindergärten und Schulen einbinden lässt.

    Bezug zu Martin Luther

    Auch in protestantischen Gegenden wird der Martinstag gefeiert, hier teilweise mit Bezug auf Martin Luther. Er wurde am 10. November geboren und am darauffolgenden Tag auf den Namen Martin getauft. In protestantischen Gegenden hat der Martinsbrauch seine Form zwar beibehalten, doch werden oftmals so genannte Lutherbrötchen anstelle von Brezeln und Weckmännern verteilt. Besonders in der Blumenstadt Erfurt, in der Martin Luther als Student wohnte, ist der 11. November von großer Bedeutung. Hier feiert man zu Ehren des Reformators ein Bescherfest für die Kinder.

    Espelkamp 1953

    Die Stadt Espelkamp-Mittwald war damals eine typische Vertriebenenstadt. Nach dem Krieg wurde Espelkamp zur neuen Heimat hunderter Evakuierter aus Ostdeutschland und Schlesien. Diese waren überwiegend katholisch, was sie dennoch nicht davon abhielt, am evangelischen Brauch des Martin-Luther-Singens am 10. November teilzunehmen. Im Jahre 1953 erfuhr der Martinsbrauch in Espelkamp aber eine Neuformung. Im Herbst 1953 hatte der Rektor der Espelkamper Ostschule die Idee, dem Martinstag einen neuen Sinn zu geben. Er wollte eine aktive Hilfeleistung für die Menschen in der damaligen Ostzone erwirken. Diese Idee wurde zusammen mit dem Espelkamper Pastor Platinko im Evangelischen Arbeitskreis besprochen, und schließlich unter Mitwirkung der gesamten Gemeinde, die alle Konfessionen mit einbezog, durchgeführt. Das Experiment hatte solch durchschlagenden Erfolg, dass das Martinssingen auch in den folgenden Jahren in dieser neuen Form durchgeführt wurde. Man wertete es als Beitrag zur "stillen Wiedervereinigung" ohne konfessionelle Rivalität und Grenzen. Der Espelkamper Martinstag war zum allgemeinchristlichen Tag des Helfens geworden.

    Quelle: Angermann, G.: Das Martinsbrauchtum in Bielefeld und Umgebung im Wandel der Zeiten. In: Rheinisch- westfälische Zeitschrift für Volkskunde, 1957. S. 231-256.

    Martinsbräuche und Wetterregeln

    Martini 1810
    Durch ein Edikt vom 9. Oktober 1807 wurde an diesem Tag die Leibeigenschaft aufgehoben. Der preußische Staatsmann Freiherr vom Stein legte den 11. November 1810 als letztmöglichen Termin der Bauerbefreiung fest.

    Martinioktav
    Die Woche nach dem Martinstag galt lange Zeit als Jahresausklang. In dieser Zeit wurden nur die wichtigsten Arbeiten im Stall und auf dem Feld ausgeführt. Diese Zeit wurde auch Schlum- oder Schlamperwoche genannt, da das Gesinde Zeit zum Entspannen hatte bzw. abgelöst wurde.

    Wetterregeln

    • St. Martin setzt sich schon mit Dank am warmen Ofen auf die Bank.
    • St. Martin kommt nach alten Sitten zumeist auf einem Schimmel geritten.
    • Schon nach der Allerheiligenmiss ist der Bauer des Winters gewiss; wenn er dann noch nicht kommen mag, dauert es nur bis Martinitag.
    • "Michel mahnt, Martin zahlt." (St. Martin als Steuerheiliger)

    Autorin: Simone Assmann

  • Reformationstag

    95 Thesen, die die Welt veränderten - für immer! Martin Luther veröffentlichte sie am Abend vor Allerheiligen im Jahr 1517 in Wittenberg. Die Reformation stellt die Bibel, das Wort Gottes in den Mittelpunkt. Mit Luthers Übersetzung und der Einführung des Buchdrucks fand man die Bibel bald in jedem Haus. Feiern zum Reformationsgedenken sind schon für das 16. Jahrhundert nachweisbar. In dieser Zeit waren die Termine allerdings noch regional unterschiedlich: Erst im Jahre 1667 legte der Kurfürst Georg II. von Sachsen den Gedächtnistermin für alle Protestanten einheitlich auf den 31. Oktober und stellte damit die Verbindung zu Luthers legendärem Thesenanschlag an der Wittenberger Schlosskirche her.

