Bundespräsident besucht Berliner Wärmestube
Frank-Walter Steinmeier lobt den Einsatz der Ehrenamtlichen in der Heilig-Kreuz-Gemeinde
Berlin (epd). Detlef kommt jede Woche hierher – „wenn die Beine mitmachen“, wie er sagt. In der Wärmestube für Obdachlose und Einkommensarme in der Berliner Heilig-Kreuz-Kirche fühlt sich der 60-jährige Berufsinvalide willkommen und geborgen. Dort gibt es immer mittwochs von 12 bis 15 Uhr Kaffee, Tee, Suppe und belegte Brote umsonst, dazu Musik, eine Kleiderkammer und vor der Tür steht ein Caritas-Arztmobil, in dem sich die Gäste ohne Versichertenkarte behandeln lassen können. Bis zu 120 Menschen nutzen wöchentlich das Angebot.
An diesem Mittwoch bekommt Detlef seine Suppe vom deutschen Staatsoberhaupt ausgeschenkt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist gemeinsam mit seiner Frau Elke Büdenbender gekommen, um für eine Stunde mitzuhelfen. Das Ehepaar schmiert Stullen, teilt Suppe aus, spricht mit den Gästen und Helfern. Die Einrichtung in Kreuzberg gehört zur Berliner Kältehilfe, einem Netzwerk von Beratungsstellen, Notübernachtungen, Nachtcafés, Suppenküchen und Kältebussen, das Obdachlose vor dem Erfrieren retten soll und ihnen ein bisschen Würde zurückgeben will. Schätzungsweise 4.000 bis 10.000 Menschen leben in der Bundeshauptstadt auf der Straße, immer mehr von ihnen kommen aus Osteuropa.
Lob und Dank für die Ehrenamtlichen
Steinmeier sagt, er sei auch hier, um sich bei den ehrenamtlichen Helfern für ihren Einsatz zu bedanken: „Es bedarf Menschen wie ihnen, denen das Schicksal anderer nicht gleichgültig ist.“ Bei der Bekämpfung von Obdachlosigkeit sei zwar die Politik gefragt und seien staatliche Hilfen notwendig. „Das alles wird aber nicht ersetzen, was sie als Ehrenamtliche leisten.“ Menschen bekämen in der Wärmestube nicht nur Brote und Suppe, sondern Geborgenheit und Gemeinschaft – ein Gefühl, das für viele, die auf der Straße leben müssen, so selten geworden sei, betont der Bundespräsident.
Den Gästen der Einrichtung wünscht Steinmeier – der einst über das Thema Obdachlosigkeit promoviert hat – die Möglichkeit, einen Ausstieg aus dem Leben auf der Straße zu finden. Berlin habe sich in den vergangenen Jahren nicht nur zur Schnittstelle zwischen Ost und West, sondern auch zwischen Arm und Reich entwickelt, sagt Steinmeier. Während einerseits Menschen aus ganz Europa und der Welt in die Stadt kämen, um zu investieren oder Wohnungen zu kaufen, strandeten anderseits viele Menschen besonders aus Osteuropa dort auf der Suche nach Arbeit und einem besseren Leben und landeten auf der Straße.
Besuche von Obdachloseneinrichtungen gehören zur Tradition
Das Mitgefühl mit Armen wie ihm nimmt Detlef dem Bundespräsidenten ab. „Wenn er das so sagt, glaube ich ihm das“, sagt der gelernte Aufzugsmonteur. Ein Unfall warf den 60-Jährigen vor Jahren aus dem Berufsleben und katapultierte ihn an den Rand der Gesellschaft. Mit 300 Euro monatlich zum Leben zählt er zu den Einkommensarmen. Er hat zwar eine kleine Wohnung in Berlin-Hellersdorf, aber ohne Suppenküchen, Wärmestuben und Kleiderkammern käme er nur schlecht zurecht. Als nächstes freut sich Detlef auf das Weihnachtsessen für Obdachlose und Bedürftige von Entertainer Frank Zander am 21. Dezember im Berliner Estrel-Hotel. Und Heiligabend geht es zum Kiezfrühstück in den Prenzlauer Berg. „So habe ich meine Termine.“
Besuche von Obdachloseneinrichtungen gehören zur Tradition der Bundespräsidenten. Vergangenes Jahr besichtigte Steinmeier vor Weihnachten Deutschlands älteste Bahnhofsmission am Berliner Bahnhof Zoo. Noch als Außenminister schmierte er dort bereits ehrenamtlich Brote. Auch war er schon mit dem Kältebus der Berliner Stadtmission unterwegs. Bereits sein Vorgänger, Alt-Bundespräsident Joachim Gauck, war wiederholt zu Besuch in Nachtcafes und Suppenküchen der Berliner Kältehilfe.