Wandeln und gestalten

3. „Einschätzen können“: Typen kirchlicher Entwicklung

Die im Folgenden dargestellte Typologie kirchlicher Entwicklungen in ländlichen Räumen kann bei der Beurteilung der Perspektiven und der missionarischen Aufgaben konkreter ländlicher Räume helfen. Sie bietet ein Raster, um die strukturellen Kennzeichen des jeweiligen Raumes zu erkennen und von der Eigenart anderer Räume abzugrenzen. Dieser Zielsetzung entsprechend sind die Typen bewusst kontrastiv angelegt. Sie gehen von der allgemeinen raumplanerischen Klassifikation ländlicher Räume aus und kombinieren sie mit dem Differenzmerkmal des Vorhandenseins bzw. Nichtvorhandenseins kirchlicher Wachstumsperspektiven. Um die einzelnen Typen kirchlicher Entwicklung besser anschaulich zu machen, sind ihnen jeweils konkrete Beispiele beigefügt [2].

Zum rechten Verständnis der Typen seien einige Voraussetzungen vorab benannt, die dem Raster zu Grunde liegen:

  1. Es gibt nicht den einen ländlichen Raum, sondern sehr unterschiedliche ländliche Räume mit divergierenden Entwicklungstendenzen und folglich verschiedenen Herausforderungen und Chancen für das missionarische Wirken von Kirche.

    Die traditionelle und auch in kirchlichen Diskussionen verbreitete Rede von „dem Land“ (in Unterscheidung zur „Stadt“) erweist sich bei genauerem Hinsehen als unscharf und unzureichend (s.o.). „Die Unterschiede [...] sind zwischen einzelnen ländlichen Räumen dabei vielfach stärker ausgebildet als zwischen städtisch geprägten Gebieten und ländlichen Räumen.“ [3] Die Betonung des Unterschieds von Stadt und Land ist eher interesse als erkenntnisgeleitet. Es bedarf in der Kirche daher der Ausbildung eines veränderten „Raumbewusstseins“ und eines „räumlichen Ressourcenmanagements“ [4], um den sich stark verändernden Rahmenbedingungen kirchlichen Handelns gerecht zu werden. So ist - in Aufnahme einer verbreiteten Unterscheidung nach Zentrenerreichbarkeit und Bevölkerungsdichte - zwischen Peripherieräumen (dünn besiedelte Gebiete, größere Entfernung zu Zentren), Zwischenräumen (erweitertes Umland der Zentren, mittlere Siedlungsdichte) und Zentralräumen (städtische Siedlungsgebiete mit Siedlungskorridoren, hohe Siedlungsdichte) zu unterscheiden [5]. Die einzelnen Regionen entwickeln sich je nach Funktion, Verdichtungsgrad, Umfeld des ländlichen Raumes und oft auch innerhalb des gleichen Raumtyps sehr unterschiedlich und stellen die Kirche entsprechend vor verschiedenartige Aufgaben. Entgegen der geläufigen Koppelung von „Land“ und „Landwirtschaft“ gilt es, die Multifunktionalität des ländlichen Raumes wahrzunehmen und kirchlich zu gestalten (z.B. naturnahes, günstiges, familien/altenfreundliches Wohnen, Wirtschaften, Naturschutz, Erholung/Tourismus, natürliche Ressourcen, flächenintensive Infrastruktur).

  2. Kirchliches Wachstum wird durch allgemeine Rahmenbedingungen nicht einfach determiniert, vollzieht sich aber auch nicht unabhängig von ihnen.

    Diese Erkenntnis ist in ihren beiden Teilen notwendig zu betonen. Sie wendet sich einerseits gegen die Tendenz, einen Rückgang kirchlichen Lebens als unveränderliche Notwendigkeit auf Grund gesellschaftlicher Prozesse anzusehen. Auch unter erschwerten Rahmenbedingungen ist kirchliches Wachstum qualitativ wie quantitativ möglich, wie vielfältige „bestpractice“Beispiele zeigen. Andererseits gilt es jedoch zu beachten, dass die Kirche sich nicht alleine - im Stile einer WagenburgMentalität - bestimmten sozialen Strukturveränderungen entgegenstellt oder sie gar aufhalten kann. Das im Folgenden darzustellende TypenSchema trägt dieser zweifachen Abgrenzung Rechnung, indem es allgemeine strukturelle Merkmale aufnimmt und sie mit unterschiedlichen kirchlichen Entwicklungsmöglichkeiten koppelt.

  3. Mit jedem ländlichen Raum sind missionarische Chancen und Aufgaben gegeben, das Potential zum Wachstum in den verschiedenen ländlichen Räumen ist jedoch stark unterschiedlich.

    Es gehört zu den letztlich theologisch begründeten Prämissen dieser Überlegungen, dass es keinen ländlichen Raum gibt, der als eine Art „weißer Fleck“ außerhalb des kirchlichen Missionsauftrages steht. Der missionarische Auftrag der Kirche muss jedoch nicht notwendig einen quantitativen Wachstumsvorgang beinhalten, sondern kann auch im Konzentrieren und Verdichten, in einer Konsolidierung und Strukturanpassung bestehen. Zur nüchternen Klarheit der Situationseinschätzung gehört es allerdings auch wahrzunehmen, dass es eine Kategorie von dezidiert strukturschwachen ländlichen Räumen gibt, in denen keine besondere kirchliche Wachstumsperspektive vorhanden ist. Abweichend von der sonstigen Konstruktion findet sich daher beim ersten Typ keine komplementäre Entsprechung mit Wachstumstendenz. Dass sich die kirchliche Situation in diesen Räumen dennoch positiv entwickeln kann, ist dadurch keineswegs ausgeschlossen.

  4. Die Zuordnung eines ländlichen Raumes zu einem bestimmten Typ ist zeitlich befristet und kann sich in Zukunft verändern. Es geht ausdrücklich um eine situative Einschätzung mit der Möglichkeit dynamischer Veränderung, nicht um eine statische Festschreibung.

    In den Zuordnungen spiegelt sich die Wahrnehmung der Situation und der Entwicklung aus der Perspektive des Jahres 2006. Speziell die Konkretionen zu den einzelnen Typen sind deshalb als „Beispiele auf Zeit“ zu verstehen. Dies ist nachdrücklich zu betonen, da die zukünftige Entwicklung auch anders verlaufen kann, als jetzt zu vermuten ist. Die Zuordnung zu einem Typ selbst dient als Planungshilfe gerade dazu, die missionarischen Chancen eines Gestaltungsraumes möglichst optimal wahrzunehmen und die kirchliche Entwicklung entsprechend positiv zu beeinflussen.

  5. Die konkrete Zuordnung eines bestimmten ländlichen Raumes zu einem Typ durch verschiedene Personengruppen wird kontrovers bleiben, da sie in der Regel spontan nicht nur (oder vielleicht nicht einmal primär) von objektiven Bestimmungen abhängig gemacht wird, sondern von subjektivem Empfinden.

    Es wäre illusorisch zu glauben, mit Hilfe einer Typologie die Frage der kirchlichen Einschätzung ländlicher Räume abschließend beantworten und über die damit verbundenen kirchenpolitischen Konsequenzen entscheiden zu können. Das TypenSchema kann jedoch helfen, die gefühlte Einschätzung anhand empirischer Daten kritisch zu hinterfragen und den eigenen Blick durch die Wahrnehmung des weiteren Spektrums ländlicher Räume verändern zu lassen.

