Kirchenpräsident: Christen müssen Stimme für Arme erheben
Leer (epd). Der Kirchenpräsident der Evangelisch-reformierten Kirche, Jann Schmidt, hat vor einer immer größer werdenden Kluft zwischen Armen und Reichen in der Gesellschaft gewarnt. "Die Kirchen müssen noch stärker ihre Stimme mit und für die Armen erheben", sagte er am Donnerstag in einem epd-Gespräch im niedersächsischen Leer.
Schmidt kritisierte das politische Gerangel um das Bildungspaket für Kinder in der aktuellen Hartz-IV-Debatte. "Bildung gehört unbedingt zu einem menschenwürdigen Leben dazu." Allerdings bleibe die Frage ungelöst, wie die Bildung in bildungsferne Familien gelangen könne. Eine Chip-Karte alleine reiche nicht aus. Politiker, Bildungsexperten, Sozialverbände und Gewerkschaften müssten sich zügig an einen Tisch setzen, um Konzepte zu entwickeln.
Der Kirchenpräsident kritisierte weiter die derzeitige Arbeitspolitik der Bundesregierung. Zwar würden mit dem Wirtschaftsaufschwung immer mehr Menschen in Arbeit kommen. Gleichzeitig wachse jedoch die Zahl der Niedriglohnempfänger und Beschäftigten in Zeitarbeitsfirmen in einem unheimlichen Tempo. "Solch ein paralleler Arbeitsmarkt tut der Gesellschaft nicht gut."
Noch könne sich die Kirche mit ihrer Diakonie um die Menschen kümmern. In den Dörfern funktioniere die Hilfe besser als in den Städten: "Die Pastoren wissen durch Hausbesuche, wer in der Gemeinde arm ist, und wie Hilfe beispielsweise durch die Diakonie organisiert werden kann", sagte Schmidt.
Derzeit seien die Kirchen noch im hohen Maße sozial engagiert, betonte Schmidt. Vom biblischen Verständnis her sei dies eine bleibende Aufgabe. Andererseits stelle sich auf Dauer auch die Frage der Finanzierbarkeit der Diakonie.
Zur Evangelisch-reformierten Kirche mit Sitz in Leer gehören rund 182.600 Mitglieder in 142 Gemeinden zwischen Ostfriesland und dem Allgäu. Sitz des reformierten Landeskirchenamtes ist Leer.
30. Dezember 2010