„Gott hat eine Brücke des Friedens zu uns Menschen geschlagen“
Weihnachtsgrußwort von Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, EKD-Ratsvorsitzender
Jedes Jahr zu Weihnachten hören wir die Friedensbotschaft der Engel auf`s Neue: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“ Im zu Ende gehenden Jahr hat sie mich in besonderer Weise beschäftigt. Die Jahreslosung 2019 aus Psalm 34 war ein Wort über den Frieden: „Suche den Frieden und jage ihm nach!“ Was das heute bedeutet, und wie wir dem als Christen entsprechen können, war die Leitfrage der EKD-Synode in Dresden im November.
Dabei wurde einmal mehr klar, wie schwer es der Frieden mit uns hat. Zu keinem anderen Fest wird der Widerspruch zwischen dem, was uns die gute Nachricht der Geburt Christi sagen will, und was wir in der Realität erleben, deutlicher. Wir sehnen uns nach Frieden und hören die große Friedensverheißung der Engel und sehen gleichzeitig, wie die Welt Konflikten ohnmächtig gegenübersteht, die viele Opfer fordern und Hass und Gewalt die Oberhand zu gewinnen scheinen. Wie viele Menschen sind zur Zeit auf der Flucht durch immer neue Krisenherde, durch die Zerstörung ihrer Lebensräume, durch den Klimawandel? Und wie viele Menschen sind auch in Deutschland überfordert von Anspruch und Wirklichkeit des Friedens in den Familien an den Festtagen? Ausgerechnet an Weihnachten suchen besonders viele Frauen (oft mit ihren Kindern) in Frauenhäusern Zuflucht vor häuslicher Gewalt.
Da könnte einem das göttliche Lob schon im Halse stecken bleiben. Was können wir tun, was ist zu hoffen angesichts dieser widersprüchlichen Erfahrungen? Fest steht: In der Heiligen Nacht hat Gott eine Brücke des Friedens zu uns Menschen geschlagen. In dem kleinen, verletzlichen Menschenkind Jesus ist er als unser Bruder in die Welt gekommen. Die Umstände seiner Geburt waren alles andere als friedvoll. Schon die Familiensituation der Heiligen Familie war problematisch: Eine unverheiratete Mutter, die sich nicht sicher sein konnte, ob ihr Verlobter ihre Schwangerschaft einfach hinnehmen und bei ihr bleiben würde. Arme Hirten, die kurz nach der Geburt in der Notunterkunft des Stalls auftauchen. Die Verfolgung und Flucht vor einem machtbesessenen König, das Asyl in Ägypten.
In diese Welt, mitten in ihre friedlose Realität, begibt sich Gott. Genau hier hinein spricht er seine Friedensbotschaft. Darum singen wir weiter! Darum hören wir weiter! Denn nur so wird die Sehnsucht nach dem großen, umfassenden Frieden in uns weiter wachsen und uns Beunruhigung und Ansporn zugleich bleiben, selber zu Werkzeugen seines Friedens zu werden.
Weil Gott diese Welt nicht allein gelassen hat, wünsche ich Ihnen in einem tiefen Sinne „Frohe Weihnachten!“ wünschen.
Ihr Heinrich Bedford-Strohm