  6. Bei der Zuordnung zu einem Typ geht es um die möglichst angemessene und nüchterne Einschätzung der kirchlichen Situation in einem ländlichen Raum, nicht um die wertende Beurteilung der bisher in diesem Raum geleisteten kirchlichen Arbeit.

    Das TypenSchema darf nicht in dem belastenden Sinne einer „NotenSkala“ für Kirchengemeinden und die von ihnen geleistete kirchliche Arbeit missverstanden werden oder als Bewertung dessen, was die Hauptamtlichen dort bisher getan haben. Vielmehr wird dadurch deutlich, wie belastend äußere Bedingungen für die kirchliche Arbeit sind. Die Intention der Typisierung steht dem geradezu entgegen. Sie zielt darauf ab, kirchliche Verantwortungsträger und Mitarbeitende zu entlasten, indem Grenzen der eigenen Gestaltungsmöglichkeiten klar benannt werden. Und sie zielt zugleich darauf ab, kirchliche Verantwortungsträger und Mitarbeitende zu ermutigen, indem Chancen und Möglichkeiten für kirchliches Wachstum aufgezeigt werden.

Typ 1: Strukturschwache Räume -
Kirche ohne besondere Wachstumsperspektive

  • Typologische Bezeichnung: Dieser RaumTyp wird allgemein als „strukturschwacher Raum“ bzw. als äußerer „Peripherieraum mit geringer Dichte“ [6] bezeichnet. Es handelt sich um ländliche Räume ohne Einflüsse durch die Nähe zu Urbanisierungszentren, um Gestaltungsräume ohne jede besondere Eigendynamik und mit einer mehr oder weniger abgeschwächten allgemeinen Entwicklung.
  • Allgemeine Kennzeichen: Die strukturschwachen, peripheren Räume sind gekennzeichnet durch eine schwierige Gesamtsituation in (nahezu) allen sozialen Bereichen. Die infrastrukturelle Anbindung und die allgemeine Versorgung der Gebiete sind schwach. Die Besiedlungsdichte ist sehr niedrig (unter 100 Einwohner pro km2). Ökonomisch dominiert eine Monostruktur einzelner Anbieter. Die Arbeitsmarktsituation ist problematisch bis prekär, die Arbeitslosenquote überdurchschnittlich hoch, das Durchschnittseinkommen niedrig. Demographisch tendieren die Gebiete zu einer Überalterung. Vor allem junge Menschen wandern in der Phase der Ausbildung bzw. beim Einstieg ins Erwerbsleben ab. Auffällig ist besonders der niedrige Anteil junger Frauen. Der Alltag wird durch ein hohes Maß an Mobilitätsnotwendigkeit geprägt (Pendeln zu Schule, Ausbildung, Arbeit, Einkauf, Freizeitangebot). Auf Grund des sehr günstigen Wohnraums und persönlicher Bindungen findet punktuell eine Ansiedlung in der Familiengründungs- bzw. Rentenphase statt. Perspektivisch ist ein weiterer Fortgang sozialer, infrastruktureller und demographischer Erosion in diesen Räumen zu erwarten.
  • Kirchliche Perspektive: Von einer besonderen kirchlichen Wachstumsperspektive kann in diesen ausgesprochen strukturschwachen Räumen nicht die Rede sein. Die spezielle Herausforderung für die kirchliche Zukunft besteht vielmehr in der Anpassung kirchlicher Arbeit an die veränderten Rahmenbedingungen außerhalb und innerhalb der Kirche. Es geht in diesen Räumen um die Sicherung und Gewährleistung von Grundvollzügen kirchlichen Lebens, nicht um eine expansive Entwicklung. Damit ist allerdings noch nichts über die inneren Wachstumsperspektiven gesagt; in diesen Räumen können eine Konzentration der Kräfte, eine Zentrierung auf bestimmte geistliche Räume und Rhythmen geistliche Vertiefung eröffnen.
  • Konkretion: Die Propstei Stargarder Land in der EvangelischLutherischen Landeskirche Mecklenburgs umfasst 10 Kirchgemeinden, in denen 53 Kirchen und Kapellen stehen, drei Gemeindezentren und viele Pfarrhäuser, und in der knapp 6.000 Mitglieder leben. Sie wohnen in einer Fläche von ca. 50 km Länge und 25 km Breite. Es gibt 7,5 Pfarrstellen, drei Stellen für gemeindekatechetische Mitarbeitende, die sich fünf Mitarbeitende teilen, einen Jugendmitarbeiter für eine Hälfte des Kirchenkreises, eine befristete Projektstelle für Kirchenmusik, finanziert von der Landeskirche, und einige kleine Honorarstellen für Kirchenmusik und Sekretariatsarbeit.

    Die Bevölkerungszahlen in der Region gehen stark zurück, sie sind zwischen 1989 und 2003 um knapp 12% gesunken, die Zahl der Gemeindeglieder sogar noch stärker. Drei Viertel dieses Verlustes sind darauf zurückzuführen, dass mehr Menschen sterben als geboren werden, ein Viertel hängt mit der Abwanderung aus der Region zusammen. Das Land verliert wichtige Unternehmen und gut ausgebildete Menschen. Die Zahlen der Arbeits und Ausbildungsplätze gehen zurück. Etwa 20% der Einwohner sind arbeitslos. Vor 13 Jahren war MecklenburgVorpommern noch das jüngste Bundesland, 2020 wird es wohl das älteste sein. Damit ist deutlich, dass das Land nicht nur seine Jugend verliert, sondern auch seine Dynamik und Zukunftsfähigkeit.

    Die Kirchgemeinden werden immer kleiner und älter, es gibt kaum junge Familien, die Entfernungen zwischen den Predigtstätten sind groß. Die verbleibenden Gemeindeglieder sind bereit, sich für ihre Kirche zu engagieren, z.B. ist die Spendenbereitschaft überproportional hoch. 377 Ehrenamtliche arbeiten in Chören, beim Kindergottesdienst, in Gemeindegruppen und Besuchsdiensten und setzen sich für den Erhalt der Gebäude ein.

    Auch die Mitarbeitenden sind sehr engagiert. Dennoch muss das Ziel kirchlicher Arbeit in dieser Region sein, durch Konzentration der Kräfte Grundvollzüge in neuer Weise zu sichern und verantwortete Verdichtungen als Einladungsorte aufzubauen (siehe dazu Strategie 1).

