Konversion zum Christentum im Kontext des Asylverfahrens

Fachtagung der Deutschen Bischofskonferenz und EKD in Münster

Wie werden Menschen mit muslimischem Hintergrund auf dem Weg zur Taufe begleitet? Was ist, wenn staatliche Behörden die Glaubwürdigkeit der Konversion bezweifeln? Und welche Gefahren drohen Konvertiten in ihren Heimatländern? Wenn Flüchtlinge aus islamisch geprägten Ländern Christen werden, berührt dies eine ganze Reihe wichtiger Fragen: seelsorgliche, aufenthaltsrechtliche, existentielle. Immer häufiger werden Taufe und Konversion Gegenstand des Asylverfahrens. Die Vielschichtigkeit der Thematik verdeutlichte eine Fachtagung, die das Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz und das Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gemeinsam mit der Akademie Franz Hitze Haus am 11. und 12. Juni 2018 in Münster veranstaltet haben. Unter den insgesamt 80 Teilnehmern waren Seelsorger, Praktiker der kirchlichen Flüchtlingsarbeit, Rechtsanwälte, Richter und Mitarbeiter staatlicher Behörden.

Zu Beginn der Tagung beleuchtete Prof. Dr. Klaus von Stosch (Professor für Systematische Theologie am Institut für Katholische Theologie der Universität Paderborn) das Phänomen der Konversion im Christentum und Islam aus vergleichender Perspektive. Während Konvertiten zum Islam oftmals das Hören des Korans als Gotteserlebnis gilt, steht für Konvertiten zum Christentum die Begegnung mit einer konkreten Person im Mittelpunkt: In Jesus Christus erfahren sie Gottes Gegenwart. Prof. von Stosch plädierte für Formen der Taufvorbereitung, die achtsam mit der religiösen Prägung von Konvertiten umgehen und ihnen die Entwicklung eines versöhnten Verhältnisses zum früheren Glauben ermöglichen.

 

In seinem Vortrag zum Taufverständnis der christlichen Kirchen hob Prof. Dr. Christian Grethlein (Professor für Praktische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster) den inklusiven Charakter der Taufe hervor: Grundsätzlich ist jeder Mensch zur Taufe eingeladen – unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder sozialem Stand. Jenseits konfessioneller Grenzen stellt die Taufe die Grundlage und das Zentrum des Christseins dar. Für die Identität von Kirche und Christentum ist sie wesentlich. Prof. Grethlein erinnerte daran, dass in den beiden großen Kirchen in Deutschland über Jahrhunderte hinweg die Kindertaufe der Normalfall war. Durch die Taufbegleitung von Geflüchteten kommen Gemeinden nun wieder verstärkt mit Fragen der Erwachsenentaufe in Berührung.

In dem sich anschließenden Podiumsgespräch tauschten sich katholische, evangelische und freikirchliche Seelsorger über Gemeinsamkeiten und Besonderheiten der pastoralen Praxis in der Taufvorbereitung aus. Betont wurde, dass der Taufe eine intensive Vorbereitungsphase vorausgeht, die es dem Taufbewerber ermöglicht, die christliche Botschaft immer besser verstehen zu lernen und in die kirchliche Glaubenspraxis hineinzuwachsen. Die Zeit der Vorbereitung bietet nicht zuletzt auch die Gelegenheit, die eigenen Motive für den Taufwunsch zu reflektieren. In der katholischen Kirche sieht das Kirchenrecht für erwachsene Taufbewerber einen gründlichen Katechumenat vor, der in der Regel mindestens ein Jahr dauert. In den evangelischen Landeskirchen gibt es ähnliche Regelungen. Der Austausch zeigte, dass sich die Kirchen und ihre Seelsorger der hohen Verantwortung, die sie durch die Taufe von Geflüchteten übernehmen, bewusst sind.

In einem weiteren Podiumsgespräch erörterten eine Entscheiderin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), ein Rechtsanwalt und ein Verwaltungsrichter Konversion aus aufenthaltsrechtlicher Sicht. Dabei wurde deutlich, dass die Konversion von Asylbewerbern im Spannungsfeld zwischen kirchlichem Selbstverständnis und staatlichem Verwaltungshandeln steht.

Die Veranstaltung endete mit einem vertieften Blick auf die Herkunftsländer von Konvertiten: Zunächst skizzierte Prof. Dr. Harald Suermann (Direktor des Missionswissenschaftlichen Instituts Missio, Aachen) die rechtlichen, administrativen und persönlich-gesellschaftlichen Probleme, mit denen sich Konvertiten in islamischen Ländern konfrontiert sehen. Den konkreten Bedrohungen, die mit dem Glaubenswechsel einhergehen, widmete sich ein Podiumsgespräch mit Experten zur Situation in Afghanistan, im Iran und in Ägypten.

Die Tagung schärfte das Bewusstsein dafür, dass Konversionen im Kontext des Asylverfahrens einer besonderen Sensibilität bedürfen – sei es in der kirchlichen Seelsorge oder im staatlichen Verwaltungshandeln. Zentral für einen verantwortungsvollen Umgang mit Konversionsfällen sind der Respekt vor der Gewissensentscheidung und der Religionsfreiheit jedes Menschen.

Die Handreichung für Kirchengemeinden "Zum Umgang mit Taufbegehren von Asylsuchenden", hrg. vom Kirchenamt der EKD und der VEF, ist als Online-Lese Variante abrufbar, oder als PDF abrufbar.