Evangelische Schulseelsorge in der EKD
Ein Orientierungsrahmen. EKD-Text 123, Hrg. EKD, August 2015, ISBN: 978-3-87843-036-0
5. Beauftragung
Schulseelsorge ist auf Vertraulichkeit und geschützte Räume angewiesen. Um das zu gewährleisten, sind in den allermeisten Fällen die bestehenden allgemeinen schulgesetzlichen Regelungen zur Vertraulichkeit von persönlichen Angelegenheiten von Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften und Eltern ausreichend. Allerdings ist damit in strafrechtlich relevanten Sachverhalten kein Zeugnisverweigerungsrecht verbunden. Im Blick auf die Tätigkeit von Schulseelsorgerinnen und Schulseelsorgern ist darum zwischen einer besonderen und einer bestimmten Beauftragung zu unterscheiden. Grundlegend ist hier das Kirchengesetz der EKD zum Schutz des Seelsorgegeheimnisses (SeelGG, s. Anhang). Mit diesem Gesetz definiert die Kirche gemäß der ihr verfassungsrechtlich eingeräumten Möglichkeit den Begriff des Geistlichen nach Strafprozessordnung und Strafgesetzbuch auch für weitere Personen.
Besonders mit Seelsorge beauftragt sind danach ordinierte Pfarrerinnen und Pfarrer (§ 3 Abs. 1 SeelGG).
Daneben können nach den jeweiligen Ordnungen der Gliedkirchen weitere Personen einen bestimmten Seelsorgeauftrag erhalten (§ 3 Abs. 2 SeelGG). Darum können auch Lehrkräfte, die als Schulseelsorgerinnen und Schulseelsorger im Blick auf das Seelsorgegeheimnis einen erweiterten Vertrauensschutz in Anspruch nehmen wollen, nach Abschluss der Ausbildung zur Schulseelsorge (Zertifikat, vgl. Kap. 4.4) einen bestimmten, auf konkrete Schulen bezogenen Seelsorgeauftrag im Sinne von SeelGG, § 3 Abs. 2 erhalten. Die für die Ausbildung notwendigen Standards gemäß SeelGG, § 5 regelt dabei Kap. 4.2.
Schulseelsorger und Schulseelsorgerinnen mit kirchlicher Beauftragung gemäß SeelGG sind für die Seelsorgegespräche zur uneingeschränkten Wahrung des Seelsorgegeheimnisses verpflichtet. Sie sind in Ausübung dieses Dienstes unabhängig und im Einzelfall keinen Weisungen unterworfen (§ 6 Abs. 1 SeelGG). In der Ausübung der Beauftragung sind Schulseelsorger und Schulseelsorgerinnen an Schrift und Bekenntnis sowie die kirchliche Ordnung gebunden (§ 6 Abs. 2 SeelGG). Sie unterliegen der kirchlichen Aufsicht (§ 6 Abs. 3 SeelGG) und stehen unter dem besonderen Schutz und der besonderen Fürsorge der Kirche (§ 7 Abs. 1 SeelGG).
Da ein Höchstmaß an Vertraulichkeit und Verschwiegenheit nur bei einem Gespräch zwischen zwei Personen gesichert werden kann, bezieht sich der dem SeelGG zugrunde liegende Seelsorgebegriff nur auf diese Gesprächssituation, unabhängig davon, ob es sich um nachsuchende oder nachgehende Seelsorge handelt. Sie muss vom Schulseelsorger bzw. der Schulseelsorgerin gegenüber der im seelsorglichen Gespräch befindlichen Person ferner eindeutig eingegrenzt und gekennzeichnet werden. Insofern sind hier Gruppenseelsorge oder allgemeine Gespräche etwa zur Lebensberatung eindeutig nicht erfasst. Selbstverständlich gilt für solche Formen von seelsorglichen Gesprächen gleichwohl ein allgemeiner, auch nach staatlichem Recht gesicherter Schutz des Seelsorgegeheimnisses.
Generell ist vor der kirchlichen Beauftragung zur Schulseelsorge in einem eigenen Gespräch auf die besonderen Bedingungen der Wahrung des Seelsorgegeheimnisses hinzuweisen. Zwischen der Qualifizierung und der Beauftragung zur Schulseelsorge darf kein Automatismus bestehen.
Auf schriftlichen Antrag können die Absolventinnen und Absolventen einer Schulseelsorgeausbildung mit der Wahrnehmung der Aufgabe der Schulseelsorge durch die örtlich zuständige Landeskirche dann schriftlich beauftragt werden. Dafür muss eine schriftliche Verschwiegenheitserklärung über die Tätigkeit in der Schulseelsorge des Antragstellers oder der Antragstellerin vorliegen.
Bei staatlichen Lehrkräften kann eine kirchliche Beauftragung erfolgen, sofern zuvor mit dem staatlichen Dienstherrn eine Vereinbarung getroffen worden ist, durch welche die Anwendung des SeelGG sichergestellt ist und die entsprechenden dienstrechtlichen Fragen geklärt sind. Bei kirchlichen Lehrkräften und Lehrkräften mit Gestellungsvertrag erfolgt die Beauftragung im Benehmen mit der Schulleitung und den zuständigen kirchlichen Stellen. Auch sie bedarf der Schriftform.
Diese kirchliche Beauftragung findet nach Möglichkeit im Rahmen eines Gottesdienstes Ausdruck, in dem der Schulseelsorger bzw. die Schulseelsorgerin für seinen bzw. ihren Dienst eingesegnet wird.
Die Beauftragung kann für einen bestimmten Zeitraum erteilt werden (i. d. R. für fünf bis sechs Jahre) und wird im Regelfall für eine, höchstens für zwei bestimmte Schulen ausgesprochen. Sie ist von den erteilenden Stellen zu widerrufen, wenn ihre Voraussetzungen nicht (mehr) vorliegen oder erhebliche Pflichtverstöße durch einen Schulseelsorger oder eine Schulseelsorgerin begangen wurden (vgl. auch § 8 SeelGG). Bei einem Schulwechsel entfällt die hierfür vorgenommene Beauftragung.
Schulseelsorger und Schulseelsorgerinnen können nach Ablauf der Befristung der Beauftragung sowie für eine Tätigkeit an einer anderen Schule erneut beauftragt werden. Voraussetzung ist die regelmäßige Teilnahme an Fortbildungsangeboten für Schulseelsorgerinnen und Schulseelsorger. Auch in diesem Falle gelten die oben genannten Zustimmungsregelungen.