Typ 2: Periphere Räume mit einzelnen Entwicklungsfeldern -
Kirche mit nur punktueller Wachstumsperspektive

  • Typologische Bezeichnung: Die unter diesem Typ zusammengefassten Räume lassen sich als „PeripherieRäume“ mit schwachen Verdichtungsansätzen charakterisieren, als Räume mit Wachstumsperspektiven in bestimmten Feldern. Sie bilden insofern den Übergang zwischen den dezidiert strukturschwachen Regionen des ersten Typs und den peripheren Räumen mit einer starken Eigendynamik vom Typ drei.
  • Allgemeine Kennzeichen: Zu den singulären Entwicklungsfeldern gehören in diesen ländlichen Räumen vor allem drei Bereiche:
    1. Tourismus - Der Tourismus führt auf Grund von landschaftlicher Attraktivität und Regenerations-/Rekreationsmöglichkeiten zu einem meist saisonalen Zustrom von Besuchern. Je nach Art des Tourismus können sich damit mehr oder weniger starke ökonomische und infrastrukturelle Entwicklungen verbinden.
    2. Landwirtschaft - Im Unterschied zu den agrarischen Grenzertragsstandorten der ländlichen Räume vom Typ 1 geht es hier um Regionen mit hoher landwirtschaftlicher Produktivität. An sie gliedern sich z. T. weitere Wertschöpfungsketten an. Der Anteil der Beschäftigten in der (praktischen) Landwirtschaft ist jedoch allgemein rückläufig.
    3. Natur - Zu der agrarischen und touristischen Bedeutung der Landschaft kommt ihre Relevanz für Ökologie und Forstwirtschaft. Exemplarisch ist hier die Ausweisung von speziellen Naturschutzgebieten zu nennen.
    Charakteristisch für den hier skizzierten Raumtyp ist, dass die Entwicklung - trotz der genannten Anknüpfungspunkte - segmentär bleibt und nicht die gesamte soziale Struktur des Raumes erfasst. Das Profil entspricht ansonsten weithin dem ersten Typ.
  • Kirchliche Perspektive: Betrachtet man die drei genannten Entwicklungsfelder Tourismus, Landwirtschaft und Natur in diesem Typ ländlicher Räume, so bietet vor allem der Bereich des Tourismus kirchliche Wachstumsmöglichkeiten. Das hängt mit der lebensweltlichen Nähe zu Menschen zusammen, die der Kirche hier möglich ist bzw. von ihr erschlossen werden kann. Der Fremdenverkehr bietet die große missionarische Chance, Menschen in einer Zeit der Erholung, Aufgeschlossenheit und Neuorientierung zu erreichen. Eine ansprechende kirchliche Urlauberarbeit in den saisonalen Hochzeiten anzubieten, stellt so eine wichtige gesamtkirchliche Aufgabe dar. Dazu bedarf es einer angemessenen finanziellen und personellen Unterstützung auch über die landeskirchlichen Grenzen hinaus, um solche situativen „Gemeinden auf Zeit“ in ansonsten strukturschwachen Regionen zu ermöglichen. Natur und Landwirtschaft und ihre Bewahrung spielen als sozialer Erfahrungsraum für das Thema Schöpfung eine auch kirchlich wichtige Rolle.

    Abgesehen von den speziellen Entwicklungsfeldern gibt es bei diesem Raumtyp - entsprechend der Schilderung beim ersten Typ - keine oder nur sehr begrenzte Entwicklungsbereiche für Kirche. Die besondere Herausforderung kirchlicher Arbeit besteht dem gemäß darin, die Gewährleistung von Grundvollzügen kirchlicher Arbeit mit der gezielten Wahrnehmung der Herausforderung in einem speziellen Bereich zu verbinden.

  • Konkretion: Als Beispiel anführen lässt sich hier die Kirchengemeinde Hundsbach, am Rand der Nordwestpfalz (Ev. Kirche im Rheinland) gelegen. Die zugehörigen vier Dörfer verfügen über vier eigene Kirchen, sind überwiegend evangelisch (z.T. fast 100%) und volkskirchlich geprägt. Besonders bei Beerdigungen, aber auch den anderen Kasualien, an Festtagen und zu Jubiläen sind die Kirchen voll. Bei den Vereinen des Ortes ist die Kirchengemeinde bzw. der Pfarrer gefragt. Die Prägungen des Kirchenjahres bestimmen das Leben. Besonders für Kinder und alte Menschen macht die Kirche oft die einzigen verlässlichen Angebote. Das ehrenamtliche Engagement in Vereinen und in der Kirchengemeinde ist extrem hoch. Noch fast jedes Haus lässt sich für einzelne Aufgaben mobilisieren. Der Pfarrer will vor allem den positiven Stand von Volksfrömmigkeit halten und deswegen in den vier Dörfern präsent sein. Die Gesamtkonzeption gemeindlicher Aufgaben wird sich zunehmend regional und auf die Zusammenarbeit mit umliegenden Gemeinden ausrichten müssen.

    Weil es wenige Arbeitsplätze in der Region gibt, müssen die Einwohner weite Wege zur Arbeit in Kauf nehmen. Viele wandern deswegen ab, der Altersdurchschnitt steigt, die Einwohner und damit auch die Gemeindegliederzahl ist rückläufig. Hier besteht auf längere Sicht kein Wachstumspotential, wohl aber Potential in der Stärkung der Eigenverantwortung für kirchliche Belange. In der Region werden Konflikte zwischen den am Tourismus Interessierten und den Landwirten zunehmend deutlich.

Typ 3: Periphere Räume mit ausgesprochener Eigendynamik -
Kirche mit Wachstumsperspektive

  • Typologische Bezeichnung: Auch dieser Typ gehört - wie der vorhergehende - zu den „PeripherieRäumen mit Verdichtungsansätzen“. Im Unterschied zum Vorherigen zeichnet sich die Entwicklung hier durch eine ausgesprochene Eigendynamik und größere strukturelle Breite aus.
  • Allgemeine Kennzeichen: Auf Grund von naturräumlicher Ausstattung, land bzw. forstwirtschaftlicher Gunstlage, touristischer Attraktivität und zentraler Verkehrslage in der Region haben sich hier Verdichtungen in der Siedlungs und Wirtschaftsstruktur (sog. „Cluster“) gebildet. Es handelt sich um den Raum rings um die peripher gelegenen Klein und Mittelstädte (Unter/Mittelzentren) als den regionalen Entwicklungskernen. Die Wirtschaftsstruktur ist mittelständisch geprägt. Die Bevölkerungsentwicklung und der Wanderungssaldo sind tendenziell positiv. Auf Grund der Verbindung von günstigem Wohnraum, Arbeitsmöglichkeiten und eigener Infrastruktur vor Ort (z.B. Schulen, Einkaufsmöglichkeiten, Freizeitangebote) besitzen die Räume eine Attraktivität für Familien, für die Ansiedlung älterer Menschen (Altersruhesitz) und auch für Wochenend/Ferienwohnungen. Gleichzeitig vollzieht sich jedoch häufig eine Bildungsabwanderung von jungen Menschen für Ausbildung und Studium. Die einzelnen ländlichen Räume dieses Typs weisen eine sehr unterschiedliche Prägung auf. Neben prosperierenden Räumen finden sich in der gleichen Kategorie Räume mit negativer Entwicklungstendenz.
  • Kirchliche Perspektive: Kirche besitzt in den Räumen dieses Typs in mehrfacher Hinsicht Wachstumsmöglichkeiten. Als wichtigster Faktor ist hier zunächst die Präsenz von Familien zu nennen. Kirche hat hier die Möglichkeit, Kinder und Jugendliche gut zu erreichen und insofern nachhaltig zu arbeiten. Andererseits gibt es bei älteren Menschen oft ein hohes Maß heimatlicher Verbundenheit, an das im Blick auf ehrenamtliches Engagement angeknüpft werden kann. Die Bedeutung touristischer Arbeit wurde bereits entfaltet. Die Verbindung von Siedlungsverdichtungen und bleibender sozialer Überschaubarkeit ermöglicht verschiedene Formen kirchlicher Arbeit. Infrastrukturell bieten Schulen, Vereine und andere Einrichtungen Möglichkeiten der Kooperation und Vernetzung. Vor allem der innerkirchlichen Vernetzung der Arbeit kommt eine besondere Bedeutung zu. Die kirchlichen Potentiale hängen jeweils noch einmal von der konkreten sozialen Situation vor Ort ab, auch von der religiösen bzw. konfessionellen Prägung des Gestaltungsraumes (z.B. Majorität, Diaspora, Grad der Säkularisierung). Als generelle kirchliche Herausforderung - auch in den Orten mit insgesamt positiver Prognose - steht die Kirche vor der Aufgabe, sich vor dem Hintergrund von Überalterung, Mitgliederverlust und damit verbundenen Einbußen an Ressourcen strukturell neu aufzustellen und nach außen zu öffnen.
  • Konkretion: Die evangelische Kirchengemeinde Riedlingen (Landkreis Biberach, Oberschwaben, Landeskirche Württemberg) verteilt sich auf insgesamt sieben politische Gemeinden und weitere sechzehn Teilorte mit ca. 21.400 Menschen. Im Bereich der evangelischen Kirchengemeinde liegen 16 katholische Kirchengemeinden, die in 4 „Seelsorgeeinheiten“ betreut werden. Mit einer Arbeitslosenquote von rund 4% und einer demographischen Struktur, die sich deutlich positiver gestaltet als anderswo, bieten sich im Landkreis Biberach besonders günstige Wohn, Lebens und Arbeitsbedingungen. Riedlingen ist als Schul, Einkaufs und Geschäftszentrum für einen größeren Bereich von der Schwäbischen Alb bis zum Federsee attraktiv und verfügt als kleinstes Mittelzentrum des Landes über eine umfangreiche Infrastruktur. Am Ort sind alle Schularten, ein Krankenhaus, Fachärzte, gute Einkaufsmöglichkeiten, Behörden, Vereine, Musikschule. Von Biberach ist Riedlingen ca. 30 km entfernt, von Ulm ca. 60 km.

