Darum sind Menschen in der evangelischen Kirche
Bei einer Umfrage auf evangelisch.de schreiben Nutzerinnen und Nutzer über ihre Gründe für die Kirchenmitgliedschaft
Die Nutzerinnen und Nutzer des Portals evangelisch.de sind dem Aufruf gefolgt und haben auf der Website, Facebook und Instagram mitgeteilt, warum sie in der evangelischen Kirche sind. Das Leben in der Gemeinde, die Pfarrerin und der Pfarrer wie auch Kirchenmusik spielen eine bedeutende Rolle, aber auch Toleranz und freies Denken. Hier ein Überblick des stellvertretenden Portalleiters Markus Bechtold.
Auf Facebook schreiben uns die meisten Nutzer*innen. Für viele sei die Taufe das Eintrittstor in die evangelische Kirche. So schreibt Waltraud Ritter: „Ich bin getauft und stehe zu meinem Glauben.“ Martin Haspelmath teilt mit: „Mein Vater war Pfarrer, insofern ist es nicht verwunderlich, dass ich evangelisch geblieben bin. Aber ich finde auch, dass sich die evangelische Kirche wunderbar entwickelt hat. Sie bewahrt die Traditionen (in Musik und Architektur) genau so viel, wie es mir gefällt, und sie steht immer auf der Seite der Schwachen. Keine Spur mehr von der unseligen Kaisertreue vergangener Zeiten, für die noch meine Urgroßväter (zwei davon waren ebenfalls Pfarrer) standen.“ Heike Ebbert-Brüggemann sagt: „Ich bin evangelisch, weil ich auch als Frau aktiv mitgestalten kann und Diakonin werden kann. Meine Meinung ist gefragt.“ Susanne Bischoff ist wiederum von einer Freien Christengemeinde angetan: „Es war so ganz anders, es war belebend und emotional. Viel Musik, die Leute sind offen und freundlich auf uns zugekommen. Es gab noch ein gemütliches Beisammensein, keiner ist da gleich heim.“
Patricia Sauter informiert: „Ich bin katholisch aufgewachsen und konnte mich nie mit dem Heiligenkult, der fast schon fanatischen Marienverehrung und der völlig antiquierten Stellung der Frau identifizieren. Die Konvertierung ins Evangelische war wie eine Befreiung aus Zwängen und aus dem als Kind so schlimm empfundenen ‚du kommst in die Hölle wenn....‘. Seit sechs Jahren bin ich nun Prädikantin und bin auch Kirchengemeinderätin. Und ich freue mich nach Jahren immer wieder an jedem Gottesdienst und habe es nie bereut, jetzt ein ‚freier Christenmensch‘ zu sein.“ Ursula Werner schreibt: „Als Opfer sexuellen Missbrauchs bin ich vor knapp vier Jahren wieder eingetreten, was ich nie für möglich gehalten hätte. Grund war, dass ich in meinem Leid so großes Verständnis und alle nur erdenkliche Empathie auf allen kirchlichen Ebenen vorgefunden hatte. So war es mir möglich, dass ich, auch durch seelsorgerliche Betreuung größten Einsatzes über Jahre hinweg meinen Glauben wieder finden konnte – ein Wunder für mich! Und dass die Kirche wieder meine Heimat wurde, trotz desaströsen Ausgangs meines Verfahrens wegen Drahtzieherei des Täters.“
Liebe, Gemeinschaft und freies Denken
„Ich stamme aus einer kleinen Gemeinde in der Börde und habe im Laufe meines Lebens die Erfahrung gemacht, dass mich mein Glaube und die Liebe zu meiner Kirche durch viele dunkle Stunden trägt. Diese Liebe und Hoffnung die in mir dadurch entstanden ist macht mich zu dem was ich heute bin“, schreibt Iv On Ne. Steffi Mohr ist begeistert und teilt mit: „Weil ich in der evangelischen Kirche und besonders in meiner Gemeinde im Geburtsort einen fantastischen Pfarrer mit seiner tollen Familie hatte und wunderschöne Erlebnisse hatte: Freizeiten, Urlaube, Gottesdienste… “.
