Universiade Gwangju 2015
18 Medaillen im Gepäck - fünf davon sind golden
Die deutsche Studierendennationalmannschaft kehrt erfolrgeich von der Universiade zurück
"Der gute Zusammenhalt hat unsere Mannschaft stark gemacht," so lautete am Ende der Universiadetage das Resumée von Felix Arnold, dem Delegationsleiter des jungen deutschen Teams - der Altersdurchschnitt der Sportler/-innen lag gerade mal bei knapp 23 Jahren. Dabei beeindruckten nicht nur die starken sportlichen Leistungen, etwa die der Leichtathleten oder Ruderer oder die Goldmedaille am Reck von Deutschlands bestem Turner Fabian Hambüchen, die für uns die Zeit in Gwangju zu einem unvergesslichen Erlebnis werden ließen. Sondern gerade das gute Miteinander innerhalb der Mannschaft und das gegenseitige Anfeuern an den unterschiedlichen Wettkampfstätten wurde von allen sehr geschätzt. Als die Basketballer am vorletzten Abend im Finale gegen die US-Boys antraten, standen die übrigen Teammitglieder wie eine Wand hinter ihren Mannschaftskameraden. Nach zwei gemeinsamen Wochen kehrte die Studierendennationalmannschaft schließlich mit 18 Medaillen im Gepäck zurück nach Hause, darunter fünf goldenen.
Dass auch Sportpfarrer zur Delegation gehören, ist mittlerweilen seit vielen Jahren gute Tradition, auf die der adh (Allgemeine Deutsche Hochschulsportverband) großen Wert legt. Die Arbeitsbedingungen waren für meinen katholischen Sportpfarrer-Kollegen Jürgen Hünten aus Düsseldorf und mich wieder hervorragend. Das Leben unter einem Dach im Athletendorf eröffnete viele Möglichkeiten für intensive Gespräche. Zudem waren wir eingebunden in die Organisation des bundesdeutschen Teams und die Abläufe der Wettkampftage. So konnten wir bereits bestehende Kontakte intensivieren und neue Beziehungen aufbauen. Bei den Fahrten zu den Wettkampfstätten, den gemeinsamen Mahlzeiten, den Ausflügen und abendlichen Medaillenfeiern ergab sich manch interessanter Gedankenaustausch über Gott und die Welt.
Gerade auch die zahlreichen Begegnungen im religiösen Zentrum des Athletendorfs empfand ich bei meiner 7. Universiade-Teilnahme erneut als eine große Bereicherung. Von einem guten Zusammenhalt untereinander sind allerdings die südkoreanischen Kirchen weit entfernt. So fiel mir wieder auf, dass in Südkorea wie in anderen asiatischen Ländern Protestantismus und Katholizismus als verschiedene Religionen betrachtet werden. Im religiösen Zentrum gab es darum neben einem buddhistischen, muslimischen und dem christlichen Andachtsraum auch einen eigenen katholischen. Von einheimischen Pastoren wurde mir die die Situation der evangelischen Gemeinden in Südkorea geschildert. Deren Gemeindegliederzahl werde auf rund10 Millionen geschätzt, bei ca. 50 Millionen Einwohnern. Die größte Denomination im Land seien die Presbyterianer. Allerdings fehle es den zahlreichen unterschiedlichen Glaubensrichtungen an dem Bemühen um eine bessere Zusammenarbeit. Dies wird von vielen bedauert, weil die Kirchen somit keinen bemerkenswerten Konsens in gesellschaftlichen Fragen erreichen könnten.
