Religion in der Grundschule
3. Religion in der Grundschule lehren
Die Fülle der Aufgaben des Unterrichts in Religion und des religiösen Lernens erfordert von den Unterrichtenden Kompetenzen, die in ihrer Grundausbildung zumeist nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben und die erst jetzt allmählich Eingang in Studien- und Prüfungsordnungen finden (vgl. auch "Im Dialog über Glauben und Leben", EKD 1997):
3.1 Lernformen und Lernkultur entwickeln
Der Religionsunterricht hat in der Regel eine didaktisch und methodisch anspruchsvolle Lernkultur entwickelt, die einen überzeugenden Beitrag zur reformierten Grundschule liefern kann. Weil Religionsunterricht auf Einverständnis und Akzeptanz durch Kinder und Eltern angewiesen ist, braucht er eine kommunikative und dialogische Struktur. Er strebt eine handlungs- und erfahrungsorientierte Beteiligung der Kinder an und unterstützt sie, sich mit religiösen Grundfragen eigenständig auseinander zu setzen. Dies sind wichtige Elemente eines Schulprogramms. Methodisch ist der Religionsunterricht von vielfältigen Lern- und Arbeitsformen geprägt: Erzählen und Lesen; Hören und Wahrnehmen; Spielen und Darstellen; Malen und Gestalten; Singen, Musizieren und Tanzen; Erkunden und Erforschen; Meditieren und Stille üben; Reflektieren und Diskutieren; Menschen begegnen und annehmen; Medien nutzen; Erproben, Abwägen und kritisch Beurteilen etc.
3.2 Die eigene Rolle reflektieren
Es gehört zu den wichtigen Aufgaben der Religionslehrkräfte, die Kinder zu beobachten und zu verstehen, um sie in ihrer religiösen Entwicklung fördern zu können. Dies gelingt dann angemessen, wenn die Lehrkräfte ihre Funktion in der Schule in Relation zur eigenen persönlichen und beruflichen Biographie reflektieren und ausgestalten. Es schließt ein, dass die Lehrenden mit ihrer eigenen religiösen Herkunft umzugehen lernen und ihr Glaubensverständnis in einer Weise zu erkennen geben, die die Schüler und Schülerinnen nicht einengt, sondern ermutigt, selbständig nach dem Glauben zu suchen.
Die Reflexion des eigenen Handelns und seiner ständigen Verbesserung gehört zu den berufsspezifischen Grundfertigkeiten. Möglichkeiten dazu sind zum Beispiel das Führen eines Lehrertagebuchs, der gezielte Austausch in kollegialen Gruppen oder die Nutzung von Supervision.
Die Fähigkeit, mit Kolleginnen und Kollegen zu kooperieren, gemeinsame Arbeit zu initiieren und zu koordinieren, mit Eltern zusammenzuarbeiten, an außerschulischen Lernorten Begegnung mit gelebter Religion zu ermöglichen, erfordert ausgeprägte Fähigkeiten zur Kommunikation, Kooperation und zum Projektmanagement.
3.3 Leistungen des Unterrichts und der Kinder beurteilen
Die Beurteilung der Lernfortschritte der Schülerinnen und Schüler ist nicht nur ein Zugeständnis an die Regeln eines "ordentlichen" Lehrfachs, sondern auch eine Chance, die eigene Wirksamkeit zu überprüfen und über sie Rechenschaft abzulegen. Die Leistungsbeurteilung der zu Unterrichtenden ist eine wichtige Aufgabe und zugleich ein Dilemma.
Was Kinder im Religionsunterricht erfahren und lernen, wie sie ihr eigenes religiöses Selbst- und Weltverständnis klären und auf welche Angebote des Unterrichts sie dabei zurückgreifen, lässt sich am besten in Form von verbalen Beurteilungen dokumentieren, die kürzere Zeitphasen (Lernentwicklungsberichte) und längere (Lernbiographien) umfassen können. Sie spüren der Wirksamkeit religionspädagogisch gestützten Lernens nach, nehmen Feedback von den Schülern und Schülerinnen auf und nutzen Erträge des Unterrichts für weiteres Lernen.
Neben individuellen Formen der Leistungsbeurteilung sind auch kollektive Formen zu entwickeln, zum Beispiel ein Gruppen- bzw. Klassentagebuch, das für die Kinder einsehbar und von ihnen mitgestaltet festhält, mit welchen Fragen und Themen sich die Klasse im Religionsunterricht beschäftigt hat.
3.4 Mit Eltern arbeiten
Religionsunterricht ist darauf angewiesen, dass Eltern diesen Unterricht wünschen und sich durch ihn in ihren eigenen Erziehungsbemühungen gestärkt fühlen. Religionslehrer- und -lehrerinnen laden Eltern zu Gesprächen über religiöse Erziehung ein, thematisieren Religion auf Klassenelternversammlungen und werben manchmal auch für eine Beteiligung am Religionsunterricht. Häufig wünschen gerade solche Eltern eine religiöse Erziehung ihrer Kinder durch die Schule, die der Kirche fern stehen oder die sich selbst nicht als Christen begreifen; zugleich fürchten sie eine kirchliche Vereinnahmung. Diese Ambivalenz gilt es anzusprechen und in vertrauensvoller Zusammenarbeit zu überwinden. Elternarbeit erfordert erwachsenenbildnerische Kompetenzen.
Manchmal äußern Eltern für sich selbst einen grundlegenden Bedarf nach Wissen und Kenntnissen über evangelische bzw. christliche Religion. Die Lehrenden wären überfordert, wenn sie dem allein nachgehen müssten. In Kooperation mit kirchlichen Erwachsenenbildungsträgern wäre hier eine wichtige religionspädagogische Arbeit zu leisten, die den schulischen Religionsunterricht flankierend unterstützen kann.