„Fairer Transport ist wichtig“
Deutsche Seemannsmission führt neuen Generalsekretär ein
Bremen/Hamburg (epd). Er hat schon Anfang März seine neue Aufgabe übernommen, nun wurde er auch offiziell eingeführt: Pfarrer Christoph Ernst (54) ist der neue Generalsekretär der evangelischen Deutschen Seemannsmission mit Sitz in Bremen. Am 14. Juni wurde er in Hamburg im Ökumenischen Forum der Hafencity mit einem Gottesdienst begrüßt. Ernst hat die Verantwortung für das Werk in der Nachfolge von Heike Proske übernommen, die als Superintendentin nach Dortmund gegangen ist.
Ursprünglich ist der Theologe aber Binnenländer. Ernst war zuvor Referatsleiter Nord- und Westeuropa in der Ökumene und Auslandsarbeit der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) und hat in Hannover gearbeitet. Der gebürtige Görlitzer hat bislang, so gibt er offen zu, wenig Berührungspunkte mit der Seeschifffahrt und der Seemannsmission. Doch er bringe ökumenisches Wissen und aus dem EKD-Kirchenamt Leitungserfahrungen mit.
Bei der Wahl von Ernst hatte der Stader Landessuperintendent Hans Christian Brandy als Vorsitzender des leitenden Ausschusses der Seemannsmission gesagt, der neue Chef sei ein würdiger Nachfolger von Proske: „Die internationale Erfahrung und die breite kirchliche und ökumenische Vernetzung machen ihn zu einem guten neuen Generalsekretär.“
„Fairer Transport ist genauso wichtig wie fairer Handel“
Zur Deutschen Seemannsmission zählen 16 Stationen im Ausland. Ebenso viele arbeiten im Inland eng mit dem Auslandswerk zusammen und werden von eigenständigen Vereinen getragen. Er wolle dieses Netzwerk und seine Arbeit für Seeleute aus aller Welt sichtbarer machen, „in der EKD, in der Zivilgesellschaft und gegenüber der Bundesregierung“, sagte der leitende Theologe dem epd. Wer nicht an der Küste wohne, kenne die Seemannsmission nicht - „insbesondere die Arbeit unserer Auslandsstationen ist vielen unbekannt“.
Das will Ernst ändern, denn schließlich kämen auch Jeans, Waschmaschinen und Autos per Schiff aus Übersee zum deutschen Kunden. „90 Prozent aller Handelsgüter werden auf dem Seeweg transportiert. Fairer Transport übers Meer mit guten Arbeitsbedingungen für die Seeleute ist genauso wichtig wie fairer Handel. Dafür setzen wir uns als Seemannsmission ein.“
Bisherige Standorte hinterfragen
Der Theologe übernimmt keine leichte Aufgabe. Innerkirchlich steht die Deutsche Seemannsmission an einem Scheideweg. Die Auslandsstationen und ihre Zentrale in Bremen sind nach den Worten von Seemannsmission-Präsidentin Clara Schlaich „in großen finanziellen Nöten“. So sei zum Ende des Jahres bereits die Schließung der Station im finnischen Mäntyluoto beschlossen.
Man könne das Werk nicht auf Raten kleiner sparen, sagt Ernst. „Wir müssen künftig überlegen, wo die Deutsche Seemannsmission gebraucht wird und wo wir neu aktiv werden müssen, zum Beispiel in China, weil dort große Warenströme unterwegs sind.“ Gleichzeitig müsse man auch bisherige Standorte hinterfragen, vor allem in Häfen, in denen mehrere Träger sozialdiakonischer Arbeit für Seeleute tätig seien. „Wir brauchen eine institutionelle Förderung, nicht nur eine Fehlbedarfsfinanzierung seitens der EKD“, ist der neue Generalsekretär überzeugt.
Derzeit verfügt die Seemannsmission Ernst zufolge über einen Jahresetat von rund 1,2 Millionen Euro. Die Arbeit des Werkes wird aus Kirchensteuern, öffentlichen Mitteln, Spenden und freiwilligen Schiffsabgaben der Reeder finanziert. Mehr als 700 Haupt- und Ehrenamtliche leisten im Auftrag der Organisation und ihrer angeschlossenen Vereine auf Schiffen, in Seemannsclubs und in Seemannsheimen auf mehreren Kontinenten Seelsorge und Sozialarbeit an Seeleuten aus aller Welt.
Dieter Sell (epd)
Die Deutsche Seemannsmission mit ihrer internationalen Zentrale in Bremen gehört zu den ältesten Arbeitszweigen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Seit mehr als 125 Jahren leistet die Organisation auf Schiffen, in Seemannsclubs und in Seemannsheimen auf mehreren Kontinenten Seelsorge und Sozialarbeit für Seeleute aus aller Welt. Die Arbeit geschieht unabhängig von Herkunft und Religion der Schiffsbesatzungen.
International legt das Hilfswerk seit einiger Zeit besonderes Gewicht auf die psychosoziale Unterstützung von Piratenopfern und Hilfen für Seeleute, die oft bei der Rettung von Flüchtlingen kriminalisiert werden. An der Nord- und Ostsee leistet die Organisation in Zusammenarbeit mit dem Havarie-Kommando in Cuxhaven Notfallseelsorge. Die Arbeit wird aus Kirchensteuern, öffentlichen Mitteln, Spenden und freiwilligen Schiffsabgaben der Reeder finanziert.
Ihre Wurzeln hat sie im diakonischen „Komitee für kirchliche Versorgung im Ausland“, das am 29. September 1886 gegründet wurde. Heute wollen die etwa 700 Haupt- und Ehrenamtlichen rund um den Globus mit Freizeitangeboten außerhalb der Bordroutine der Vereinsamung und Entfremdung in den zunehmend multinationalen Besatzungen entgegenwirken. Sie arbeiten eng mit anderen christlichen Seemannsmissionen und Organisationen wie der Internationalen Transportarbeiter-Gewerkschaft ITF zusammen.
Gemeinsam setzen sie sich dafür ein, die Lebens- und Arbeitsverhältnisse an Bord zu verbessern. Dafür unterhält die Deutsche Seemannsmission im Ausland ein Netz von 16 Stationen, beispielsweise in Lomé, Valparaiso und Rotterdam. In Deutschland gibt es ebenfalls 16 Standorte, die von eigenständigen Inlandsvereinen getragen werden. Unter ihnen sind Bremen, Hamburg, Rostock, Brunsbüttel, Bremerhaven, Cuxhaven und Emden. Auch in Duisburg, dem größten Binnenhafen Europas, ist die Seemannsmission tätig.