Protestanten nennen 2030 als Zielmarke für ökumenischen Durchbruch
Geduldige Annäherung nach gestärkter Ökumene durch die Feiern zum 500. Reformationsjubiläum
Bonn (epd). Die evangelische Kirche sieht die Ökumene durch die Feiern zum 500. Reformationsjubiläum deutlich belebt, will aber weiter in langen Zeiträumen denken. In den Bemühungen um ein gemeinsames Abendmahl von Katholiken und Protestanten richten protestantische Spitzenrepräsentanten aus Deutschland den Blick verstärkt auf das Jahr 2030. Anlass sind Äußerungen des für Ökumene zuständigen Kurienkardinals Kurt Koch, der das 500. Jubiläum der Bekenntnisschrift Confessio Augustana für eine entsprechende gemeinsame Erklärung der Konfessionen ins Gespräch gebracht hat.
„In ökumenischen Dimensionen fast schon morgen oder übermorgen“
„Wenn sie in ökumenischen Dimensionen denken, ist das fast schon morgen oder übermorgen“, sagte der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad am Rande von Tagungen evangelischer Kirchenparlamente in Bonn. Er warnte davor, nach den „atmosphärischen Zeichen des Vertrauens und der Freundschaft“ im Jahr des 500. Reformationsjubiläums auf schnelle Erfolge zu drängen. Schad ist für die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) in leitender Funktion an Ökumene-Gesprächen mit dem Päpstlichen Einheitsrat beteiligt.
Das Augsburger Bekenntnis aus dem Jahr 1530 war nach den Worten des pfälzischen Kirchenpräsidenten der letzte große Versuch in der Reformationszeit, die Einheit der Kirche zu retten. Insofern sei dessen 500. Jubiläum als Zielmarke für einen ökumenischen Durchbruch lohnenswert.
Die evangelische Kirche hatte bis Ende Oktober 500 Jahre Reformation gefeiert, die katholische Kirche war in Form eines Christusfestes vielfach einbezogen. 1517 hatte Martin Luther seine 95 Thesen gegen die Missstände der Kirche seiner Zeit veröffentlicht.
Die Treue zum Ursprung des Apostelkollegiums verbindet
In einem epd-Gespräch sagte Schad, das gemeinsame Abendmahl scheitere bisher vor allem an der katholischen Auffassung, die Kirchen der Reformation hätten die ursprüngliche und vollständige Wirklichkeit des eucharistischen Mysteriums nicht bewahrt. Das liege daran, dass die Ordination von Pfarrern in den evangelischen Kirchen kein Sakrament ist.
Doch auch an diesem Punkt sei eine Annährung möglich, sagte Schad, der auch Vorsitzender der UEK-Vollkonferenz ist. Die katholische Kirche gehe nicht mehr davon aus, dass die sogenannte apostolische Sukzession eine Kette ununterbrochener Handauflegungen vom Apostel Petrus bis heute sei. Vielmehr wolle die katholische Kirche bei der Weihe die Treue zum Ursprung des Apostelkollegiums deutlich machen. Doch auch für die evangelische Kirche sei diese Treue entscheidend, erläuterte Schad. Die stete Rückkehr zum apostolischen Zeugnis werde durch die Ordination der evangelischen Pfarrer auf die Heilige Schrift bezeugt.
Schad schlug vor, die offene Frage des kirchlichen Amts mit der rechten Verkündigung der apostolischen Lehre zu beantworten. Immer dann, wenn diese Lehre recht verkündigt werde, soll das Amt anerkannt werden, auch wenn die Amtsübertragung nicht nach den Regeln der katholischen Theologien vonstattengegangen ist. Wenn darüber Einigkeit erzielt werde, stehe dem gemeinsamen Abendmahl nichts mehr im Wege, sagte der Kirchenpräsident.
„Langer Atem bleibt Voraussetzung für alle ökumenischen Entwicklungen“
Der Catholica-Beauftragte der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Karl-Hinrich Manzke, hatte bei den Beratungen der Kirchenparlamente gesagt: „Der lange Atem bleibt Grundvoraussetzung für alle ökumenischen Entwicklungen.“ Irritiert hätten ihn indes jüngste Äußerungen des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki. Woelki beschreibe „Positionen der evangelischen Theologie und Kirche auf eine Art und Weise, die in das Zeitalter konfessioneller Verzeichnungen gehören“, kritisierte Manzke. Die „Positionszuweisungen des ökumenischen Gegenübers“ seien alarmierend. „Zeigen sie doch, dass die Rezeption der erarbeiteten Verständigung über bislang bestehende Differenzen noch einen weiten Weg vor sich hat“, sagte der schaumburg-lippische Landesbischof Manzke.
Der Kölner Erzbischof Woelki hatte gegen Ende des Jubiläumsjahres in einem Aufsatz für die „Herder-Korrespondenz“ auf bestehende Unterschiede beider Konfessionen hingewiesen und dezidiert die Auffassung vertreten, dass ein gemeinsames Abendmahl derzeit nicht möglich sei. Woelki wird für den 12. November zu Beginn der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Bonn zu einem Grußwort erwartet.