    Der Anteil der evangelischen Gemeindeglieder an der Gesamtbevölkerung beträgt inzwischen rund 18%. 1991 waren es noch ca. 13%. Je kleiner bzw. je ländlicher die Gemeinde dort ist, desto geringer ist der Anteil der Evangelischen.

    Die evangelische Kirchengemeinde Riedlingen ist vergleichsweise „jung“: rund 80% der Mitglieder sind unter 60; beinahe 20% sind bis zu 14 Jahren.

    In den letzten Jahren ist von den Umlandgemeinden besonders Ertingen stark gewachsen. Große Neubaugebiete und günstige Bodenpreise haben viele Aussiedler und Aussiedlerinnen der Übergangswohnheime zum Bleiben veranlasst. Die gute Infrastruktur und die Wirtschaftskraft der Region haben dazu geführt, dass sich die Zahl der evangelischen Gemeindeglieder in einigen Gemeinden in den letzten Jahren verdoppelt, z.T. sogar verdreifacht hat. Entsprechend ist die Zahl der Pfarrstellen in den letzten Jahren aufgestockt worden: Derzeit werden die rund 4.300 Gemeindeglieder von 2,75 Pfarrstellen betreut.

    Die evangelische Kirchengemeinde Riedlingen verfügt über Wachstumspotential - zunächst rein quantitativ (rund 45 Taufen im Halbjahr). Neben den Pfarrern und Pfarrerinnen gibt es einen hauptamtlichen Kirchenmusiker, der als Organist und Chorleiter angestellt ist und neben einem Chor drei Kinderchöre mit über 80 Kindern, ein Orchester und einen Bläserkreis leitet.

    Die Kirchengemeinde ist Trägerin eines zweigruppigen Kindergartens und eines Krankenpflegevereins in Kooperation mit der katholischen Sozialstation.

    Ein Schwerpunkt besteht in der Sozialarbeit: Der Freundeskreis für Aussiedler wurde bereits mehrfach für vorbildliche Integrationsarbeit ausgezeichnet (wobei die Probleme in der Gemeinde nicht verschwiegen werden!). Daneben existiert ein Freundeskreis für Asyl.
    Weitere Schwerpunkte der Gemeindearbeit sind: Erwachsenenbildung in Zusammenarbeit mit der katholischen Gemeinde, Kindergottesdienst, Kleinkindergottesdienste, Konfirmandenarbeit und Jugendarbeit.

    Allerdings: In ein traditionellkonservativ geprägtes Umfeld treffen Jugendliche mit Migrationshintergrund, die sich nur schwer integrieren lassen. Sprachförderung ist eine der Hauptaufgaben der Kindertagesstätten und Schulen in dieser Region. Die evangelische Kirchengemeinde ist - obwohl zahlenmäßig immer noch in der Minderheit - an all diesen Prozessen und Projekten federführend beteiligt.
    Evangelisch sein in Oberschwaben bedeutet so - nicht nur für Aussiedlerfamilien - immer noch ein Fremdkörper zu sein, das ist eine Erfahrung, die eine wichtige hermeneutische Funktion im Gesamtkontext der Entwicklung derzeit darstellt.

Typ 4: Ländliche Räume im weiteren Umfeld von Verdichtungsgebieten -
Kirche ohne besondere Wachstumsperspektive

  • Typologische Bezeichnung: Bei den ländlichen Räumen im weiteren Umfeld der städtischen Zentren geht es um die entfernter liegenden Teile der „Zwischenräume“, die eine „Brücken oder Vernetzungsfunktion“ zwischen den städtischen Zentren und den regionalen Entwicklungskernen in der Peripherie übernehmen [7]. Innerhalb der Zwischenräume gibt es verschiedene Verdichtungsgrade - mit Klein und Mittelstädten als regionalen Verdichtungszentren.
  • Allgemeine Kennzeichen: Maßgeblich für den Charakter der Räume ist ihre verbindende Lage zwischen Peripherie und Zentrum, durch die sie über ein allgemein großes Entwicklungspotential verfügen. Bundesweit erfahren die ländlichen Räume im weiteren Umfeld der Verdichtungsgebiete den stärksten Bevölkerungszuwachs. Die Bevölkerungsentwicklung ist hier jedoch in sich sehr verschieden, so dass es auch hier demographische „Gewinner“ und „Verlierer“ zu unterscheiden gilt. Agrarisch genutzte Flächen werden umgewidmet und infrastrukturell erschlossen. Durch die tendenziell enger werdende Verflechtung mit dem urbanen Raum besteht ein Suburbanisierungsdruck. In manchen Gebieten bilden sich eigenständige Wirtschaftsstrukturen heraus (Clusterbildung). Die Einkommensspanne weitet sich und wird differenzierter. Wirtschaftlich spielen Handwerksbetriebe und mittelständische Unternehmen eine wichtige Rolle. Die Landwirtschaft befindet sich in einem grundlegenden Strukturwandel. Innerhalb dieses Typs ländlicher Räume sind wiederum stark divergierende Entwicklungstendenzen vorhanden. So gibt es neben Räumen mit positiver Wachstumsperspektive (s.u. Typ 5) auch solche mit deutlich negativer Entwicklung bzw. kritischer Prognose in Bezug auf Bevölkerungsentwicklung, Infrastruktur, Ökonomie u.a. Auf diese letzteren bezieht sich der Typ 4. Ausschlaggebend für die kritische Beurteilung eines solchen ländlichen Raumes sind die Abwanderung von jungen Menschen, der Rückgang des Bevölkerungsanteils von Familien und Kindern, die demographische Überalterung, der starke Verlust von Arbeitsplätzen und der damit verbundene Infrastrukturabbau. Wichtiger als der aktuelle Stand ist bei den verschiedenen Aspekten jeweils die sich abzeichnende Entwicklungstendenz.
  • Kirchliche Perspektive: In den Kommunen und Gemeinden mit allgemein negativer Entwicklung bzw. kritischer Prognose ist - in aller Regel - auch keine besondere kirchliche Wachstumsperspektive vorhanden. Der Wegfall von Arbeitsplätzen, die Abwanderung von Menschen und der Rückgang des Anteils von Familien, jungen Erwachsenen und Kindern in einem Gestaltungsraum wirken sich auch auf die kirchlichen Entwicklungsmöglichkeiten aus. Die Kirche hat in den mitarbeitenden Personen, den kirchlichen Räumen, den geistlichen Traditionen und vorhandenen Finanzen zwar noch ein weiterbestehendes Potential. Die finanziellen und personellen Ressourcen werden sich jedoch deutlich negativ entwickeln. Insgesamt muss sich die Kirche entsprechend auf eine negative Entwicklungstendenz einstellen, die sie selbst nur sehr bedingt steuern kann. Die Aufgabe der Kirche in ländlichen Räumen diesen Typs besteht auf Grund der schlechten Zukunftsprognose und des Rückgangs eigener kirchlicher Mittel in einer Konzentrationsbemühung. Die kirchlichen Verantwortungsträger dürfen sich hier nicht in dem aussichtslosen Versuch erschöpfen, frühere Strukturen gegen den allgemeinen Entwicklungstrend zu bewahren. Sie müssen vielmehr rechtzeitig neue, tragfähige Konzepte entwickeln, die unter den sich abzeichnenden Entwicklungen eine offene, einladende Arbeit „nach außen“ ermöglichen.
  • Konkretion: Im Nordosten Bayerns liegt der Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge. Zwei Drittel der Einwohner sind evangelisch; die Zahl der Konfessionslosen steigt durch Zuzüge. Der Altersdurchschnitt der Bevölkerung nimmt zu, etliche junge Familien wandern ab, die Arbeitslosigkeit liegt mit 11,5% an der Spitze bayerischer Landkreise.

