Evangelische Kirche kritisiert geplante Kürzungen im Entwicklungsetat
"Beispiellos", "kurzsichtig", "Schneckenhaus-Mentalität": Die geplanten Einschnitte bei der Entwicklungshilfe erzürnen das Hilfswerk "Brot für die Welt". Die Politik lasse sich von populistischen Stimmen jagen, beklagt deren Chefin Dagmar Pruin.
Berlin (epd). Die evangelische Kirche und ihr Hilfswerk „Brot für die Welt“ haben die angekündigten Abstriche im Bundeshaushalt bei der Entwicklungspolitik scharf kritisiert. Die geplanten Kürzungen seien „in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellos“, sagte die Präsidentin der Entwicklungsorganisation, Dagmar Pruin, am Donnerstag bei der Vorstellung ihres Jahresberichts in Berlin. Solidarität, Humanität, Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe trügen dazu bei, Sicherheit zu schaffen, erklärte die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs.
Es sei problematisch, wenn Deutschlands Engagement zur Bekämpfung von Hunger und extremer Armut zunehmend in Frage gestellt und Mittel gekürzt würden, sagte Fehrs. Für den Etat des Bundesentwicklungsministeriums sind für 2025 voraussichtlich 10,3 Milliarden Euro vorgesehen, rund eine Milliarde weniger als im laufenden Haushaltsjahr. Am vergangenen Freitag hatten sich die Regierungsspitzen auf erste Eckpunkte für den kommenden Haushalt geeinigt. Am kommenden Mittwoch soll der Haushaltsentwurf im Kabinett beschlossen werden.
„Eine Milliarde weniger, das kostet Menschenleben“, sagte Pruin. Zahlreiche Projekte auch ihres Hilfswerks könnten dann nicht fortgeführt werden. Sie beklagte eine Stimmungsmache gegen die Entwicklungszusammenarbeit. Die Politik lasse sich von populistischen Stimmen jagen. Der Ampel-Koalition warf Pruin eine „Schneckenhaus-Mentalität“ vor. Sie verkenne, „dass wir selbst darunter leiden werden, wenn wir unsere Beziehungen zu Ländern kappen, die auf unsere Unterstützung angewiesen sind“, sagte die Präsidentin von „Brot für die Welt“.
Auch vor dem Hintergrund einer „weltweiten Demokratie-Krise“ brauche es mehr Entwicklungszusammenarbeit, um die Zivilgesellschaft zu stärken, betonte Pruin. In vielen Ländern würden autoritäre Regierungen Nichtregierungsorganisationen drangsalieren oder schließen: „Wenn der Globale Norden sich zurückzieht, werden die Schwächsten der Gesellschaft noch mehr an den Rand gedrängt.“
„Brot für die Welt“ hat nach eigenen Angaben 2023 mit 75,9 Millionen Euro etwas mehr Spenden und Kollekten als im Jahr zuvor gesammelt - 2022 waren es 75,6 Millionen Euro. Hinzu kommen kirchliche und Bundesmittel. Insgesamt standen den Angaben zufolge im vergangenen Jahr mehr als 331,5 Millionen Euro für die Entwicklungsarbeit mit den Schwerpunktregionen Afrika und Asien zur Verfügung. 2022 waren es mehr: 338 Millionen Euro. Damals hatte das Hilfswerk noch rund 10 Millionen Euro mehr aus dem Haushalt des Entwicklungsministeriums bekommen.
Ein Viertel der Mittel (25,5 Prozent) gibt „Brot für die Welt“ dem Jahresbericht zufolge in Projekte zur Ernährungssicherung und Armutsbekämpfung. Knapp jeder fünfte Euro (18,5 Prozent) wird für Projekte im Bereich Menschenrechte eingesetzt sowie jeweils rund ein Zehntel des Geldes für Projekte in den Bereichen Umweltschutz und Klimagerechtigkeit, Geschlechtergerechtigkeit, Bildung, Gesundheitswesen und Wasser sowie zivile Friedensentwicklung.