Kirche präemptiv

Kirchentagsbesucher auf den Elbwiesen bei Wittenberg

Symbolbild: Kirchentagsbesucher auf den Elbwiesen bei Wittenberg

„Kannst Du uns erklären, was da gerade passiert?“, „Was sollen wir tun?“ Fragen, die ehemals selbstverständlich beantwortet zu sein schienen, werden derzeit in kirchenentwicklerischen Diskursen offen gestellt und diskutiert. Denn Vieles gilt gleichzeitig. Menschen erwarten – sofern sie bei Gelegenheit auf Kirche treffen – eine ansprechende Atmosphäre und qualitativ gute Angebote. Zugleich löst der große Immobilienbestand samt seines oft immensen Instandhaltungsstaus enormen Druck auf kirchliche Haushalte aus. Kirche wirkt anders, als sie nach bestem Willen sein will. Menschen, die für kirchliche Organisationen Verantwortung tragen, geraten in die Rolle von Getriebenen. Wie gelingt es, aus dieser Situation auszubrechen, sich selbst zu unterbrechen?

Kirche aus der Zukunft heraus zu verstehen, ist eine Möglichkeit. In einer Organisation mit Erzählungen, die mehrere Jahrtausende zurückreichen, ist das herausfordernd. Die Herausforderung beginnt mit einer schlichten Frage: Was ist – unter den vermuteten Rahmenbedingungen – aus meiner Sicht wünschenswert?

Wenn ich mich auf einem kommerziellen Onlineportal einlogge, erhalte ich oftmals Empfehlungen: Schau mal, was als nächstes für Dich interessant sein könnte. Die Daten, die es bisher über mich gibt, versuchen, Einfluss zu nehmen auf meine nächste Entscheidung. Und bei der Kirche? Ohne die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchungen der vergangenen gut 50 Jahre wären unsere Kirchen andere: Sie lenken unseren Blick auf die Erwartungen und Einstellungen von Menschen, die in unserer Gesellschaft leben.

Im Blick auf uns Einzelne spricht die Soziologie von „präemptiven Persönlichkeiten“, von denen die Daten längst wissen, was als nächstes mit hoher Wahrscheinlichkeit der Fall sein wird, bevor wir uns selbst darüber bewusst sind. Daten helfen, Kirche präemptiv zu denken. Das ist nicht ganz ohne Risiko: Auch auf dieser Basis birgt jede Entscheidung das Risiko des Irrtums. Und doch ermöglicht sie, mit Gründen den nächsten Schritt zu gehen, Kirche zu entwickeln. Was empfehlen Sie?