Um selbst einen Eindruck zu gewinnen, haben wir am Sonntagmorgen den Gottesdienst in der großen modernen presbyterianischen Joongang-Kirche unweit des Universiadedorfes besucht und mit ca. 800 Frauen und Männer den 90-minütigen Gottesdienst gefeiert. Im Fürbittengebet wurde dabei auch an die Menschen in Nordkorea gedacht und der Wunsch nach einer Überwindung der Trennung von Nord- und Südkorea vor Gott gebracht. In vielen Gesprächen rund um das Universiade-Geschehen schien es jedoch so zu sein, dass von Seiten der Südkoreaner eine ausführlichere Antwort geblockt wird, wenn das Gespräch auf die Spaltung des Landes kommt. Man habe freilich Angst vor einem militärischen Schlag Nordkoreas, ansonsten war nicht viel über eine mögliche Wiedervereinigung auf der koreanischen Halbinsel zu vernehmen. Es wird jedoch auch nicht schlecht über die Menschen in Nordkorea, das als das abgeriegelste Land der Erde gilt, geredet.
Auf die Frage, wieviele Christen denn möglicherweise noch im Norden lebten, hörten wir, dass es keine zuverlässigen Angaben über die Lage der Kirchen dort gebe, wo kirchliche Strukturen nach dem Koreakrieg offiziell verschwunden seien und jede Religionsausübung verfolgt werde.
Bei früheren Universiaden gab es teilweise eine gesamtkoreanische Mannschaft. Doch dieses Mal war das auf Grund der aktuellen politischen Gegebenheiten leider nicht der Fall. So lässt sich das Leben in Südkorea in vielerlei Hinsicht mit den Stichworten "fehlende Zusammenarbeit und Wunsch nach Einheit" umschreiben. Jedenfalls präsentierte sich das hochentwickelte Industrieland an der geographischen Nahtstelle von politisch unterschiedlichen Blöcken den Gästen der 28. Sommeruniversiade aus aller Welt als ein sehr guter und freundlicher Gastgeber.
"You are shining" - "Du kannst die Welt verändern"
Pfarrer Thomas Weber begleitet die deutsche Studierendenmannschaft in Südkorea
Die erste Wettkampfwoche der 28. Sommer-Universiade 2015 in Südkorea ist vorüber. 13000 Studierende aus 145 Ländern kämpfen in insgesamt 21 Sportarten auf Weltklasse-Niveau um die Medaillen. Zum deutschen Team, das sich aus 120 Sportlerinnen und Sportlern und dem Betreuerstab im Hintergrund zusammensetzt, gehören insgesamt 180 Personen. Jedoch geht es in diesen Tagen um viel mehr als nur die sportlichen Wettbewerbe. Das wurde schon zu Beginn bei der Eröffnungsfeier in Gwangju, "der Stadt des Lichts", wie sie sich selbst bezeichnet, deutlich. Sport verbindet Menschen über alle Grenzen hinweg. "Wir, die jungen Studierenden, wollen die gemeinsame Zukunft erhellen", dies war die Botschaft, die sich in bunter und eindrucksvoller Weise durch die zweieinhalbstündige Veranstaltung vor 40000 Zuschauer im Worldcup-Stadion zog: "You are shining" - "Du kannst die Welt verändern".
Dabei wurde Bezug genommen auf die jüngere Geschichte des Austragungortes Gwangju, der eine bewegte Vergangenheit hinter sich hat. Im Mai 1980 kam es in vielen südkoreanischen Städten zu großen Demonstrationen gegen die Militärdiktatur. Dabei spielte Gwangju eine bedeutende Rolle. Zehn Tage lang gingen hier vor allem Studenten und Studentinnen auf die Straße, um ihrer Sehnsucht nach Reformen und Frieden Ausdruck zu verleihen. Zweihundert von ihnen bezahlten für ihren Mut mit dem Leben, und es gab weitere 1000 Verletzte. Ein "Memorial-Park" im Stadtzentrum erinnert an das dunkle Kapitel und die damaligen Geschehnisse, die Gwangju zur Wiege der Freiheitsbewegung werden ließen. Noch weitere 10 Jahre vergingen, bis das die Demokratie schließlich endgültig Einzug in Südkorea hielt.
