Fresh X: Mit Experimentierlust zum Glauben einladen

Der Stader Landessuperintendenten Hans Christian Brandy im Interview

Stade (epd).  Im Januar 2017 hat die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers in Stade bei Hamburg ein Modellprojekt unter dem Titel „Fresh Expressions of Church“ (neue Ausdrucksformen von Kirche) gestartet. Die zunächst auf fünf Jahre befristete Aktion gehört zu einer missionarischen Bewegung, die unter der Kurzform „Fresh X“ ausgehend von England mittlerweile in ganz Deutschland Fuß fasst.

Sonnenaufgang beim Abschlussgottesdienst des Kirchentages 2017 in Wittenberg

Neue Projekte der „Fresh X“-Initiativen müssen sich ohne Druck entwickeln können, meint der Stader Landessuperintendent Hand Christian Brandy, damit sie Menschen nachhaltig mit dem Evangelium in Kontakt bringen können (Symbolbild).

Fresh X will neue Wege gehen. Warum ist das nötig?

Hans Christian Brandy: Ich finde es wichtig, dass wir als Kirche immer wieder Neues erproben, indem wir uns auf die Lebensverhältnisse der Menschen einlassen, auch auf neue Formen von Gemeinschaft und von Gemeinde. Niemand stellt die Bedeutung unserer Ortsgemeinden infrage. Aber in unserer hoch ausdifferenzierten Gesellschaft werden wir unterschiedliche Gestalten von Kirche brauchen. Das haben wir ja auch längst: Kirche in der Schule und in evangelischen Klöstern, in City- und Jugendkirchen, in Familienzentren oder am Urlaubsort. Mit nur einer Gestalt erreichen wir nicht alle Milieus und nicht alle Menschen.

Sie waren selbst in England, dem Mutterland von Fresh X. Was können wir von den Briten lernen?

Brandy: In England war die Erosion traditioneller kirchlicher Strukturen früher und weiter fortgeschritten als bei uns. Darauf hat man dort reagiert mit dem Konzept einer missionarisch orientierten Kirche, die Menschen in sehr unterschiedlichen Formen mit dem Evangelium in Kontakt bringen möchte: Gemeinde im Pub und auf einer Skatingbahn, neu gegründete Gemeinden in Brennpunktstadtteilen, gezielte Angebote für Banker in der City, für Alleinerziehende oder für Familien mit Kindern.

So entsteht ein buntes Netz unterschiedlicher Formen, die die traditionellen Gemeinden ergänzen, eine „mixed economy“, wie die Engländer das nennen. Bewährte und innovative Formen stehen nebeneinander. Das alles kann man in Deutschland nicht einfach kopieren. Aber wir können uns inspirieren lassen zu Experimentierlust, um Menschen auf verschiedene Weise zum Glauben einzuladen.

Was wünschen Sie sich von den Fresh X-Initiativen vor Ort?

Brandy: Die brauchen erst mal „Welpenschutz“, solche Pionierprojekte müssen sich ohne Druck entwickeln können. Aber natürlich wünsche ich mir, dass das eine oder andere Leuchtturmprojekt wächst, bei dem wir sehen, dass Menschen in neuer Weise christliche Gemeinde leben und es die kirchliche Landschaft sichtbar bereichert.

Interview: Dieter Sell (epd)