Dabrock: Gewinne aus der Digitalisierung ungleich verteilt
Veranstaltungsreihe der Diakonie Deutschland, der Evangelischen Kirche und der Evangelischen Akademie zu Berlin über die digitale Revolution
Berlin (epd). Der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock, warnte in Zusammenhang mit der Digitalisierung vor Abstiegsängsten und Gefühlen der Verunsicherung, die bis weit in die Mittelschicht reichten. Die Menschen bräuchten eine Grundlage, auch materiell, um mit den Veränderungen umgehen zu können, sagte der Theologe auf einer Veranstaltung der Diakonie Deutschland über die Folgen der Digitalisierung am 16. Januar in Berlin. Die Gewinne aus der Digitalisierung seien aber ungleich verteilt. Große Internetfirmen profitierten von der Infrastruktur, die die Allgemeinheit finanziere, zahlten aber selbst in vielen Ländern keine Steuern.
Die Digitalisierung wird nach Ansicht von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zwar nicht dazu führen, dass der deutschen Gesellschaft die Arbeit ausgeht. Die Erwerbsarbeit werde sich aber stark verändern, sagte Heil. Deshalb werde die Qualifizierung der Arbeitnehmer zum zentralen Thema, und es müsse schnell gehandelt werden, erklärte er: „Es geht um die nächsten Jahre.“
Heil sagte, er gehe auf der Grundlage von Prognosen des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung davon aus, dass bis 2025 etwa 1,3 Millionen Arbeitsplätze verschwinden und 2,1 Millionen neu entstehen werden. Es gebe aber auch düsterere Prognosen, sagte der Minister.
Allmendinger: Alle Arbeitsplätze verändern sich durch Digitalisierung
Die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, Jutta Allmendinger, warnte davor, es sich mit den Zukunftsprognosen zu einfach zu machen. Es würden nicht nur in der einen Branche Jobs wegfallen und in einer anderen neu entstehen. Alle Arbeitsplätze und Berufe würden sich durch die Digitalisierung verändern, sagte sie. Deshalb müssten auch alle Beschäftigten und Betriebe sich damit auseinandersetzen.
Allmendinger bemängelte, dass es bisher keine Anlaufstellen für Beschäftigte gebe, die eigentlich schon wissen, dass ihr Job in Gefahr ist. So etwas würde insbesondere verängstigten Arbeitnehmern sehr helfen, sagte sie. Die Veränderungen durch die Digitalisierung im Arbeitsleben gingen sehr weit, betonte sie. Der Einzelne müsse viel stärker selbst die Verantwortung dafür übernehmen, wann, wie, wo und wie lange er arbeite. Das gelte etwa, wenn Arbeitnehmer die Möglichkeiten des Home Office nutzten.
„Erwerbsarbeit ist für die Menschen in Deutschland ein extrem wichtiges Gut“
Die Digitalisierung führe zu einer Durchdringung bisher getrennter Lebensbereiche wie Erwerbsarbeit und Privatleben, erklärte Allmendinger. Dies gelte auch für die Einteilung der Zeit etwa in Werktage und das Wochenende. Eine weitere Rationalisierung der Arbeit könne zu kürzeren Wochenarbeitszeiten und mehr privater Zeit führen. Wenn Arbeitsplätze wegfielen, müsse die Politik dafür sorgen, dass Menschen in anderen Formen der Beschäftigung aufgefangen würden, etwa in subventionierten Jobs. „Erwerbsarbeit ist für die Menschen in Deutschland ein extrem wichtiges Gut“, sagte Allmendinger.
Heil, Allmendinger und Dabrock diskutierten im Rahmen einer Veranstaltungsreihe der Diakonie Deutschland, der Evangelischen Kirche und der Evangelischen Akademie zu Berlin über die digitale Revolution. An vier Abenden mit verschiedenen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik ging es um die Folgen für die Arbeitswelt und das Bildungswesen.