Verbände warnen vor weiterer Verschärfung des EU-Asylsystems
Berlin (epd). Menschenrechtler und kirchliche Verbände haben vor einer über die derzeitigen Reformpläne hinausreichenden Verschärfung des europäischen Asylsystems gewarnt. Es werde mit „Hochdruck an einer weiteren massiven Verschärfung“ gearbeitet„, erklärten Dutzende Organisationen, darunter Amnesty International, “Brot für die Welt" und der Deutsche Caritasverband am Mittwoch in Berlin. Demnach diskutieren die EU-Staaten über einen Verordnungsentwurf, mit dem das Asylrecht in Krisen stark eingeschränkt werden könnte.
Der noch von der schwedischen Ratspräsidentschaft eingebrachte Vorschlag sehe in Ausnahmefällen vor, „europäische Vorschriften für Asylverfahren sowie für die Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden weit unter jedes erträgliche Minimum abzusenken“, kritisierten die Organisationen. Demnach wäre mit der „Verordnung für Ausnahmen im Falle von Krisen, Instrumentalisierung und höherer Gewalt“ auch eine Schließung von Grenzübergängen möglich.
Bereits im vergangenen Winter hatten die EU-Staaten über eine Verordnung beraten, die den Staaten im Krisenfall erlaubt hätte, von geltendem Asylrecht abzuweichen. Der Vorschlag fand jedoch keine Mehrheit. Hintergrund waren damals Befürchtungen, dass autoritäre Staaten Flüchtlinge missbrauchen, um die EU unter Druck zu setzen. So hatte etwa der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko im Herbst 2021 Tausende Migranten an die Grenze zu Polen gelockt.
Die Verbände und Organisationen riefen die Bundesregierung dazu auf, sich gegen den Vorschlag zu stellen. Unterzeichnet wurde die Erklärung auch von mehreren Seenotrettungsorganisationen, dem Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, „Ärzte ohne Grenzen“ sowie der Diakonie Deutschland.
Anfang Juni hatten sich die EU-Innenministerinnen und -Innenminister auf Grundzüge eine Reform des europäischen Asylsystems geeinigt. Insbesondere die geplanten Grenzverfahren, die schnellere Asylentscheidungen an den Außengrenzen sowie schnellere Abschiebungen bewirken sollen und mit haftähnlichen Bedingungen für Asylbewerber einhergehen, stoßen bei Nichtregierungsorganisationen und den Kirchen auf Ablehnung.