    In den Gemeinden des Dekanats Wunsiedel (entspricht 60% des Landkreises) werden die knapp 30.000 Gemeindeglieder von 19 Pfarrerinnen und Pfarrern versorgt, unterstützt von 8,5 weiteren hauptamtlichen Mitarbeitenden. Sie arbeiten in 17 Kirchengemeinden mit 30 Predigtstellen. In den Gemeinden gibt es viele Ehrenamtliche in unterschiedlichen Gruppen, unter denen die Zahl der pietistisch geprägten Hauskreise wächst. Das traditionelle kirchliche Leben prägt noch die Lebensführung vieler Menschen, nimmt aber ab. Eine regionale Zusammenarbeit findet nur gelegentlich statt.

    Ein weiteres Beispiel stellt der Kirchgemeindeverband Fahner Land dar. In der Region östlich von Gotha in Thüringen liegen viele kleine Dörfer, die kirchlich zu elf Gemeinden zählen. Viele Menschen, besonders die jüngeren, haben ihre Dörfer in den letzten Jahren verlassen. Die meisten sind aus Gründen der Arbeitsplatzsuche abgewandert. Eine Konsequenz aus dieser Entwicklung ist, dass Gruppierungen, die gesellschaftsrelevant sind und identitätsstiftend wirken (besonders Kirchgemeinden und Vereine), Mitarbeitende und vor allem Nachwuchs verloren gegangen sind.

    In jedem Dorf gibt es eine Kirche, die zu erhalten oft ein Problem darstellt. Doch die Menschen - auch diejenigen, die der Kirchgemeinde nicht angehören - stehen zu ihrer Kirche (als Gebäude) und möchten sie erhalten. Mit der Kirche als Zeichen christlicher Lebensdeutung ist weitgehend die Erwartung verbunden, dass gegen den Trend der Abwanderung die Kirche bleibt. Die pastorale Versorgung, das Angebot von Gottesdiensten, die aufsuchende Seelsorge durch Hausbesuche von Pfarrerinnen und Pfarrern und das Erhalten der Kirchengebäude werden erwartet. In der beschriebenen Region sind in den letzten Jahren drei von sechs Pfarrstellen weggefallen. Auf diese Einschränkung der personalen Ressourcen haben die diensttuenden Pfarrerinnen und Pfarrer sowie die Kirchgemeinden mit enger und konstruktiver Kooperation reagiert. Gegenseitige Vertretung in den pastoralen Kernaufgaben (Gottesdienst und Kasualien) und funktionale Aufteilung von Aufgabenfeldern nach eigener Neigung sowie gegebener Notwendigkeit wurden vertraglich vereinbart. So wurde - erstmals in der Thüringer Landeskirche - eine Satzung über einen kirchlichen Zweckverband formuliert und von der Landeskirche genehmigt. In der Satzung des „EvangelischLutherischen Kirchgemeindeverbandes Fahner Land“ sind Zielsetzung und Form der Kooperation sowie ihre organisatorische Umsetzung geregelt.

    Die Leitidee dieser kirchlichen Arbeitsform ist eine missionarische. Ihr wird - offensichtlich sehr erfolgreich - dadurch Rechnung getragen, dass an jedem Ort einmal im Jahr ein besonderer Gottesdienst bzw. eine kirchliche Veranstaltung stattfindet. An einem Ort findet ein Erntedankgottesdienst für alle Gemeinden statt, auf den Bienstädter Höhen ein zentraler Pfingstgottesdienst, zu dem die Menschen aus der ganzen Region pilgern. Die „wandernden“ Gottesdienste werden zu Kristallisationspunkten für die Menschen. Auch viele, die der Kirche nicht angehören, suchen die Orte kirchlichen Lebens auf und finden dort Zuwendung und Tröstung. In einem Kirchspiel hat man die Gottesdienstorte eingestuft: A: sonntägliche Gottesdienste; B: 14tägliche Gottesdienste; C: monatliche Gottesdienste; D: Gottesdienste nach Bedarf.

    Der Alltagserfahrung, dass alles, was für das Leben notwendig ist (Kindergarten, Schule, Geschäfte, Ärzte), aus dem Dorf abgewandert ist, setzt die Kirche eine lebensdeutende und identitätsstiftende Strategie des Bleibens entgegen.

    Die personalpastorale und die strukturellorganisatorische Kooperation im kirchengemeindlichen Zweckverband sind Bedingungen, das Ziel missionarischen Wirkens der Kirche in der Region zu verfolgen.

