Gott im Ohr – Christliche Podcasts in Deutschland
Sie heißen „Hossa Talk“, „Offenbart“ oder „Wortkollektiv“ und bürsten die Bibel auch mal gegen den Strich
Frankfurt a.M. (epd). „Ohne Tabus über geistliche Fragen sprechen“, das will der christliche Podcast „Hossa Talk“. In der vierzehntägig erscheinenden Sendung behandeln der Gemeindepädagoge Jakob Friedrichs und der selbstständige Autor und Musiker Gofi Müller meist „sehr persönlich“ ein spezielles Thema, erzählt Friedrichs dem Evangelischen Pressedienst (epd). In den mittlerweile mehr als 120 Folgen beschäftigen sich die beiden Hessen mit Themen zur Sexualität, Fragen zum Bibelverständnis oder zum Glauben. Dies sei auch „durchaus provozierend“, sagt Friedrichs.
Gerade konservative Christen hätten sich in der Anfangszeit deshalb sehr über „Hossa Talk“ aufgeregt. „Das hat die doch sehr irritiert, dass wir so frei gesprochen haben“, sagt Friedrichs. Aber das sei weniger geworden. Nach eigenen Angaben hat „Hossa Talk“ mehr als 180.000 Seitenzugriffe pro Monat. „Wir wissen, dass uns eine ganze Menge Leute hören. Das freut uns doch schon sehr.“
Podcasts werden immer beliebter, fast jeder dritte Deutsche hört sie mittlerweile regelmäßig, und es gibt kaum noch einen Inhalt, der nicht abgedeckt wird: So verfolgen in Deutschland einer Studie des Marktforschungsinstituts „Splendid Research“ von 2018 zufolge etwa acht Prozent der Befragten Podcasts aus dem Themengebiet „Religion“.
Wie etwa den Podcast „Offenbart - der bärtigste Bibelcast im Web“. Der Hamburger Vikar Lukas Klette und der Berliner Sozialarbeiter Simon Mallow lesen in „Offenbart“ das Markus-Evangelium und diskutieren darüber. Die vorgelesenen Textstellen verknüpfen die beiden Anfang 30-Jährigen mit ihrem Alltag und wollen auch „mal gegen den Strich bürsten“, sagt Klette. Ziel sei es, „die Bibel in unsere Zeit zu heben, und zwar so richtig und kompromisslos“, ergänzt Mallow. Das machen sie seit rund zwei Jahren in nunmehr 97 Folgen.
Kritische Feedbacks wegen „derber Sprache“
Wie viele Zuhörer sie genau haben, sei schwer messbar. Grob gehen sie davon aus, dass jede Folge innerhalb der ersten vier Wochen von 150 bis 200 Menschen abgerufen werde. Die Rückmeldungen der Hörer sei meist positiv, sagt Klette. Kritische Feedbacks gebe es ab und an wegen ihrer „derben Sprache“, fügt Mallow an – und auch, weil er manchmal Jesus etwas härter angehe. „Ich bin da nicht kritikfrei, und das ist für manche Menschen ganz schön schwierig.“
Einen anderen Fokus haben die Schwestern Friederike und Svenja Nordholt gewählt, die seit rund einem Jahr den Podcast „Wortkollektiv“ betreiben. „Die Idee war, die Predigt in den Fokus zu rücken“, erzählt Svenja Nordholt. Sie studiert Theologie in Leipzig, ihre Schwester in Bonn. In dem Podcast wollen die Studentinnen testen, was für Möglichkeiten es gibt, die Predigt anders zu gestalten.
Dafür laden sie in jeder Folge einen Gast ein, der die Predigt hält und mit dem sie zuvor ein Gespräch führen, „um die Person kennenzulernen und das, was sie sagt, einordnen zu können“, sagt Svenja Nordholt. Der Podcast sei für alle, die an Theologie interessiert seien, beschreibt die 27-Jährige. „Aber so ganz offen und nicht festgelegt auf irgendeine Frömmigkeit.“
Unter den deutschen christlichen Podcasts ein Urgestein ist der Bibel-Podcast „bibletunes“. Seit 2010 veröffentlicht der Theologe Detlef Kühlein täglich acht- bis zehnminütige Folgen. In dem Podcast werden Verse aus der Bibel vorgelesen und das Gelesene vertieft. „bibletunes“ hören nach Angaben Kühleins mehrere tausend Menschen regelmäßig.
Für theologisch Versierte
Wie „bibletunes“ ist auch der Podcast „Tischgespräche“ eher für theologisch Versierte. Die Nordkirchen-Pastoren Malte Detje und Knut Nippe „bearbeiten“ Glaubensthemen aus der Perspektive der Reformation, wie Detje sagt. „Tischgespräche“ läuft seit zwei Jahren. Die Reichweite schätzt Detje auf 500 Hörer. „Für das Internet mögen 500 regelmäßige Hörer eine kleine Zahl sein, vergleicht man es aber mit der Reichweite einer typischen Sonntagspredigt, ist es sehr viel“, findet er.
Die deutsche christliche Podcast-Szene ist noch recht überschaubar. Einige Podcaster kennen sich persönlich, viele seien vor allem auf den sozialen Medien vernetzt, wie sie erzählen. Privat orientieren sich einige an US-amerikanischen Podcasts. Friederike Nordholt von „Wortkollektiv“ findet es dabei sehr praktisch, dass beim Thema Kirche in Deutschland alles etwas langsamer laufe: „In den USA ist immer alles zwei Jahre vor allem und bei der Kirche ist immer alles fünf Jahre danach“, sagt die 24-Jährige mit einem Schmunzeln. „In Deutschland ist man deshalb jetzt noch am Start, wenn man auf den Podcast-Zug aufspringt.“
Johanna Greuter (epd)