Auf unserer Website evangelisch.de erzählen und begründen uns die Nutzer*innen am ausführlichsten, warum sie evangelisch sind. So schreibt Alfred Schubert: „Das ist meine Stammesreligion. Ich bin niemals eingetreten, sondern drei Wochen nach Beginn des Zweiten Weltkrieges zu Hause getauft worden. ... Ein Austrittsversuch scheiterte ... Ich blieb aber dabei, mich als konfessionslos zu bezeichnen, obwohl die Lohsteuerkarte etwas anderes aussagte. Dann erwischte es mich beim Kirchentag 1983 in Hannover. Die Nachrüstung lehnte ich so entschieden ab, dass mich die konsequente Haltung der Reformierten Kirche zurück zu Abendmahlstisch und Orgelklang führte. Was habe ich nicht alles dazugelernt in diesen Jahren des Engagements! Vor allem die Erkenntnis: Abspaltung ist schlecht, Aufarbeitung besser. Heute bin ich wieder nüchtern, wachsam und sehr kritisch. Ich hoffe darauf, dass meine Kirche sich beständig reformiert; und das heißt, wie es Alfred North Whiteheadformulierte, dass man so wie in der Wissenschaft jede neue Erkenntnis und Einsicht freudig begrüßt, ergebnisoffen beurteilt und gegebenenfalls übernimmt und nicht als Abfall vom Glauben oder Ketzerei verwirft. Als Protestant liebe ich die Wahrhaftigkeit, das freie Denken und die Ergebung in die Gewissheit, dass Gott Anwesenheit, ja die Wirklichkeit selbst ist.“
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Anja Haage schreibt: „Seit noch nicht einmal zwei Monaten bin ich Mitglied der evangelischen Kirche, nachdem ich über 31 Jahre der katholischen Kirche angehörte. ... Durch Twitter kam ich auf meine jetzige Pastorin. Neugierig geworden, besuchte ich auf ihre Einladung den Gottesdienst der noch nicht einmal zwei Straßen entfernten Kirche und fühlte mich direkt aufgehoben. Nach längeren Gesprächen mit ihr wusste ich, dass dies genau die Gemeinschaft ist, die ich suchte. Ich dachte mit einem Mal wieder über meinen Glauben nach und merkte, wie schön es doch war Gleichgesinnte zu treffen. Hier bin ich eine mündige Bürgerin und nicht die Sünderin. Ich kann Sachen hinterfragen, habe Pastorinnen die mich unterstützen und mir auf menschliche Art mit ihren Predigten den Sonntag schon fast zu einem Highlight machen. Meine Gemeinde hat mich mit offenen Armen empfangen und sie bringt mich dazu mich gerne für sie vor Ort zu engagieren. Ich schätze die Weltoffenheit, die Toleranz und die Menschlichkeit, die ich in diesem Maße vorher nie so empfunden habe. Ich bin angekommen #dnkgtt.“
Wolfgang Klein teilt mit: „Ich arbeite ehrenamtlich in der Deutschen Seemannsmission im Hamburger Hafen. Wir betreuen Seeleute bei ihrem Aufenthalt in Hamburg. Die Arbeit macht viel Spaß und ist für die Seeleute ein (wie sie sagen) wunderbarer Service, den es so nur in wenigen Häfen gibt. Auf die Frage eines Journalisten, ob es bei uns auch Gottesdienste gibt, sagte unser Chef: jeden Tag, das, was wir hier tun, ist Gottesdienst. Die Seemannsmission wird von vielen Spendern getragen, wobei die wichtigste Säule die evangelische Kirche ist. Da die Kirche uns so konkret hilft, helfe ich auch der Kirche und bin vor drei Jahren nach 30 Jahren wieder eingetreten. Ich fühle mich in der Gemeinschaft aufgehoben.“ Tojak schreibt: „Evangelisch ist mein christlicher Heimatdialekt.“ Er ist evangelisch „wegen Dietrich Bonhoeffer. Bonhoeffer steht für mich glaubwürdig für einen modernen evangelischen Glauben, der die Mündigkeit der Welt akzeptiert, aber gleichzeitig klar sieht und aufzeigt, wo Grenzen überschritten werden. Seine Briefe und Schriften in ‚Widerstand und Ergebung‘ finde ich nach wie vor inspirierend und richtungsweisend.