Erstaunlich ist für uns ausländische Besucher die große Zahl von Kirchengebäuden in diesem asiatischen Land. Schon bei der Fahrt vom Flughafen von Seoul hierher in das 300 km entfernte Gwangju, in dem 1,5 Millionen Menschen leben, fiel uns auf, dass selbst in kleineren Dörfern eine Kirche steht. In Südkorea sind rund 30 Prozent der Bevölkerung Christen. Die Zahl ist damit größer als der Anteil der buddhistischen Bevölkerung im Land. Die Kirchen haben sich unter anderem durch ihre Kritik an der Militärdiktatur das Vertrauen der Bevölkerung erworben.
Allein in Gwangju soll es 1500 Gemeinden geben. Viele Kreuze, die oben auf den Gebäuden stehen, sind abends beleuchtet und strahlen in den Dunkelheit hinein. Das Kreuz als Symbol unseres Glaubens erinnert daran, dass Jesus von sich gesagt hat: "Ich bin das Licht der Welt! Wer mir folgt, hat das Licht, das zum Leben führt, und wird nicht mehr in der Dunkelheit tappen." (Johannes 8,12)
So lag es für den katholischen Sportpfarrer Jürgen Hünten und mich nahe, in unserem ökumenischen Gottesdienst zu Beginn der Universiadetage das eindrückliche Bild des Lichts aufzugreifen. "Lebt als Kinder des Lichts!" Dieser Vers aus dem Epheserbrief stand im Mittelpunkt unserer gemeinsamen Auszeit. Indem wir auf Christus blicken, sehen wir unser Leben und die Welt mit anderen Augen. So war es unser Wunsch und Gebet, dass die Christen in Südkorea ein Segen für ihr Land sind, aber auch, dass alle Teilnehmende der Universiade mit vielen Eindrücken und nach interessanten Begegnungen wieder nach Hause fahren und das Universiademotto "Light up tomorrow" in die Tat umsetzen.
Thomas Weber
Ausgeklappten Text schließenJenseits des Sports
Universiade-Pfarrer Weber wird in Südkorea mit dabei sein
Wenn man ihn nach der Sommer-Universiade fragt, bekommt Thomas Weber glänzende Augen. Der evangelische Pfarrer ist seit 2003 fester Bestandteil der Deutschen Studierenden-Nationalmannschaft. Als absolutes Alleinstellungsmerkmal beschreibt der Geistliche, der auch bereits fünfmal bei Olympischen Spielen war, den kulturellen Austausch, der jenseits des Hochleistungssports stattfindet.
"Ich finde es interessant, wie schnell ich bei gemeinsamen Mahlzeiten und beim Vor-Ort-Sein mit den studierenden Spitzensportlerinnen und -sportlern über den christlichen Glauben, Bibel und Kirche ins Gespräch komme", beschreibt Thomas Weber einen Teil seiner Tätigkeiten während der Weltspiele der Studierenden. Durch sein "Exoten-Dasein" im Team gebe es eine große Neugier und zahlreiche Fragen, die schnell zu intensiven Gesprächen führten, so Weber. Sicherlich begünstigt wird dies durch die "besondere Atmosphäre" dieser Veranstaltung. "Da die Universiade anders als Olympische Spiele nicht so stark im Interesse der Öffentlichkeit verankert ist, lastet auf den Aktiven ein anderer Erwartungsdruck. Ohne dass die sportlichen Ambitionen verloren gehen, ist die Atmosphäre im Universiade-Dorf etwas lockerer als bei Olympischen Spielen", vergleicht der Geistliche. So komme es zu "ganz anderen Gesprächen miteinander - eben auch über Themen jenseits des Sportes".
