Demos gegen Rechts: Lichtermeer am Brandenburger Tor
Berlin (epd). Einen Monat vor der Bundestagswahl sind am Wochenende in verschiedenen Städten zigtausend Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen. Allein in Berlin setzten Zehntausende mit der Kundgebung „Lichtermeer gegen den Rechtsruck“ ein Zeichen. Auf Schildern hieß es: „Bei Hitlers brennt noch Licht“, „Berlin bleibt bunt“ oder „Wenn die AfD die Antwort ist, wie dumm war dann die Frage“. Damit riefen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der Kundgebung am Samstag zur Verteidigung von Demokratie und Menschenrechten auf.
Die Veranstalter sprachen von rund 100.000, die Polizei von „grob geschätzt“ 35.000 Teilnehmenden. Die Vorsitzende der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Anna-Nicole Heinrich, rief bei der Kundgebung am Brandenburger Tor dazu auf, sich für Gerechtigkeit einzusetzen und Demokratiefeinden entschieden entgegenzutreten.
Heinrich forderte die Verantwortlichen in der Politik dazu auf, im Wahlkampf nicht auf Hass und Hetze zu setzen, bei der Wahrheit zu bleiben und keine Fakten zu verdrehen. Wer Anstand habe, halte Abstand zu Rechtsextremen - „und zwar den größtmöglichen“. Die Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer rief, Antidemokraten müsse gezeigt werden, dass die Brandmauer gegen sie stehe: „Sie wollen Dunkelheit verbreiten, also machen wir das Licht an.“
Die Schriftstellerin Carolin Emcke appellierte, das „Vokabular der Würde“ zu verteidigen. „Wir müssen uns die Worte zurückholen“, sagte sie. Es gebe „keine Hierarchie von Menschen“, keine echten und unechten Bürgerinnen und Bürger oder Normale und Nicht-Normale. „Das ist faschistischer Sprech“, prangerte Emcke an.
Zu der Berliner Kundgebung hatten „Fridays for Future“, die Initiative „Eltern gegen Rechts“ und die Kampagnen-Organisation Campact aufgerufen. Angekündigt waren rund 10.000 Teilnehmende. Im Aufruf hieß es, die Brandmauer gegen die AfD müsse halten. Alle demokratischen Parteien müssten jede Kooperation mit Rechtsextremen ausschließen. Die künftige Bundesregierung müsse gegen Hass und Lügen auf den großen Social-Media-Plattformen vorgehen - „oder sie sonst abschalten“. Erforderlich seien auch massive, sozial gerechte Investitionen in die ökologische Transformation des Landes. Der Kampf gegen die Klimakrise und für den Erhalt der Lebensgrundlagen drohe derzeit „in faschistisch-fossiler Propaganda unterzugehen“. Die Klimakrise beschleunige die gesellschaftliche Zerrüttung, dies spiele „den Faschisten in die Hände“.
In Köln gingen ebenfalls am Samstag Zehntausende Menschen gegen Rechts auf die Straße. „#5vor12 - Laut für Demokratie“ lautete das Motto des Demonstrationszuges durch die Kölner Innenstadt, bei dem nach Polizeiangaben 40.000 Menschen friedlich gegen Rechtsextremismus und die AfD protestierten. Bei der Bundestagswahl am 23. Februar stehe viel auf dem Spiel, hieß es im Aufruf des Bündnisses „Köln stellt sich quer“, das der AfD vorwarf, völkisch-nationale, rassistische und antisemitische Hetze zu betreiben. Die populistische Partei verfolge zudem eine unsoziale sowie wirtschafts- und klimafeindliche Programmatik.
Gleich zwei Kundgebungen gab es in Siegen: am Samstag eine unter dem Motto „Nie wieder ist jetzt - auch ein Jahr später: Gegen den Nationalismus und Rassismus“. Bis zu 2.200 Menschen nahmen an der friedlichen Demonstration teil, wie die Polizei mitteilte. Bereits am Freitagabend hatten in Siegen rund 250 Demonstranten gegen einen Neujahrsempfang der AfD im Ortsteil Weidenau protestiert.
In Münster traf am Samstag eine angemeldete Demonstration der in Teilen vom NRW-Verfassungsschutz beobachteten „Querdenken“-Bewegung auf zwei Gegenversammlungen. An dem Protest gegen Rechts nahmen nach Polizeiangaben insgesamt 1.000 Menschen teil, an der „Querdenken“-Demo nur etwa 80 Personen, wie eine Polizeisprecherin mitteilte.