EKD will die Geschichte von Protestantismus und Antiziganismus untersuchen
Sonderstipendium zur wissenschaftlichen Erforschung ausgeschrieben
Seit einigen Jahren engagiert sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) im bundesweiten „Netzwerk Sinti Roma Kirchen“, einem Zusammenschluss aus kirchlichen und religiösen Gemeinschaften und bundesweiten und regionalen Strukturen von Sinti und Roma.
Mit dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma hat die EKD eine enge Zusammenarbeit vereinbart; diese wurde im vergangenen Jahr anlässlich des 40. Jahrestags der Gründung des Zentralrates mit einer Erklärung und einem gemeinsamen Gottesdienst im Berliner Dom bekräftigt.
Darin heißt es: „Gemeinsam mit Angehörigen der Minderheit von Sinti und Roma wollen wir der Diskriminierung im Alltag von Kirche und Gesellschaft und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit insgesamt entgegenwirken. Dazu bedarf es der Auseinandersetzung mit der bis in die Gegenwart reichenden Schuldgeschichte der Kirchen und der unbedingten kritischen Überprüfung von theologischen und kirchlichen Denkmustern und Prägungen.“
Vor diesem Hintergrund hat die EKD jetzt ein Sonderstipendium ausgeschrieben, das der wissenschaftlichen Untersuchung der Geschichte von Antiziganismus und Protestantismus dienen soll.
Das Projekt ist in der Kirchengeschichte angesiedelt und zielt auf die Beleuchtung bisher unterschätzter Aspekte kirchlicher und diakonischer Praxis, z. B. Seelsorge, Jugendhilfe, Gemeindealltag, aber auch Kollaborationen der Kirchen in der NS-Zeit, Umgang mit der Minderheit in der Nachkriegszeit sowohl in West- wie Ostdeutschland.
„Wir erhoffen uns von einer solchen Forschungsarbeit, die nur ein Anfang sein kann, dass wir uns unserer eigenen blinden Flecken in der Geschichte und Gegenwart unserer Kirchen bewusster werden. Die Schuldgeschichte der Kirche an den Mitgliedern der verfolgten Minderheit ist groß. Sie reicht vom Wegschauen bis zum Verrat und zur aktiven Beteiligung an der Verfolgung. Durch das Verschweigen der eigenen Taten und des Leides der Opfer und ihrer Nachkommen hat sich dieser Verrat in den folgenden Jahrzehnten fortgesetzt“, erläutert Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber das jetzige Vorhaben, das gemeinsam mit dem Zentralrat, dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma, dem Netzwerk Sinti Roma Kirchen und der Evangelischen Akademie zu Berlin verantwortet wird.
„Als Kirche müssen wir uns klar machen, dass auch bei uns – und oft genug bis heute – antiziganistische Stereotypen unreflektiert weitergetragen werden. Damit werden Angehörige der Minderheit fortwährend in ihrer Würde verletzt“, so Bischöfin Bosse-Huber. „Wir hoffen sehr, dass die Ergebnisse der Untersuchungen ein weiterer wichtiger Schritt hinsichtlich des Verlernens von antiziganistischen Prägungen sein werden.“
Nähere Informationen zum Sonderstipendium unter https://www.eaberlin.de/service/jobs/antiziganismus-und-protestantismus/
Die Bewerbungsfrist endet am 15.1.2025.
Hannover, 28. November 2024
Pressestelle der EKD
Carsten Splitt