Causa Rentzing: „Die Vorwürfe wiegen schwer“
Der sächsische Landesbischof steht nach dem angekündigten Rücktritt in der Kritik
Dresden (epd). Der Präsident des sächsischen Landeskirchenamtes, Hans-Peter Vollbach, hat den Umgang von Landesbischof Carsten Rentzing mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen bedauert. Die aktuelle Problemlage sei der Tatsache geschuldet, dass Rentzing „zögerlich mit seiner Vergangenheit umgegangen ist oder zumindest Fragen offengelassen hat“, sagte Vollbach am 16. Oktober in Dresden. Ob dies bewusst oder unbewusst geschehen sei, könne er nicht beurteilen.
Der als äußert konservativ geltende Rentzing hatte am 11. Oktober nach anhaltender Kritik an seiner Person überraschend seinen Rücktritt angekündigt. In einer am 16. Oktober gestarteten Online-Petition wird hingegen für den Verbleib Rentzings im Amt geworben. Wer das Dokument verfasst hat, blieb zunächst unklar. Zugleich gibt es eine schon seit Ende September laufende Petition, angestoßen unter anderem von einigen Pfarrern der sächsischen Landeskirche, in der Rentzing „zur Stellungnahme und Distanzierung von den Neuen Rechten“ aufgefordert wird. Diese hatten bis zum 16. Oktober knapp 1.000 Menschen unterzeichnet.
Bedford-Strohm: „Als evangelische Kirche eindeutig gegen rechtsextremistische Einstellungen“
Hintergrund der Rücktrittsankündigung sind unter anderem Texte Rentzings, die er als Student für die rechtskonservative Zeitschrift „Fragmente“ geschrieben haben soll. Zudem soll er als ihr Mitherausgeber fungiert haben. Die Kirchenleitung stufte die ihr vorliegenden Texte als „elitär, in Teilen nationalistisch und demokratiefeindlich“ ein. Sie seien „aus damaliger und aus heutiger Sicht unvertretbar“. Der 52-Jährige Rentzing steht seit vier Jahren an der Spitze der evangelischen Landeskirche.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, zeigte sich nach Bekanntwerden der Vorwürfe schockiert. „Ich hoffe auf eine schnelle Klärung innerhalb der Landeskirche, zu der Carsten Rentzing sicher selbst beitragen wird“, erklärte Bedford-Strohm am späten Abend des 12. Oktober: „Als evangelische Kirche müssen wir uns eindeutig und laut vernehmbar gegen rechtsextremistische Einstellungen positionieren. Ich danke allen in unserer Kirche und in der gesamten Gesellschaft, die sich seit langem, auch gegen Widerstände, dafür einsetzen.“ Zugleich betonte er: „Konservativ denkende Menschen und ihre Traditionen haben in unserer Kirche selbstverständlich ein Zuhause. Was uns einen muss: Gemeinsam streiten wir gegen Antisemitismus, Rassismus, völkisches Denken und Ausländerfeindlichkeit.“
Meister: „Die aufgekommenen Vorwürfe wiegen schwer“
Auch Ralf Meister, Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) und Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, äußerte sich zur Kritik an Rentzing „Die Vorwürfe gegen Landesbischof Dr. Rentzing wiegen schwer.“ Er hoffe, dass Rentzing das Seine zur Aufklärung beitrage.
Zudem erklärte Meister: „Für die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands gilt: Wir distanzieren uns entschieden von allen Positionen, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage stellen. Gleichzeitig halte ich fest daran, dass ich Carsten Rentzings Entscheidung, vom Amt des Landesbischofs zurückzutreten, mit Respekt zur Kenntnis nehme und hoffe, dass sie der von ihm gewünschten Einheit der sächsischen Landeskirche dient.“
Kontakte zu Neuen Rechten werfen „natürlich neue Fragen auf“
Vollbach betonte, die Landeskirche gehe davon aus, dass Rentzing bis heute auch Kontakt zum Leiter der Berliner „Bibliothek des Konservatismus“, Wolfgang Fenske, habe. Dies werfe „natürlich neue Fragen auf“, die jedoch nur Rentzing beantworten könne. Die Bibliothek wird dem Umfeld der Neuen Rechten zugeordnet. Nach Angaben der Landeskirche hatte Fenske auch an Rentzings Amtseinführung als Bischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens 2015 teilgenommen.
Rentzing lehnt unter anderem die Segnung homosexueller Paare ab. Er stand immer wieder in der Kritik, unter anderem, weil er sich nicht deutlich von der AfD absetzte. Zuletzt war Kritik an seiner Mitgliedschaft in einer schlagenden Studentenverbindung sowie an einem Vortrag in der „Bibliothek des Konservatismus“ 2013 laut geworden.
Bischofskandidaten in Zukunft genauer prüfen
Rentzing befindet sich derzeit im Urlaub. Vollbach sagte, die Kirchenleitung habe keinen Kontakt zu ihm, bemühe sich aber darum, auch um zu klären, ob der Bischof persönlichen oder geistlichen Beistand brauche. Die Kirchenleitung will am 21. Oktober entscheiden, ob sie Rentzings Rücktrittsangebot annimmt.
Vollbach sagte auf die Frage, ob die Vergangenheit von Bischofskandidaten in Sachsen künftig genauer geprüft werde: „Ich gehe fest davon aus, dass das so sein wird.“