Barrierefreiheit von Webseiten

Online ohne Einschränkungen

Barrierefreiheit bedeutet, dass alle Menschen, egal ob mit oder ohne Behinderung, ihren Alltag ohne Einschränkungen leben und teilhaben können. Ob technische Geräte, Gebrauchsgegenstände oder öffentliche Verkehrsmittel – auch Menschen mit Behinderung sollen sie „in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe“ (§4, BGG) nutzen können. In einer mehr und mehr digitalisierten Welt gilt das insbesondere auch für das Internet – für Webseiten und Social-Media-Angebote.

Die Evangelische Kirche in Deutschland setzt sich aktiv für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung ein und fördert deshalb auch die barrierefreie Gestaltung von Webseiten und Onlineangeboten.

Auf dieser Seite finden Sie Informationen zum Thema digitale Barrierefreiheit.

1. Allgemeines

  • Was ist digitale Barrierefreiheit?

    Digitale Inhalte sollen für alle Menschen nutzbar sein, unabhängig von ihren geistigen und körperlichen Fähigkeiten sowie eventuell vorhandenen Einschränkungen und Behinderungen. Deshalb sollen Webseiten und Online-Dienste, aber auch mobile Anwendungen, Apps, Social-Media-Inhalte, elektronische Dokumente und Formulare so gestaltet sein, dass sie allen den Zugang zu Informationen und Dienstleistungen ermöglichen. Digitale Geräte sollen für alle ohne Hindernisse zu bedienen sein.

  • Wem nutzt digitale Barrierefreiheit?

    In erster Linie Menschen mit Einschränkungen. Über eine halbe Million Menschen in Deutschland gelten als sehbehindert. Fast jeder Zehnte leidet an einer Farbfehlsichtigkeit. Es gibt rund 80.000 Gehörlose, etwa ein Viertel der Bevölkerung ist schwerhörig. Hinzu kommen Menschen mit kognitiven und motorischen Einschränkungen.


    Aber auch Menschen ohne Einschränkung profitieren von einfach formulierten, gut strukturierten und bedienbaren Webangeboten. Solche Angebote werden auch von Suchmaschinen besser gerankt und gefunden.

  • Wie ist digitale Barrierefreiheit zu erreichen?

    Digitale Inhalte müssen möglichst barrierearm gestaltet beziehungsweise umgestaltet werden. Hauptkriterien sind:

    • Klare Struktur und Gliederung
    • Texte in leichter / einfacher Sprache
    • Schriftgröße und Schriftart gut lesbar
    • Kontrast zwischen Vorder- und Hintergrund stark genug
    • Alternativ-Texte für Bilder und Grafiken
    • Transkripte für Audios und Videos
    • Untertitel für Videos
    • Bedienbarkeit von User-Interface-(UI)-Elementen (Buttons, Inputfelder, Slider)
    • Tastaturbedienbarkeit

     

    Leitfaden: https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/user_upload/Digitale_Barrierefreiheit_-_Ein_Leitfaden_fuer_zugaenglichere_digitale_Angebote.pdf

2. Rechtliche Grundlagen

  • Richtlinien für barrierefreie Webinhalte (WCAG)

    Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) sind ein vom World Wide Web Consortium (W3C) entwickelter internationaler Standard zur barrierefreien Gestaltung von Internetangeboten. Die Richtlinien werden stetig weiterentwickelt. Die aktuelle Version WCAG 2.2 wurde im Oktober 2023 verabschiedet.

    Die WCAG benennen vier Prinzipien der Barrierefreiheit, denen sich die 13 Richtlinien zuordnen lassen:

    • Wahrnehmbarkeit
    • Bedienbarkeit
    • Verständlichkeit
    • Robustheit

    Neben den Empfehlungen (u.a. klare Strukturen, Nutzung von Alternativ-Texten, Untertiteln und Transkripten) werden auch Techniken zur Umsetzung sowie Erfolgskriterien benannt, die im Rahmen von Tests überprüft werden können.