    Seit dem Jahr 1667 feiern evangelische Christen den Reformationstag am 31. Oktober. Dieses Datum geht auf eine Anordnung Georg II. von Sachsen zurück, der damit das Reformationsgedenken aller Protestanten auf diesen Tag legte. Zuvor regelten verschiedene Kirchenordnungen die Feierlichkeiten - die zum Teil über mehrere Tage ausgedehnt waren - regional unterschiedlich: Mal konzentrierte man sich auf den Geburtstag Martin Luthers (10. November 1483), mal auf seinen Todestag (18. Februar 1546). Andernorts spielte gar der 25. Juni, der Übergabetag der Augsburgischen Konfession (1530), eine wichtige Rolle.

    95 Thesen

    Der 31. Oktober bezieht sich auf den "legendären" Thesenanschlag Luthers an die Tore der Wittenberger Schlosskirche; der als Ereignis historisch nicht nachweisbar ist. Sicher ist, dass Luther am Vorabend zu Allerheiligen 1517 mit einer provokanten Denkschrift zur theologischen Diskussion an die Öffentlichkeit trat, da insbesondere an Allerheiligen die kirchliche Obrigkeit zu disputieren pflegte. Der Termin des 31. Oktober stellt den Reformationstag in einen Bezug zum katholischen Totengedenken am 1. November: Das ganze Leben der Menschen solle eine Buße sein, forderte Luther und nahm so das "memento mori" auf, das den Abschluss des damaligen Kirchenjahres bestimmte.

    Bibelübersetzung

    Die Reformation stellte die Bibel, das Wort Gottes, ganz in den Mittelpunkt. Luther übersetzte das Alte und das Neue Testament ins Deutsche, so dass die Bibel durch den aufkommenden Buchdruck ein weite Verbreitung in der Bevölkerung fand. Ein Christ solle sich nur an der Bibel als Richtschnur orientieren, nicht aber an kirchlichen Auslegungstraditionen, so Luther. Die Menschen könnten sich nicht durch die eigenen guten Werke den Frieden mit Gott verdienen, dieser werde den Menschen im Glauben geschenkt.

    Autor: Lars Winterberg

  • Volkstrauertag

    Der Volkstrauertag ist ein Gedenktag, der erstmalig vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge in den 1920er Jahren eingeführt wurde. Man begeht diesen Tag seit 1952 alljährlich zwei Wochen vor dem ersten Advent als Tag nationaler Trauer und Mahnung zum Frieden.

    Der Volkstrauertag ist zwar kein kirchlicher Feiertag, wird jedoch in christlichen Gottesdiensten zum Anlass genommen, die Verantwortung für Frieden, Toleranz und Versöhnung besonders zu thematisieren. Dieser Gedenktag wurde vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge 1925 eingeführt und sollte an die Opfer des Ersten Weltkriegs erinnern. Im Nationalsozialismus wurde der Volkstrauertag jedoch zum "Heldengedenktag" umfunktioniert, auf den 16. März datiert und per Gesetz zum Staatsfeiertag erklärt. Erst nach 1945 griff der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge den Ursprungstermin erneut auf. Um aber eine klare Abgrenzung zum propagandistischen Heldengedenktag zu schaffen, verlegte man den Volkstrauertag an das Ende des Kirchenjahres und somit in eine Phase der Ruhe und Kontemplation. Seit 1952 gedenkt man der Opfer beider Weltkriege am vorletzten Sonntag vor dem ersten Advent.

    Der Volkstrauertag ist noch heute ein zentral verordneter Feiertag, gilt der nationalen Trauer, der Mahnung zum Frieden und bleibt damit Ausdruck politischer Einflussnahme. Zentrale Gedenkveranstaltungen dienen der Vergangenheitsbewältigung, kanalisieren die Trauer um persönliche Verluste und verknüpfen diese medienwirksam mit der Verurteilung von Gewaltherrschaft generell. Seit den 1990er Jahren gilt die "Neue Wache" in Berlin-Mitte als "Zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland". Durch staatliche Inszenierung - parallel zum Verbot von Festen und Musikveranstaltungen - wird nationale Verbundenheit gestärkt, gleichsam aber Reue und Demut gesetzlich verordnet und damit für eine internationale Öffentlichkeit markiert. Brauchhandlungen im privaten Bereich sind hingegen eher gering ausgeprägt. Die Kirchen greifen das Thema des Volkstrauertags in Veranstaltungen der Friedensdekade auf.

    Autor: Lars Winterberg