Typ 5: Ländliche Räume im weiteren Umfeld von Verdichtungsgebieten -
Kirche mit Wachstumsperspektive

  • Typologische Bezeichnung: s.o. Typ 4.
  • Allgemeine Kennzeichen: Die allgemeine Charakterisierung dieses Typs ländlicher Räume entspricht derjenigen vom Typ 4. Anders als bei dem dort beschriebenen Typ geht es hier jedoch um diejenigen ländlichen Regionen im „Zwischenraum“, im weiteren Umfeld der städtischen Zentren, die sich durch eine positive Entwicklungstendenz auszeichnen. Dazu gehören die Regionen mit einer günstigen verkehrstechnischen Anbindung in den Achsenzwischenräumen bzw. mit einer eigenen Wirtschaftskraft. Zu den positiven Entwicklungen gehören hier - in Anknüpfung an das oben bereits Ausgeführte - besonders der Zuzug von jungen Familien, die Entstehung von Arbeitsplätzen in der Region und die Entwicklung regionaler Infrastruktur.
  • Kirchliche Perspektive: Ein besonderes Potential der Kirche liegt hier in der Verbindung von lokaler Ortsverbundenheit mit entsprechender Stellung der Kirche einerseits und der Zuwanderung von Menschen im aktiven Alter (besonders auch junge Alte) sowie einem hohen BevölkerungsAnteil von Familien andererseits. Der Kirche kommt entsprechend die zweifache soziale Aufgabe der Integration der Neuzugezogenen und der Pflege und Fortentwicklung der vorhandenen kirchlichkulturellen „Ortsidentität“ zu. Die religiöskonfessionelle Prägung der Orte kann eine wichtige Basis darstellen, ist jedoch auf Grund des Bevölkerungszuwachses nicht alleine maßgeblich. Die Kirche hat in diesem Typ ländlicher Räume auf Grund ihrer kulturellen Sonderstellung einen höheren sozialen Status als in den großstädtischen Zentren und profitiert zugleich von dem Zuzug der Menschen aus „städtischen“ Lebenskontexten als personeller Ressource. Beides gilt es in der kirchlichen Arbeit angemessen zu repräsentieren und miteinander zu verbinden. Das gleiche gilt in Bezug auf die Vielfalt der verschiedenen Lebensstile und Milieus. Durch die positive wirtschaftliche Situation der entsprechenden Räume ist auch die finanzielle Lage der Gemeinden oft entspannt(er) (Möglichkeit alternativer Finanzierungsquellen). Eine weitere Entwicklungsmöglichkeit der Kirche liegt im Bildungssektor und in den Angeboten ortsnaher Veranstaltungen, speziell für Kinder, Jugendliche, junge Eltern und ältere Menschen.
  • Konkretion: Exemplarisch für die Region am Vogelsberg wird hier die Situation der Kirchengemeinde Freienseen beschrieben. Freienseen liegt ca. 70 km nordöstlich von Frankfurt/Main am Übergang der fruchtbaren Wetterau zum kargen Vogelsberg. Das Dorf hat 857 Einwohner, von denen 608 evangelisch sind, und ca. 200 katholisch. Die Menschen fühlen sich in ihrer Mentalität dem Vogelsberg (genügsam, fleißig, ortsgebunden) zugehörig und mit ihrem Lebensraum Dorf und Region innerlich verbunden. Sie nehmen deshalb weite Wege zu bezahlten Arbeitsplätzen im Rhein-Main-Gebiet auf sich.

    „Wenn’s geht, bleiben wir hier“ sagen schon die Jugendlichen. Bezahlte Arbeit ist aus dem Dorf und seiner unmittelbaren Umgebung weitgehend ausgewandert. Die bis vor 40 Jahren das Dorfleben prägende Landwirtschaft mit den dazugehörenden Handwerkern (Schmied, Wagner, Hirte, …) spielt kaum noch eine Rolle im alltäglichen Geschehen, wohl aber im Empfinden. Neubürger aus städtischen Regionen sowie Spätaussiedler ziehen in begrenzter Anzahl zu.

    Die Menschen in Freienseen schätzen und würdigen die Arbeit der evangelischen Kirche als einen sozialen Faktor im Dorf. Der Gottesdienstbesuch liegt bei ca. 9% im Durchschnitt.

    Die Kirchengemeinde versucht die Menschen aus den unterschiedlichen Milieus und Kulturkreisen - traditionsorientierte „AltDörfler“, von individuellen Interessen geleitete „NeuDörfler“, die gemeinsame Handlungsorte suchenden „emanzipierten Dörfler“ und Asyl suchende „RandDörfler“ - miteinander ins Gespräch zu bringen. Unter dieser Maxime hat sich auch das staatliche Programm der Dorferneuerung eingebracht und im Diskurs mit Menschen im Dorf das Leitbild entwickelt: „In unserem Dorf soll jede und jeder Heimat, Bildung und Identität finden.“ Ein Erfolg dieser lebensraumorientierten Arbeit ist unter anderem die 1962 aus dem Dorf verschwundene Schule - nun als Grundschule in evangelischkirchlicher Trägerschaft mit dem reformpädagogischen Konzept des JenaPlanes - zurück zu gewinnen.

    Die Kirchengemeinde wird von einem achtköpfigen Vorstand geleitet; seine Mitglieder sind auch in anderen Vereinen des Dorfes engagiert. Ein hauptamtlicher Pfarrer arbeitet mit halber Stelle in der Gemeinde; er muss allerdings seit drei Jahren eine benachbarte Gemeinde in Dauervakanz mitversehen. Die Kirchengemeinde versteht sich als Ort der Begegnung für unterschiedliche Menschen, als Forum für den Diskurs, wie man im ländlichen Raum gut leben kann, und als Impulsgeber für ein an der lebensdeutenden Botschaft der Bibel ausgerichtetes Dasein. Jährlich herausgegebene Kalender mit dorfbezogenen Themen, auf den Ort bezogene Projekte und Feste in Kooperation mit Vereinen belegen das Konzept: Kirche wirkt als Milieu und Kulturlotse.

Typ 6: Ländliche Räume im engeren Umfeld von Verdichtungsgebieten -
Kirche ohne besondere Wachstumsperspektive

  • Typologische Bezeichnung: Die ländlichen Räume im engeren Umfeld von Verdichtungsgebieten werden auch als „Zwischenräume mit Verdichtungsansätzen“ bezeichnet. Die unterschiedlichen Bezeichnungen, die in diesem Kontext verwendet werden (z.B. „Suburbia“, „Postsuburbia“, „Zwischenstadt“, „verstädterte Landschaft“), sind ein Anzeichen für die regionale Verschiedenheit der Entwicklungen wie die Divergenz ihrer Beurteilung. Strukturell gemeinsam ist ihnen die große und prägende Nähe zu den Agglomerationen und großen Zentren. Speziell in diesem Bereich ländlicher Räume zeigt sich die Problematik einer dualen Unterscheidung von „Stadt“ und „Land“.
  • Allgemeine Kennzeichen: Kennzeichnend für diesen - und den folgenden - Typ ländlicher Räume ist die enge sozioökonomische Verflechtung zum Kernraum. Die Suburbanisierung ist weit fortgeschritten. Die Bevölkerungsentwicklung ist in diesen Bereichen insgesamt zur Zeit abgeschwächt, zum Teil sogar rückläufig. Ein Grund dafür ist die weitere Ausdehnung von Siedlungsflächen über die Stadtrandlagen hinaus in „äußere Ringe“. Dieser Vorgang geht häufig auf Kosten der Landwirtschafts und Freiraumflächen und führt zunehmend zu Raumnutzungskonflikten und zu Problemen des Ressourcenschutzes. Innerhalb der zyklischen Bewegung von Urbanisierung, Suburbanisierung, Desurbanisierung und Reurbanisierung vollziehen sich in den verschiedenen Räumen allerdings parallel sehr unterschiedliche, z.T. gegenläufige Entwicklungen. Entsprechend finden sich hier Räume mit positiven Zukunftsprognosen wie solche mit negativkritischer Tendenz. Zu den besonderen Schwierigkeiten von ländlichen Räumen diesen Typs mit negativkritischer Entwicklungstendenz [8] gehört der doppelte Bevölkerungsverlust in die Innenstädte und in die weiter umliegenden Gebiete. Das hängt mit dem Attraktivitätsnachteil im Blick auf städtische Infrastruktur einerseits und dem noch naturverbundeneren bzw. günstigeren Wohnen in anderen ländlichen Räumen andererseits zusammen. Diese Probleme wirken sich vor allem dann aus, wenn frühere Standortvorteile wie z.B. die Nähe zum Arbeitsplatz oder preisgünstige, naturnahe Wohnmöglichkeiten sich auf Grund ökonomischer und infrastruktureller Entwicklungen verändert haben. Speziell Orte mit „vorstädtischer“ Monokultur und Räume in starker Abhängigkeit von wirtschaftlich kriselnden Zentren sind von solchen Vorgängen betroffen. Einen weiteren Problempunkt stellt der demographische Altersaufbau dar, der sich im Gefolge ausbildungs bzw. berufsbedingter Abwanderung von jüngeren Menschen kritisch verändert.