“ Zudem lobt er die evangelischen Posaunenchöre. „Die evangelische Kirche ist MEINE Kirche“, schreibt Martina Hockemeyer, „weil ich gerne zum Gottesdienst gehe um mich zu besinnen und meinen Akku wieder aufzuladen. Weil meine Kirche keine Kirche von Verboten, Maßregelungen und erhobenen Zeigefingern, sondern tolerant und weltoffen ist. Meine Kirche lebt was sie predigt: Liebe. Und: Weil meine Gemeinde einen ganz tollen Pastor hat!“
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Johannes Ellrich kritisiert: „Seitdem ich zum Studium in eine andere Stadt gezogen bin, hadere ich mit meiner Evangelischen Kirche. Außerhalb der örtlichen ESG ist das Angebot für junge Erwachsene in den Kirchengemeinden gleich null und es ist für mich nicht absehbar, dass sich das mittelfristig ändern wird. Ich bin gerne Mitglied, weil ich weiß, was Kirche alles ist und bieten kann, jedoch finde ich (trotz intensiver Suche) keinen Zugang mehr zu meiner Kirche. Soll ich erst wiederkommen, wenn ich Kinder habe, die ich taufen lassen und zum Konfirmationsunterricht schicken kann?“ Elke Zimmermann hingegen ist zur evangelischen Kirche konvertiert: „Mit 20 bin ich aus der katholischen Kirche ausgetreten. ... Dann war ich 20 Jahre ‚frei‘ wie der Westwind. Aber ab einem gewissen Zeitpunkt drängte mich doch der Wunsch, wieder Teil einer Gemeinschaft zu sein. Dabei hatte ich das große Glück, in meiner Ortsgemeinde eine sehr fröhliche, aufgeschlossene, moderne und dem Menschen zugewandte Gemeinschaft zu finden. Ich war vorher nie eine große Kirchgängerin, habe aber hier in den Gottesdiensten Impulse erhalten, die über meinen eigenen, kleinen Horizont hinausgingen und mir neue Sichtweisen eröffneten. Mittlerweile, einige Jahre später, bin ich aktiv im Kirchenvorstand und habe in der Großstadt eine Art dörfliche, aber sicher sehr menschliche Heimat gefunden. Die Spiritualität bildet dabei die Mitte, aus der heraus das Handeln folgt.“
Auf Instagram fallen die Antworten naturgemäß kurz aus. „typisch_jens“ lobt „die Gemeinschaft im Dorf zwischen Jung und Alt“ und heinergeorgi91 freut sich über: „Weil ich so akzeptiert werde, wie ich bin.“ chrissyyyyy__ schreibt: „Offen und zugleich Gemeinschaft, das ist etwas Besonderes :)“ Auch ytobi1234 lobt: „Die Offenheit anderen gegenüber ist toll und die Gemeinschaft in der Jugendarbeit ist einfach mega.“ feuerbraut68 sagt: „Weil ich erlebt habe, wie mein Glaube mich gehalten hat, weil es damals pastorale Hilfe gab.“ queere_femme schreibt: „Ich bin kein Mitglied mehr seit vielen Jahren, aber ich denke über einen Wiedereintritt nach.“ „Die großartige vielseitige Kirchenmusik“ lobt sonny_organ und evi_rueckel findet gut: „Weil wir uns auf Augenhöhe begegnen, vom Landesbischof bis zum einfachen Gläubigen.“ derhollinde ist überzeugt: „Wenn ich etwas gestalten und verändern möchte, muss ich Teil dessen sein.“ Immer wieder wird die „die tolerante offene Gemeinschaft“ (nelkeks) gelobt. Zum Beispiel auch im Post von der_annegret: „Die evangelische Kirche ist bereit sich auf Menschen unterschiedlicher Sexualität einzulassen.“ daniela_zaa begeistert sich für die Gemeinschaft innerhalb der evangelischen Kirche, bestimmte Werte und gelebter Glauben. wersglaubt_ überzeugt das Konzept: „Selbst denken zu dürfen und zu müssen!“
Markus Bechtold (evangelisch.de)