    Für den Grad der Umsetzung der WCAG gibt es drei Konformitätsstufen:

    • Stufe A: niedrigste Stufe der Zugänglichkeit
    • Stufe AA: erweiterte Zugänglichkeit, sollte für umfassende Barrierefreiheit umgesetzt werden
    • Stufe AAA: optimale Zugänglichkeit


    Aus Sicht der EKD ist Level AA für alle Webseiten der evangelischen Kirche erstrebenswert.

  • Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)

    Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) definiert Anforderungen zur Barrierefreiheit für Produkte und Dienstleistungen. Es möchte fördern, dass Menschen mit Einschränkungen online geschäftsfähig sind, also etwa online shoppen oder im Internet Verträge abschließen können.

    Das Gesetz bezieht erstmals private Unternehmen ein. Es gilt für Hersteller, Händler, Importeure und Dienstleister, Online-Handel, Hardware, Software, aber auch überregionalen Personenverkehr oder Bankdienstleistungen. Kleinstunternehmer sind vom Gesetz teilweise ausgenommen. Das Gesetz ist ab 28. Juni 2025 bindend.

    Das Gesetz nimmt Privat- und Handelsunternehmen in die Pflicht, ihre Onlineauftritte sowie ihre Produkte und Dienstleistungen ab dem 28. Juni 2025 barrierefrei zu gestalten.

    Das Gesetz gilt für Webseiten und Apps und unter anderem für folgende Produkte und Dienstleistungen im Digitalbereich:

    • Hardware und Betriebssysteme
    • Selbstbedienungsterminals, Geld- und Ticketautomaten
    • Telekommunikationsdienste
    •  Bankdienstleistungen
    • Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr


    Ziel ist es, Menschen mit Beeinträchtigungen als Endverbraucher:innen ein größeres Angebot an barrierefreien Produkten und Dienstleistungen zu bieten. Informationen über Produkte und Dienstleistungen müssen über mindestens zwei Sinne zugänglich sein. Im digitalen Bereich beinhaltet das etwa alternative Darstellungsformen von Inhalten (Alternativ-Texte, Untertitel, Transkripte), vereinfachte Bedienung von Endgeräten, Einsatz von Technologien wie Vorlesefunktion oder Stimmsteuerung.

    Das Gesetz wurde im Juni 2022 vom Deutschen Bundestag verabschiedet und überführt die Regelungen des European Accessibility Act (EAA) in nationales Recht.

  • Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV)

    Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) setzt die Vorgaben der EU-Richtlinie 2016/2102 in Deutschland um und soll die grundsätzlich uneingeschränkte Barrierefreiheit von Websites, Webanwendungen, mobilen Anwendungen, elektronisch unterstützten Verwaltungsabläufen und grafischen Programmoberflächen gewährleisten.

    Die Verordnung hat keine Geltung für die Arbeit der evangelischen Kirche, sondern gilt für alle öffentlichen Stellen des Bundes. Für die Länder gibt es nochmal eigene Bestimmungen. Die BITV trat in ihrer ursprünglichen Fassung im Juli 2002 in Kraft, eine Neufassung gilt seit Mai 2019.

    Die BITV orientiert sich ausdrücklich an den Richtlinien für barrierefreie Webinhalte (WCAG) und deren Konformitätsstufen. Öffentliche Stellen des Bundes müssen in einer „Erklärung zur Barrierefreiheit“ angeben, welche ihrer Web-Inhalte (noch) nicht barrierefrei sind und wie Nutzer:innen vorhandene Barrieren melden können (Feedback-Mechanismus).

  • UN-Behindertenrechtskonvention

    Das „Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ (UN-Behindertenrechtskonvention, UN-BRK) wurde im Dezember 2006 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. Nachdem es 20 Staaten ratifiziert hatten, trat es am 3. Mai 2008 in Kraft.

