Freiheit und Dienst

Vorwort

Von Zeit zu Zeit wird die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht ins Gespräch gebracht. Die Diskussion findet dann sowohl innerhalb der politischen Parteien als auch zwischen Vertretern der Politik und der Wohlfahrtsverbände statt. Anlass ist dabei u.a. auch die Frage nach der Zukunft der Allgemeinen Wehrpflicht und damit verbunden die Frage nach der Zukunft des Zivildienstes. Für den Fall, dass mit der Wehrpflicht auch der Zivildienst wegfallen würde – was zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Textes allerdings keine aktuelle Frage ist –, könnte nach Ansicht der Befürworter eine allgemeine Dienstpflicht ein Ort sein, an dem Verantwortung für das Gemeinwesen gelernt und übernommen wird.

Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland hat im Juli 2004 eine Kommission eingesetzt, die die Chancen und Grenzen einer allgemeinen Dienstpflicht ausloten, die juristischen und organisatorischen Fragen im Zusammenhang ihrer eventuellen Einführung prüfen und mögliche Auswirkungen einer Dienstpflicht beschreiben sollte. Der Rat hat auf seiner Sitzung am 7. Oktober 2005 der Veröffentlichung des von der Kommission erarbeiteten und einstimmig verabschiedeten Textes zugestimmt.

Die Kommission spricht sich für den Ausbau der Freiwilligendienste und gegen die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht aus. Sie befürwortet die weitere Stärkung der Freiwilligendienste - unabhängig von der Zukunft der Wehrpflicht und des Zivildienstes. Freiwilligendienste sollten in Richtung generationsübergreifender Modelle gestaltet und weiterentwickelt werden. Ihnen sollte zu einer breiten gesellschaftlichen Anerkennung verholfen und sie sollten zu einem Qualitätsmerkmal bei allen in Frage kommenden Einrichtungen und Unternehmen gemacht werden.

Aus evangelischer Sicht gehören Freiheit und Dienst zusammen. Die von Gott zugesagte und im Glauben erfahrene Freiheit führt gerade nicht in die Unverbindlichkeit, sondern befreit zum Einsatz für den Nächsten und das Gemeinwohl. Diese theologische Begründung ist für die Kirche das zentrale Motiv, den Ausbau der schon vorhandenen Freiwilligendienste zu befürworten und für ihre Anerkennung einzutreten. Als Anbieterin von Freiwilligendiensten kann und soll die Kirche auf diesem Weg mit gutem Beispiel vorangehen. Zugleich will sie ihren Beitrag zu einem möglichst breiten Bündnis mit anderen gesellschaftlichen Gruppen leisten, um die Idee der Freiwilligendienste als eine Form freiwilligen Engagements noch deutlicher in die Gesellschaft zu tragen.

Bischof Dr. Wolfgang Huber
Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland

Berlin/Hannover, im Juni 2006

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