    Die Strukturprobleme dieser ländlichen Räume betreffen auch die Kirche. Die schnellen Veränderungen regionaler Entwicklung, die sich gerade in dem Bereich des näheren Umfeldes von großstädtischen Zentren vollziehen, führen dazu, dass kirchliche Strukturen, die z.T. erst vor 20, 30 Jahren geschaffen worden sind, sich heute als „überdehnt“ bzw. als nicht kontextgemäß erweisen können. Zudem hat sich die Altersstruktur der Gemeindeglieder vielfach signifikant verändert. Ein Beispiel dafür sind „Junge Gemeinde“ - Kreise, die früher in der Phase von Ansiedlung, Hausbau und Kindererziehung kirchliche Arbeit initiiert und getragen haben, mittlerweile aber in einer anderen Lebensphase sind und sich z.T. aus der Arbeit zurückgezogen haben. Oft haben sich so die Rahmenbedingungen kirchlicher Arbeit in den suburbanen Regionen innerhalb nicht einmal einer Generation grundlegend verändert, ohne dass die gemeindlichen Strukturen dem Rechnung getragen haben. Die Beharrungskraft kirchlicher Strukturen und deren ideelle Besetztheit seitens der „Gründergeneration“ stellen hier vor Herausforderungen. Zudem bereiten fehlender Nachwuchs und zurückgehende Finanzeinnahmen durch Arbeitslosigkeit Probleme. Das Potential der Kirche besteht in diesen Räumen entsprechend darin, die Menschen in dem Prozess schneller Veränderung zu begleiten, Beheimatung am Ort zu vermitteln und zugleich die eigenen Strukturen kontextbezogen zu verändern. In Regionen mit einer stark abnehmenden Bevölkerung bzw. mit einem hohen Anteil von andersreligiösen Migranten wird es vor allem um die Konzentration kirchlicher Arbeit gehen. Eine wichtige Entlastungsmöglichkeit besteht besonders in der verstärkten Vernetzung der kirchlichen Arbeit vor Ort mit den kirchlichen Angeboten in den zugehörigen Zentren.

  • Konkretion: Die Region „Nördliches Zeitz“ gehört zum Kirchenkreis NaumburgZeitz der Kirchenprovinz Sachsen und liegt im Dreiländereck SachsenAnhalt, Sachsen und Thüringen. Nach Gera/Thüringen sind es 30 km, nach Leipzig/Sachsen 50 km. In dieser Region von ca. 600 km2 leben etwa 65.000 Einwohner in 45 Orten. Städtische Zentren bilden Zeitz mit etwas unter 30.000 Einwohnern und Hohenmölsen mit rund 10.000 Einwohnern.

    Die wirtschaftliche Situation ist äußerst schwierig. Nach der Wende haben viele Betriebe geschlossen - 25% Arbeitslosigkeit in der Region sind ein Ergebnis der Entwicklung, der Wegzug vieler, vor allem junger Menschen und der damit einhergehende Bevölkerungsrückgang ein weiteres. Daran hat auch der Versuch, einige mittelständische Chemieunternehmen hier anzusiedeln, nichts Wesentliches ändern können. Die Landschaft wird geprägt durch den Braunkohletagebau, der die Region in der Mitte durchschneidet.

    Zur evangelischen Kirche im ländlichen Raum außerhalb von Zeitz gehören 61 Dörfer - Flecken mit 10 Haushalten bis hin zu Orten mit ca. 2.000 Einwohnern. Es gibt 28 Kirchengemeinden mit insgesamt 3.200 Gemeindegliedern, 114 Gemeindemitglieder pro Kirchengemeinde, 34 Kirchen, 19 kommunale Friedhöfe in kirchlicher Verwaltung, 16 Pfarrhäuser. Weit mehr als 80% der Bevölkerung gehören keiner Kirche an.

    In der Region stehen zwei Gemeindepfarrer, zwei Gemeindepädagogen (auf 1,5 Stellenanteilen), ein Projektstellenleiter (auf fünf Jahre befristet) und ein Pfarrer im Ehrenamt (mit 50% pfarramtlichem Arbeitsumfang für voraussichtlich fünf Jahre) zur Zeit als hauptamtlich Mitarbeitende zur Verfügung.

    Allein an der Anzahl der hauptamtlich Beschäftigten wird die strukturelle Veränderung deutlich. Vor dreißig Jahren gab es noch dreizehn Pfarrstellen! Es ist nicht verwunderlich, dass öfter zu hören ist: „Wir haben ja keinen Pfarrer mehr.“

    Es gibt jetzt sieben Kirchspiele, die sich zusammengeschlossen haben. Drei Gemeinden gehören keinem Kirchspiel an. Das sind für die beiden gemeindeleitenden Pfarrer zehn Leitungsgremien, zehn Haushaltspläne und ca. 60 Leitungssitzungen pro Jahr.

    Die extreme kirchliche Ausdünnung zwingt dazu, über die Ortsgemeinde hinaus zu denken und zu handeln. Derzeit kämpft die Region darum, zusammenzuwachsen, um die kirchliche Arbeit überhaupt noch leisten zu können. Vier ehemalige Pfarrbereiche mit unterschiedlicher Prägung möchten eine Einheit werden und dabei ihre Vielfalt bewahren.

    Für manche Gemeinden bedeutet das starke Einschnitte, vor allem bei der Zahl der Gemeindeveranstaltungen und der Gottesdienste vor Ort. Um im Umkreis von 10 km sonntäglich einen Gottesdienst feiern zu können, werden sich die einzelnen Gemeinden zu Gottesdienstgemeinschaften zusammenschließen - für den konkreten Ort aber bedeutet dies, dass nur noch alle drei bis sechs Wochen ein Gottesdienst in der jeweiligen Dorfkirche stattfinden kann. Die größte Gefahr wird von den engagierten Gemeindegliedern darin gesehen, dass die Kirche im Dorf nicht mehr präsent ist, wenn ihre Angebote zurückgefahren werden. Oft fehlen Personen, die als „die Kirche“ wahrgenommen werden. Manche früher einmal Aktive haben sich mit diesem Argument inzwischen von der Kirchgemeinde zurückgezogen.

    Gleichzeitig ist zu spüren, dass diejenigen, die sich bewusst dieser Situation stellen, nach vorn schauen und nach neuen Möglichkeiten suchen. Konzentration „auf das Kerngeschäft“ ist eine Konsequenz daraus, eine äußerst notwendige.
    Eine andere Möglichkeit ist es, sich verstärkt denen zuzuwenden, die der Kirche distanziert oder fremd gegenüberstehen.