    In Artikel 9 geht es um die Zugänglichkeit von Information und Kommunikation für Menschen mit Einschränkungen. Im Absatz 2 heißt es: „Die Vertragsstaaten treffen außerdem geeignete Maßnahmen, (…) um den Zugang von Menschen mit Behinderungen zu den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien und -systemen, einschließlich des Internets, zu fördern; um die Gestaltung, die Entwicklung, die Herstellung und den Vertrieb zugänglicher Informations- und Kommunikationstechnologien und -systeme in einem frühen Stadium zu fördern (…)“

3. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) aus kirchlicher Perspektive

  • Welche kirchlichen Webseiten fallen unter das Gesetz?

    Ziel des Gesetzes ist es, dass alle Menschen ohne fremde Hilfe am Wirtschaftsleben teilnehmen können .
    Das BFSG gilt für nahezu alle Arten von Webseiten und mobilen Anwendungen, die für den deutschen Markt entwickelt oder bereitgestellt werden, wenn ein „Dienst“ angeboten wird. Was für öffentliche Einrichtungen schon länger gilt (BGG und weitere), wird mit dem BFSG nun auch auf privatwirtschaftliche Unternehmen ausgeweitet.  Dies schließt auch kirchliche Anbieter ein, die digitale Dienstleistung zur Verfügung stellen. Darunter fallen alle Möglichkeiten etwas online zu buchen, reservieren oder zu kaufen, aber auch die Möglichkeit online eine Spende zu tätigen.

    Für Bildungsportale gilt: E-Learning-Plattformen und andere Bildungsressourcen im Internet müssen so angeboten werden, dass sie für Menschen mit unterschiedlichen Lernbedürfnissen und -fähigkeiten zugänglich sind.

  • Wann gilt die Ausnahme im Sinne des Gesetzes für kirchliche Einrichtungen?

    Nicht unter das Gesetz fallen Kleinstunternehmen. Dies sind Unternehmen, die weniger als zehn Personen beschäftigen und entweder einen Jahresumsatz von höchstens 2 Millionen Euro erzielen oder deren Jahresumsatz sich auf höchstens 2 Millionen Euro beläuft (§ 2 Nr. 17 BFSG) .
    Dies kann für Kirchengemeinden oder kleinere Einrichtungen von Bedeutung sein.

    Allerdings ist es essenziell, wer Eigentümer der Domain ist. Denn auch Dienstleistungserbringer (einschließlich Betreiber von Webseiten mit Online-Services) sind gem. § 14 BSFG verpflichtet, ihre Dienstleistungen ausschließlich anzubieten oder zu erbringen, wenn diese die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen.
    Wenn etwa die Landeskirche ihren Kirchengemeinden und anderen Einrichtungen die entsprechenden Webseiten zur Verfügung stellen, könnte sich diese nicht auf die Ausnahme der Kleinstunternehmer berufen.

  • Im BFSG ist ein Bestandschutz für Webseiten vorgesehen. Wann gilt er?

    Für bestehende Webseiten gibt es einen Bestandsschutz. In der Gesetzesbegründung zu § 17 Abs.3 ist folgender Hinweis zu entnehmen: Redaktionelle Änderungen oder Updates, die die Dienstleistung an sich nicht berühren, stellen keine Veränderung dar . Bei Änderungen an der Webseite ist ein etwaiger Bestandsschutz im Einzelfall zu prüfen.

  • Zwei Männer mit Laptop und Flipchart
    Web-Tipp
    Checklisten

    Die praktische Umsetzung von Barrierefreiheit in der digitalen Kommunikation ist eine komplexe Aufgabe, bei der viele  Dinge zu beachten sind. Um den Überblick zu behalten, stellt der Beauftragte der Bundesregierung für Informationstechnik Checklisten und Erklärvideos für alle wichtigen Bereiche zur Verfügung. Auf der Seite finden sich umfassende Informationen − von der Projektplanung bis zu Umsetzung und Praxistest.

    mehr erfahren