Reformation mit Wort, Wurst und Schwert
Der Film „Zwingli - Der Reformator“ läuft in deutschen Kinos an
Frankfurt a.M. (epd). In der Schweiz beginnt die Reformation im Jahr 1519, mit dem Amtsantritt von Ulrich (Huldrych) Zwingli (1484-1531) als Leutpriester am Züricher Großmünster. Und so setzt auch der Film über ihn mit der Fahrt nach Zürich ein, mit einem auf einem Bauernkarren sitzenden Zwingli (Max Simonischek), der liest und schreibt und die im Wald arbeitenden Bauern betrachtet. Der Kampf gegen die Armut wird hier immer einen der Erzählstränge bilden, und oft verweilt der Film auf den Bettlern und Armen in der Stadt und vor ihren Toren.
Zwinglis Reformation beginnt mit dem Wort. Er liest die Messe auf Deutsch und predigt auch über das Evangelium in dieser Sprache – nicht in Latein, wie es die Liturgie eigentlich vorschreibt. Das löst bei vielen Bürgern der Stadt Irritationen aus, aber auch Zustimmung. Und es wird nicht die einzige Neuerung bleiben, die Zwingli der Gemeinde beschert. So spricht er sich gegen das Söldnertum aus, aber auch gegen das von der Kirche verhängte Fastengebot.
Später lautet der Vorwurf: Ketzerei
Er übersetzt die Bibel in die schweizerdeutsche Amtssprache. Wir kennen sie heute als die „Zürcher Bibel“. Zuerst rät die Obrigkeit in Gestalt von Johannes Faber, des Gesandten des Bischofs von Konstanz, nur zur Mäßigung: „Der Bischof findet das nicht mehr lustig.“ Später lautet der Vorwurf: Ketzerei.
Der Schweizer Regisseur Stefan Haupt und Drehbuchautorin Simone Schmid haben die wichtigen Reformen Zwinglis und seine theologischen Streitpunkte so in ihren Film verwoben, dass es nie aufdringlich oder aufgesetzt wirkt. „Zwingli – Der Reformator“ ist auch ein historischer Bilderbogen, der uns die frühe Neuzeit mit ihrem Dreck, ihren Krankheiten, ihren Klassenunterschieden und ihren drakonischen Strafen nahebringt, meist in matten und düsteren Farben fotografiert von der Kamera von Michael Hammon. Sechs Millionen Franken hat der Film gekostet, eine der teuersten Schweizer Produktionen überhaupt – und mit einer Viertelmillion Besuchern in der Deutschschweiz auch eine der erfolgreichsten.
Immer wieder beruft sich Zwingli auf das Evangelium, die Rückkehr zu ihm ist seine Theologie. Wo steht geschrieben, dass am Freitag kein Fleisch gegessen werden soll? Und wo heißt es, dass Priester nicht heiraten dürfen? So radikal seine Reformen sind, so pragmatisch bleibt Zwingli. Der Film fügt den filmischen Reformatorenporträts der letzten Jahre eine ganz neue Nuance hinzu: Dieser Mann ist kein besessener Workaholic wie Martin Luther in „Katharina Luther“ von Julia von Heinz, er ist auch kein jugendlicher Revolutionär wie Thomas Müntzer in dem TV-Zweiteiler „Zwischen Himmel und Hölle“.
Für seine Überzeugungen – notfalls mit dem Schwert
Nein, Zwingli ist auch ein Politiker, und eher einer vom realpolitischen Zweig. Ein durchaus ambivalenter Mensch, der auch für seine Überzeugungen kämpft, notfalls mit dem Schwert. Er ist nicht auf die Gnade eines Kurfürsten angewiesen wie Luther, sondern paktiert mit dem Rat der Stadt. Und spätestens seit seinen Disputationen mit den Vertretern des Bischofs hat er den Rat auf seiner Seite. „Die Zeiten ändern sich“, sagt der Bürgermeister Röist dem Abgesandten des Bischofs. Die Auflösung der Klöster macht Zwingli dem Rat dadurch schmackhaft, dass die Stadt dann in den Besitz der Einnahmen käme – dafür müsse sie aber die Armenspeisungen übernehmen.
Realpolitisch bleibt er auch in der Frage der Täufer, die die Erwachsenentaufe praktizierten. Das gilt zu Zwinglis Zeiten noch als Sakrileg. Als sein Kampfgefährte Felix Manz in der Limmat ersäuft wird, verhält Zwingli sich ruhig – was zum großen Streit mit seiner Frau Anna Reinhart (Sarah Sophia Meyer) führt, die er 1524 heiratete und die der Film als zweite Hauptfigur präsentiert. In ihren Augen wird sich auch die Trauer spiegeln, wenn 1531 die geschlagene Armee der Züricher durch die Tore der Stadt zurückkehrt und ihr Mann nicht dabei ist.
Rudolf Worschech (epd)