    Zwei Kernpunkte der gemeinsamen Anstrengungen zeichnen sich ab. Zum einen brauchen Gemeinden am konkreten Ort Gesichter - Menschen, die deutlich die Kirche repräsentieren und klar machen, dass die Kirche mitten im Dorf ist. Solche Menschen gilt es zu fördern, zu begleiten und miteinander in der Region zu vernetzen.

    Zum anderen wird es eine Aufgabe der Hauptamtlichen, aber vor allem auch der ehrenamtlichen Kirchenvorstände sein, über die Arbeit vor Ort hinaus mit den vorhandenen infrastrukturellen und geistlichen Ressourcen aller das kirchliche Leben in der Region gemeinsam zu tragen und zu gestalten. Erste Schritte sind gemeinsam entwickelte Veranstaltungsschwerpunkte; Planungen zu einer gemeinsamen Kinder und Jugendarbeit und eines zentralen Büros, in dem Kommunikation und Information zusammenlaufen u.a.m.

Typ 7: Ländliche Räume im engeren Umfeld von Verdichtungsgebieten -
Kirche mit Wachstumsperspektive

  • Typologische Bezeichnung: s.o. Typ 6.
  • Allgemeine Kennzeichen: Die strukturelle Beschreibung des siebten Typs entspricht derjenigen des vorhergehenden - nur mit umgekehrten Entwicklungsvorzeichen: Es geht um die ländlichen Räume im engeren Umfeld der Verdichtungsgebiete mit positiver Entwicklungstendenz. Zu den Entwicklungskennzeichen gehören u.a. eine gute Arbeitsmarktsituation, ein ausgeglichenes bzw. positives Wanderungssaldo, ein hoher Anteil von Familien und jüngeren Menschen. Gründe für die günstige Entwicklung liegen vor allem in der wirtschaftlichen Prosperität der dazugehörenden großstädtischen Zentren, in einer attraktiven Wohnsituation und in guten allgemeinen Lebensbedingungen (natürlicher Kontext, niedrige Preise, gute Infrastruktur vor Ort, gute Anbindung an die „Stadt“). Häufig sind Einkommen und ökonomische Situation in den entsprechenden suburbanen Regionen, in dem so genannten „Speckgürtel“ der Zentren, überdurchschnittlich gut. An anderen Orten findet durch die Ansiedlung von Firmen, die Erschließung günstigen stadtnahen Baulandes oder die Schaffung neuer verkehrstechnischer Anbindungen schnelle Wachstumsprozesse statt.
  • Kirchliche Perspektive: Die besonderen kirchlichen Entwicklungsmöglichkeiten in den ländlichen Räumen im engeren Umfeld der Zentren liegen in der Anwesenheit von Familien, in der positiven Bevölkerungsentwicklung, in der ökonomisch günstigen Situation und dem Anteil junger Alter in der aktiven Lebensphase. Speziell in Neubau und Zuzugsgebieten ist das kirchliche Engagement und der Einsatz von Mitteln (Personal, Finanzen) an dem auszurichten, was entsteht, nicht an dem, was vorhanden ist. Dadurch, dass in vielen ländlichen Räumen diesen Typs ein großer Teil der Bevölkerung „zugezogen“ ist, sind „viele Dinge im Fluss“ und bieten Kirchen offene Gestaltungsmöglichkeiten. Das Potential an möglichen Mitarbeitenden ist - sowohl im Blick auf ansprechbare Personen als auch im Blick auf deren Qualifikation - relativ gut. Die Nähe zum städtischen Zentrum erlaubt es, die eigene kirchliche Arbeit strukturell zu vernetzen, zu entlasten und kontextbezogen zu spezifizieren.
  • Konkretion: Der Landkreis TeltowFläming (am südlichen Stadtrand von Berlin) beherbergt auf seinem Gebiet zwei Kirchenkreise. Im Kirchenkreis Zossen sind die Gemeinden im Randgebiet zu Berlin klare Zuzugsgemeinden. Einzelne Orte haben sich in den letzten Jahren verdreifacht. Junge Familien bauen hier ihre Häuser, suchen teilweise ganz selbstverständlich die Angebote der Kirchengemeinden und fordern diese auch ein. Das Wachsen der Orte hat auch Auswirkungen auf die Größe und Zusammensetzung der Kirchengemeinden. Insgesamt sind die Chancen dieser Zuzugsgemeinden größer als die Probleme, die entstehen können, wenn alteingesessene Strukturen mit den Erwartungen neuer Gemeindeglieder kollidieren. Der Bedarf an Religionsunterricht ist hier größer als die Möglichkeit, alle Anfragen zufrieden stellend abzudecken, da die gesetzliche Regelung im Land Brandenburg dieses erschwert.

    Ganz anders sieht die Situation vierzig Kilometer weiter südlich aus - selbst innerhalb eines Landkreises bieten sich unterschiedliche Situationen.

    Der südlichere Kirchenkreis Niederer Fläming, 70 km von Berlin gelegen, ist geprägt von vielen Dörfern, drei ehemaligen Klöstern und der Kleinstadt Jüterbog. Er ist günstig von Berlin aus zu erreichen, beherbergt die größte Sportstätte Europas und ist touristisch interessant. Im Kirchenkreis leben 14.000 evangelische Christen in 82 Gemeinden, die ca. 25% der Bevölkerung ausmachen. Pfarrerinnen und Pfarrer haben zwischen 4 und 14 Predigtstätten zu versorgen und dabei weite Wege zu bewältigen. Einige Gemeinden mit eigener Kirche sind sehr klein geworden (24 Gemeindeglieder bei 48 Einwohnern, mit einer mittelalterlichen Kirche!). So entsteht die Frage nach dem Selbstverständnis und der Organisationsfähigkeit als selbständiger Gemeinde.

    In beiden Kirchenkreisen nehmen Haupt und Ehrenamtliche ein wachsendes Interesse für religiöse Fragen wahr und versuchen das für ihre Arbeit zu nutzen. Sie engagieren sich z.B. bei der Gründung evangelischer Grundschulen oder mit gezielten Angeboten in den mittelalterlichen Kirchen. Sie planen, Orte für die Begegnung mit Nichtchristen bewusst zu suchen und zu nutzen. Kasualien, Dorffeste, Schulen und gezielte Öffentlichkeitsarbeit sind im Blick der kirchlichen Angebote.


Fußnoten

  1. Die Praxisbeispiele greifen inhaltlich wie stilistisch auf Situationsschilderungen von kirchlichen Verantwortungsträgern aus der jeweiligen Region bzw. Gemeinde zurück. Die Zuordnung zu den Typen ist durch die Kommission vorgenommen worden.
  2. Vgl. Raumordnungsbericht, S. 203.(
  3. Vgl. Raumordnungsbericht, S. 19.
  4. Vgl. Raumordnungsbericht, S. 22f.; S. 56. Die Peripher- und Zwischenräume sind noch einmal zu differenzieren nach dem unterschiedlichen Grad der Verdichtung in ihnen.
  5. Vgl. Raumordnungsbericht, S. 22f.; 57 - 59.
  6. Vgl. Raumordnungsbericht, S. 23.
  7. Zu den positiven Vertretern und Entwicklungstendenzen s.u. 3.7.

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