Kritischer Rückblick, hoffnungsvoller Ausblick

Erster Tag der EKD-Synodentagung 2017 in Bonn

Heinrich Bedford-Strohm, Margot Käßmann und Irmgard Schwaetzer auf der EKD-Synode in Bonn
EKD-Ratsvorsitzender Heinrich Bedford-Strohm, Margot Käßmann, Reformationsbotschafterin der EKD und die Präses der EKD-Synode, Irmgard Schwaetzer auf der EKD-Synodentagung in Bonn.

Bonn (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat die Kirchen vor einer Überforderung der Menschen gewarnt. Hinweise und Anregungen zu einer offenen Flüchtlingspolitik und zu tatkräftiger Nächstenliebe bei der Integration von Flüchtlingen hätten nicht wenige als unter Druck setzende Durchhalteparolen empfunden, räumte der bayerische Landesbischof zum Auftakt der EKD-Synode in Bonn selbstkritisch ein. Zugleich mahnte er eine stärkere Öffnung der Kirche für junge Menschen und mehr digitale Angebote an.

Beteiligung junger Leute als Herausforderung für die Kirche der Zukunft

„Kirche ist für junge Menschen weithin nicht mehr relevant“, sagte er und bezeichnete die Beteiligung junger Leute als eine zentrale Herausforderungen für die Kirche der Zukunft. Sie müssten deshalb stärker in Entscheidungen und Gremien eingebunden werden. Die Befunde über den „Traditionsabbruch“ seien alarmierend. Die Kirche müsse sich fragen, wie sie die Lebenskultur junger Menschen besser aufnehmen und für Jugendliche zur Heimat werden könne, etwa durch Gottesdienste am Abend und mit „postmodernen Elementen“.

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Eine wichtige Rolle spiele die digitale Kommunikation: „Erschließt sich die Kirche die digitalen Räume nicht, verpasst sie einen entscheidenden Lebensraum junger Menschen“, warnte Bedford-Strohm in seinem Bericht vor der Synode. Für „Digital Natives“ sei Kirche weniger ein Ort als vielmehr ein Netzwerk mit virtuellen Formen von Gemeinschaft. Die Synode befasst sich am Abend des 13. November mit Folgen der Digitalisierung.

Der EKD-Ratsvorsitzende warnte die Kirchen vor einem Moralisieren. Es gehe der evangelischen Kirche keineswegs um ein Handeln aus schlechtem Gewissen, political correctness oder den Versuch der moralischen Selbsterhöhung, sondern um ein Handeln aus Freiheit, betonte der EKD-Ratsvorsitzende. „Ein solches Handeln aus Freiheit verurteilt andere nicht.“ Die Kirche sollte ihre Positionen daher mit „werbender Vernunft“ in die Öffentlichkeit tragen.

Gewachsene Nähe von Protestanten und Katholiken

Zugleich hob er die gewachsene Nähe von Protestanten und Katholiken im Jahr des 500. Reformationsjubiläums hervor. Synodenpräses Irmgard Schwaetzer rief die beiden großen christlichen Kirchen mit Blick auf die Mitgliederverluste zu mehr Gemeinsamkeiten auf. Das Kirchenparlament will biszum 15. November eine Bilanz des 500. Reformationsjubiläums ziehen, das mit einen starken ökumenischen Akzent gefeiert wurde. Bedford-Strohm sagte, zwar gebe es weiterhin „gewichtige Hürden auf dem Weg zu einer sichtbaren Einheit in versöhnter Verschiedenheit“. Sie seien aber „überwindbar und nicht notwendigerweise kirchentrennend“.

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki würdigte in einem Grußwort vor der Synode, dass die EKD nicht Spaltung und Zwietracht zelebriert habe, sondern „ein Fest Christi und seiner Gnade“. Dazu hätten sich die Katholiken „herzlich gerne“ einladen lassen. Zudem wies er darauf hin, dass katholische und evangelische Kirche gleichermaßen von einer Zurückdrängung des christlichen Glaubens in der Gesellschaft betroffen seien.

Internationale Dimension des Festjahres

Die EKD-Botschafterin für das Reformationsjubiläum, Margot Käßmann, unterstrich die internationale Dimension des Festjahres. Das sei ihr „wichtig, wo in diesem Jahr so viel Nationalismus aus der Mottenkiste der Geschichte geholt wurde“, sagte sie und verwies auf Ausstellungen, Veranstaltungen und Diskussionen über die Reformation und ihre Folgen, die sie im Ausland besucht hat.

Die evangelische Kirche hatte bis Ende Oktober 500 Jahre Reformation gefeiert. 1517 hatte Martin Luther seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht, die er der Überlieferung nach am 31. Oktober an die Tür der Wittenberger Schlosskirche nagelte. Der Thesenanschlag gilt als Ausgangspunkt der weltweiten Reformation, die die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge hatte.