Einen besonderen Raum zum Austausch bildet dabei auch das religiöse Zentrum im Aktivendorf: "Jedes Mal lerne ich dort neue Personen kennen, knüpfe Kontakte und treffe bereits Bekannte wieder", erzählt das Vorstandsmitglied des Arbeitskreises Kirche und Sport der evangelischen Kirche (EKD). Hier wird Thomas Weber nicht nur Gottesdienste in deutscher Sprache, sondern auch Raum zur Ruhe anbieten: "So können sich die Aktiven auch einmal aus dem Wettkampfgeschehen herausziehen und sich auf sich selbst konzentrieren." Wer mit Weber über das religiöse Zentrum als gemeinsamen Ort über alle Konfessionen und Religionen hinweg redet, kann die eindringlichen Erfahrungen, die der Gemeindepfarrer von Gevelsberg bislang dort gemacht hat, erahnen. "Ich nehme immer enorm viel von einer Universiade mit. 2011 in China berichteten mir beispielsweise Vertreter einer einheimischen Gemeinde, wie die Zahl der chinesischen Christen explodiert. An einem Sonntag habe ich dann den Gottesdienst dort in Shenzhen besucht. Das war für mich unglaublich motivierend", so Weber.
Neben seiner geistlichen Tätigkeit wird der passionierte Sportler als Teammitglied auch das deutsche Organisationsteam vor Ort unterstützen: "Es ist immer wieder spannend, aus kürzester Distanz dabei zu sein, wenn ein Bruchteil einer Sekunde über Erfolg oder Misserfolg entscheidet." Doch als Theologe weiß er, dass das nicht alles ist, was bei den Weltspielen der Studierenden zählt. Zum einen ist die Veranstaltung eine wunderbare Möglichkeit für junge Athletinnen und Athleten ein Multisportevent kennenzulernen: "Die Universiade ist eine besondere Erfahrung für die Zukunft, bei der die Studierenden alle Abläufe für Olympische Spiele bereits eins zu eins proben können." Zum anderen verdeutlicht Thomas Weber, dass nicht der Erfolg um jeden Preis zähle: "Behandle andere so, wie Du selbst auch behandelt werden möchtest - dies ist ein guter Leitsatz aus dem Munde Jesu, an den ich immer wieder erinnere. Der Erfolg um jeden Preis und wer Vierter ist, der ist erster Verlierer, das sollte nicht im Vordergrund stehen - hierfür kann der christliche Glauben eine gute Richtlinie sein."
Dass von der einen auf die andere Sekunde mehr zählen kann, als nur eine gute Platzierung oder die eigene Bestleistung, das weiß Thomas Weber auch aus eigener Universiade-Erfahrung. Während der Sommer-Universiade 2007 in Bangkok erhielt ein Sportler zusammen mit seiner Schwägerin die Todesnachricht des Vaters aus der Heimat. "Der Hochleistungssport ist auch eine Gemeinde auf Zeit - mit all den Höhen und Tiefen, die dazu gehören", weiß der Universiade-Pfarrer. Sozusagen als Notfallseelsorger blieb Weber über Nacht bei den Trauernden am Flughafen, um sie am nächsten Morgen Richtung Heimat zu verabschieden: "Später habe ich den Sportler noch einmal bei den Olympischen Spielen wiedergetroffen". So verbindet ihn und einige Mehrfach-Universiade-Startende eine gemeinsame Geschichte. Andere trifft Weber zum ersten Mal.
Bleibt abzuwarten, was für Erfahrungen die Universiade in Südkorea für den 55-Jährigen bereithält. Zumindest auf einen Höhepunkt freut sich Weber schon jetzt: Wenn am 03. Juli in Gwangju die FISU-Hymne ertönt und das größte Multisportevent hinter den Olympischen Spielen zum elftägigen Sport- und Kulturfest lädt. "Die freundliche und aufgelockerte Stimmung bei den Eröffnungs- und Schlussfeiern und die strahlenden Gesichter der Aktiven haben mich immer sehr berührt - das wird in Südkorea sicherlich nicht anders werden", schwärmt Thomas Weber und bekommt es wieder - das Glänzen in den Augen.
Quelle: adh.de
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